Gedanken über die Unruhen in Frankreich und ihre Ursachen

Wolf Paul, 2023-07-02

Frankreich wurde in den letzten Tagen von Ausschreitungen und Unruhen erschüttert, die infolge der Tötung des 17-jährigen Nahel Merbouz bei einer Verkehrskontrolle ausgebrochen sind.

Ich billige die Ausschreitungen und Gewalt der Demonstranten nicht (und Nahels Großmutter stimmt zu), aber ich kann nicht leugnen, dass ich eine gewisse Sympathie für die überwiegend jungen arabischen und schwarzen Menschen in Städten wie Paris habe, die sich schon lange über Polizeidiskriminierung beschweren. Da ihre Beschwerden von den Behörden im Grunde genommen ignoriert werden (ein Vorwurf, den die UN bestätigt hat), können die Politiker nicht die Verantwortung für die Schaffung der Umstände, die zu diesen Ausschreitungen führen, entkommen.

Jetzt beschuldigen französische Politiker, einschließlich Präsident Macron, die sozialen Medien, die aktuellen Ausschreitungen und Unruhen anzufachen.

Es scheint, dass sie sich auf die weit verbreitete Verteilung von Videos beziehen, die über TikTok, Snapchat, Instagram und andere Plattformen verbreitet werden und Polizeidiskriminierung und -brutalität gegenüber nicht-weißen Bürgern dokumentieren, wie das Video, das die Behauptung des Polizeibeamten Florian M., er habe Nahel aus Notwehr erschossen, als Lüge entlarvt; es zeigt Nahel, wie er flieht, anstatt die Beamten anzugreifen, indem er auf sie zufährt.

Nahel war natürlich nicht unschuldig; aber in unseren Gesellschaften gelten Fahren ohne Führerschein und Nichtanhalten bei einer Verkehrskontrolle nicht als Verbrechen, die die Todesstrafe verdienen.

Dass Herr Macron und andere die Ausschreitungen und die weite Verbreitung solcher Videos offenbar problematischer finden als das, was diese Videos zeigen, spricht Bände.

Florian M. wurde wegen vorsätzlichen Tötung angeklagt; wenn er freigesprochen oder wegen eines geringeren Vergehens verurteilt werden sollte, rechnen Sie mit weiteren Ausschreitungen.

Zweifellos hat Frankreich, so wie andere europäische Länder, einschließlich meines eigenen auch, ein massives Problem mit “Ausländern”, d.h. Menschen aus verschiedenen Kulturen, snd ich lasse keines davon aus der Verantwortung, wenn es darum geht, fair und gerecht mit ihnen umzugehen. Aber Frankreichs Problem, im Gegensatz zu Österreichs, ist hausgemacht; es ist das Ergebnis von Frankreichs kolonialer Vergangenheit. Es sind sozusagen die Sünden der Väter, die auf die Kinder übertragen werden. Alle diese Menschen aus Nord- und Schwarzafrika zu deportieren, einzusperren, oder sonst irgendwi loszuwerden, werden fehlschlagen: der “ethnisch reine Nationalstaat” ist ein unrealistisches Hirngespinst, und wenn die Franzosen, von den obersten Politikern bis hin zu den gewöhnlichen Bürgern, nicht lernen, friedlich mit allen Ethnien und Kulturen in ihrem Land zusammenzuleben, befürchte ich, dass wir in der Zukunft noch mehr solcher Szenen sehen werden.

Thoughts on French Riots and What Caused Them

Wolf Paul,

France has been rocked the past few days by riots and unrest in the wake of the killing of 17-year-old Nahel Merbouz at a traffic stop.

I don’t condone the riots and violence of the protesters (and Nahel’s grandmother agrees), but I cannot deny a certain amount of sympathy for the mostly young Arab and Black people of cities like Paris who have long complained of police discrimination. Since their complaints are basically being ignored by the authorities (a charge confirmed by the UN) the politicians cannot escape responsibility for creating the circumstances which lead to these riots.

Now French politicians, including President Macron, accuse social media of stoking the current riots and unrest.

It seems that what they are referring to is the wide distribution, via TikTok, Snapchat, Instagram, and other platforms, of videos which document police discrimination and brutality towards non-white citizens, such as the video giving the lie to the claim by police officer Florian M. that he shot Nahel in self defence; it shows Nahel fleeing the scene rather than attacking the officers by driving towards them.

Nahel was not, of course, an innocent; but in our societies driving without a license  and not stopping for a traffic stop are not supposed to be crimes deserving capital punishment.

That Mr. Macron and others apparently perceive the riots and the wide distribution of such videos as more problematic than what these videos show speaks volumes.

Florian M. has been charged with voluntary homicide; look forward to more rioting if he should be acquitted or convicted of a lesser offence.

Undoubtedly France has a massive problem with “foreigners”, i.e. people from different cultures. as do other European countries including my own, Austria, and I am not letting any of them off the hook when it comes to dealing with them fairly and equitably. But France’s problem, unlike Austria’s, is home-grown; it is the result of France’s colonial past. It is, so to speak, the sins of the fathers being visited on the children. All efforts to deport, incarcerate, or otherwise dispose of all these people from North and Sub-Saharan Africa will fail: the “ethnically pure nation-state” is an unrealistic pipe dream, and if the French, from the top politicians to the ordinary citizens, do not learn to live peacefully with all ethnicities and cultures in their country, I fear that we will see even more of such scenes in the future.

Ratschläge zum Beten

Wolf Paul, 2023-06-26

Chad Bird[1] gibt folgende Ratschläge zum Beten:

Viele von uns sind wahrscheinlich mit dem Ausdruck „Herr, lehre uns beten...“ aus Lukas 11 vertraut. Was uns möglicherweise weniger bekannt ist, ist der Rest des Satzes: „…wie Johannes seine Jüngern gelehrt hat.“

Wie Johannes seine Jüngern gelehrt hat. Welche Auswirkungen hat das? Sowohl Johannes als auch Jesus hatten Jünger, die von sich aus nicht wussten, wie man betet. Oder vielleicht wollten sie ihr Verständnis und/oder ihre Praxis des Gebets vertiefen. Oder sie suchten nach konkreter Anleitung. Oder sie wollten die genauen Worte wissen, die man sagen sollte.

So oder so, Beten war nichts, was ihnen natürlich kam, wie Essen, Trinken und Schlafen.

Gebet, wie jede Sprache, will erlernt werden.

Jesus gab seinen Jüngern das Vater Unser. Dieses Gebet fasst im Grunde das gesamte Buch der Psalmen in sieben “Bitten” oder Anliegen zusammen. Betet die Psalmen und ihr werdet ständig Echos des Vater Unsers vernehmen.

Hier sind ein paar weitere Ideen, wie man mit unserem Herrn sprechen kann:

1. Wiederhole mehrmals am Tag ein kurzes Gebet und konzentriere dich jedes Mal auf ein anderes Wort. Mein Favorit ist „Herr Jesus Christus, Sohn Gottes, erbarme dich meiner, eines Sünders“ (das sogenannte Jesusgebet). Manchmal nenne ich auch einfach die Namen von Menschen, an die ich denke, und sage: „Herr Jesus Christus, Sohn Gottes, erbarme dich über ________.“

2. Beim Vater Unser kannst du entweder das gesamte Gebet beten oder eine oder mehrere Bitten auswählen und sie ausführlicher behandeln. Zum Beispiel: „Unser Vater im Himmel, danke, dass du mich zu deinem Sohn/deiner Tochter gemacht hast, dass du mein Vater bist, dass du mich in deine Familie aufgenommen und mir deinen Namen gegeben hast, usw.“

3. Mein bester Vorschlag ist, die Psalmen der Reihe nach zu beten. Der Vorteil, alle Psalmen immer wieder zu beten, anstatt nur diejenigen auszuwählen, die man gerne beten möchte, besteht darin, dass der volle Umfang der Psalmen deine Gebete formt. Auf gewisse Weise beten sie dich, anstatt dass du sie betest. Diese Worte von Gott werden zu deinen Worten zu Gott.

4. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, andere Worte der Schrift in Gebete umzuwandeln. Es ist sehr einfach. Zum Beispiel: „Im Anfang hast du, o Gott, Himmel und Erde erschaffen. Lob sei dir für das Geschenk dieser Welt, meines Körpers und meiner Seele, meiner Familie, meines Geschäfts, denn sie alle sind ein Geschenk von dir.“ Oder: „Jesus, du hast uns, die wir müde und beladen sind, aufgefordert, zu dir zu kommen. Gib mir Ruhe. Lege dein leichtes Joch auf mich. Hilf mir, von dir zu lernen.“

Mir gefällt auch das, was von Makarios, einem ägyptischen Priester und Mönch des 4. Jahrhunderts, überliefert ist: Abba Makarios wurde gefragt: „Wie sollte man beten?“ Der alte Mann antwortete: „Es ist überhaupt nicht nötig, lange Reden zu halten; es genügt, die Hände auszustrecken und zu sagen: ‚Herr, wie du willst und wie du es weißt, habe Erbarmen.‘ Und wenn der Kampf heftiger wird, sag: ‚Herr, hilf!‘ Er weiß sehr gut, was wir brauchen, und er zeigt uns seine Barmherzigkeit.“

Noch eine Anmerkung von Wolf zu den Psalmen:

Viele davon kann ich nicht beten, so wie wir „Beten“ verstehen. Aber ich kann durch die Psalmen lesen, und wo sie in meine Situation hineinsprechen, werden sie zu meinen Gebeten; auf jeden Fall aber sind sie Gottes Wort und formen meine Gedanken.


Das englische Original dieses Beitrags ist am 25. Juni 2023 auf Chad Birds Facebook-Timeline erschienen. Computer-gestützte Übersetzung von Wolf Paul.

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  1. Chad Bird ist lutherischer Pastor, Theologe und Professor für Altes Testament und Hebräisch. Er hat für viele christliche Zeitschriften geschrieben und mehrere Bücher verfaßt.[]

Flüchtlingsboot-Tragödie: Erste Reaktion

Wolf Paul, 2023-06-16

Hier meine Reaktion auf die jüngste Flüchtlingsboot-Katastrophe im Mittelmeer mit mehr als 500 Todesopfern:
Es ist Zeit, dass wir alle hier im affluenten Westen, sowohl unsere Regierungen als auch wir als Einzelpersonen, uns einer ernsthaften Gewissensprüfung unterziehen darüber, wie wir mit Flüchtlingen umgehen.
1. Wir müssen aufhören, die fehlende Einstimmigkeit innerhalb der EU als Entschuldigung dafür zu mißbrauchen, selbst untätig zu bleiben. Unsere Barmherzigkeit und Hilfsbereitschaft von der Anderer abhängig zu machen, ist eine moralische Bankrotterklärung.
2. Wir müssen die Unterscheidung zwischen denen, die vor Krieg und Verfolgung fliehen („echte Flüchtlinge“), und denen, die vor bitterer Armut in ihren Herkunftsländern Ländern fliehen („Wirtschaftsflüchtlinge“), aufgeben.  Es ist moralisch verwerflich, hier in unseren, trotz Inflation und Teuerung  immer noch komfortablen, Verhältnissen zu sitzen, und angesichts der verzweifelten Armut Anderer mit den Schultern zu zucken.
3. Menschen in Not unsere Hilfe zu versagen, um damit den Schleppern das Geschäft zu verderben, ist zutiefst unmoralisch. Wir alle haben in unseren Ländern den Tatbestand der Unterlassenen Hilfeleistung; gegenüber den Flüchtlingen machen wir uns kollektiv dieser schuldig.
4. Ich widerspreche denen, die Verteidigungsausgaben gegen angemessene Hilfe für Menschen in Not ausspielen wollen;  Das vergangene Jahr hat ganz deutlich gezeigt, daß miltärische Verteidigung nach außen notwendig ist, genauso wie eine funktionierende Polizei nach innen. Und sich für unsere Verteidigung auf die zunehmend dysfunktionalen USA zu verlassen[1] kann gefählich werden.
5. In allen unseren Ländern gibt es genug Einsparungspotential bei nicht essentiellen und Prestige-Projekten, um wesentlich effektiver helfen zu können. Wir müssen nur wollen und richtige Prioritäten setzen.
6. Es gibt in unseren Ländern zutiefst unanständige politische Parteien, die unterlassene Hilfeleistung gegenüber Fremden aus irgendwelchen, perversen ideologischen Gründen akzeptabel finden[2]. Wenn anständige Parteien mit christlichem oder sozialdemokratischem Wertesystem eine “strenge Ausländerpolitik” verfolgen, um den unanständigen Parteien Stimmen wegzunehmen, dann ist das nicht nur wenig erfolgreich (weil ausländerfeindliche Menschen lieber “den Schmied als den Schmiedel” wählen), sondern stellt auch einen unmoralischen Verrat an den eigenen Werten dar. Was vielmehr nottut sind breite Koalitionen der Anständigen, auch über ideologische Grenzen hinweg, um die Unanständigen von der Macht fernzuhalten.
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  1. Kein Mench wiß, ob die USA unter einem neuerlichen Präsidenten Trump ihre Nato-verpflichtungen einhalten und erfüllen würde; Trumps Haltung zu Vladimir Putin ist höchst zwiespältig, und die Ukraine (und damit wir alle) würde unter seiner Präsidentschaft kaum die notwendige Hilfe bekommen.[]
  2. Die gleichen Parteien, die immer wieder in “bedauerlichen Einzelfällen die Verbrechen der Nazis herunterspielen und minimieren.[]

First Reaction to the Refugee Boat Tragedy off the Greek Coast

Wolf Paul,

Here is my reaction to the recent refugee boat disaster in the Mediterranean, with more than 500 dead:

I believe it is time that all of us here in the affluent West, both our governments and we as individuals, undergo serious soul-searching about how we deal with refugees.

1. We must stop using the lack of agreement within the EU as an excuse for doing nothing ourselves. To make our mercy and helpfulness dependant on that of others is a  declaration of moral bankruptcy.

2. We must abandon the distinction between those fleeing war and persecution (‘genuine refugees’) and those fleeing abject poverty in their countries of origin (‘economic refugees’). It is morally reprehensible to sit here in our still comfortable circumstances, despite inflation and rising prices, and shrug our shoulders at the desperate poverty of others.

3. To refuse assistance to those in need so as not to encourage traffickers is deeply immoral. In our countries we all have the criminal offense of Failure to Render Assistance; we are collectively guilty of this towards the refugees.

4. I disagree with those who want to pit defense spending against adequate aid to those in need: The past year has shown quite clearly that external military defense is necessary, just as  a functioning police force internally. And relying on the increasingly dysfunctional United States for our defense is recklessly dangerous.

5. In all of our countries there is enough savings potential in non-essential projects to be able to help much more effectively. We just have to want it and set the right priorities.

6. There are deeply indecent political parties in our countries that find it acceptable not to help strangers for some perverse ideological reason. If decent parties with a Christian or social-democratic value system pursue a “strict policy on foreigners” in order to steal votes from the indecent parties, then this is not only not very successful (because xenophobic people prefer to vote “the blacksmith than the blacksmith’s apprentice”), but also constitutes an immoral betrayal of one’s own values. Rather, what is needed are broad coalitions of the decent, even across ideological borders, in order to keep the indecent out of power.

On Stupidity (D. Bonhoeffer)

Wolf Paul, 2023-06-08

A few days ago I came across this video:[1]

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It is based on a text Dietrich Bonhoeffer wrote in 1943 while sitting in a Nazi prison.[2]

Bonhoeffer says that stupidity is more dangerous than malice because, as the saying goes, there is no cure for stupidity. or this reason stupidity is not an intellectual deficit but a moral one, a character flaw.

I find this explanation of stupidity and the danger it represents to be as relevant and compelling today as it was when he penned it. This is confirmed for me by the pervasive impact of conspiracy theories and the popular acclaim of politicians who promise their voters the moon, usually at the expense of some group of people or another.

A long time ago I came across the tag line, “Never attribute to malice that which can adequately be explained by ignorance,” and it resonated with me so much that I used it in my e-mail signature for many years. And it reminds me, in this context, of a crucial difference between stupidity and ignorance:

Stupidity is willfully unteachable ignorance, denied ignorance, which does not want to be confused by facts which contradict its own, ignorant convictions.

I believe that part of the stupidity that prevails today is the pervasive rejection of faith in God: as the Psalmist says, The fool (the stupid person) says in his heart, “There is no God.”[3]

I am not a historian, but I would not be surprised ad all if the seed of the destruction of all past civilizations and empires was stupidity: the conviction that one knows it all, and knows it better than anyone else, and thus has no need to learn anything new or listen to any advice.

I fear that this could be the end of our civilization as well, if Christ does not return before then and makes an end to all stupidity and all malice.

 

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  1. Video by Sprouts, www.sproutsschools.com[]
  2. On Stupidity is an excerpt from Bonhoeffer’s Letters and Papers from Prison.[]
  3. Psalm 14:1[]

Von der Dummheit (D. Bonhoeffer)

Wolf Paul,

Vor zwei Tagen bin ich auf dieses Video gestoßen:[1]

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Es basiert auf einem Text, den Dietrich Bonhoeffer im Jahr 1943 geschrieben hat, als er von den Nazis inhaftiert war.[2]

Bonhoeffer sagt darin, daß Dummheit gefährlicher ist, als Bosheit, weil, wie der Volksmund sagt, gegen Dummheit kein Kraut gewachsen ist. Deshalb ist Dummheit nicht ein intellektuelles Defizit, sondern ein moralisches, ein Charakterfehler.

Ich finde diese Erklärung von Dummheit und der Gefahr, die sie darstellt, heute noch genauso überzeugend und zutreffend, wie sie zur Zeit ihres Entstehens war. Die weite Verbreitung von abstrusen Verschwörungstheorien und der große Anklang, den auch heute wieder Politiker finden, die den Menschen das Blaue vom Himmel versprechen, meist um den Preis der Ausgrenzung der einen oder anderen Gruppe.

Vor Jahren bin ich auf den Spruch gestoßen, “Never attribute to malice that which can adequately explained by ignorance” — “Schreibe niemals der Boshaftigkeit zu, was ausreichend durch Unwissenheit erklärt werden kann.” Der Spruch hat mir so gut gefallen, daß ich ihn jahrelang in meiner E-Mail-Signatur verwendet habe. Und er erinnert mich an einen wesentlichen Unterschied zwischen Dummheit und Unwissenheit:

Dummheit ist willentlich unbelehrbare Unwissenheit, geleugnete Unwissenheit, die auch gar keinen Wert darauf legt, mit Fakten konfrontiert zu werden, die der eigenen, unwissenden Überzeugung widersprechen.

Ich bin überzeugt, daß ein Teil der heute vorherrschenden Dummheit die Weigerung ist, Gott als Schöpfer der Welt, als unseren Schöpfer, anzuerkennen. Wie der Psalmist sagt, Der Tor (der Dummkopf) sagt in seinem Herzen: “Es gibt keinen Gott!”[3]

Ich bin kein Historiker, aber ich könnte mir gut vorstellen, daß der Niedergang der meisten Zivilisationen und Reiche der Geschichte seine Wurzel in der Dummheit hatte: der Überzeugung, daß man schon alles weiß, und zwar besser als alle anderen, daß man daher nichts mehr dazulernen und auf niemanden hören muß.

Ich fürchte, daß das auch das Ende unserer Zivilisation sein könnte, falls Christus nicht vorher wiederkommt und aller Dummheit genauso wie aller Bosheit, ein Ende bereitet.

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  1. Video von Sprouts, www.sproutsschools.com[]
  2. Der Text Von der Dummheit ist ein Auszug aus Dietrich Bonhoeffers Buch Widerstand und Ergebung. Briefe und Aufzeichnungen aus der Haft.[]
  3. Psalm 14,1[]

A Cancer in the Body of Christt

Wolf Paul, 2023-06-03

The Roys Report writes about the arrest and charges against several present and former leaders of a Christian fraternity at several universities in Texas, for “continuous sexual abuse of a child.”

Some people call her a muckraker who craps into her own nest, but I believe that the investigative journalism of Julie Roys and her collaborators, as well as of others in the Catholic and Anglican context, is extremely important for the health of the church of Jesus Christ.

Situations like the ones described in this article are not harmful to the victims alone but are like cancerous growths in the Body of Christ: ignored and untreated they damage the health of the whole body.

A few years ago some Evangelicals looked almost gleefully at the Catholic Church when more and more cases of abuse and cover-up by clergy, all the way up to prominent Cardinals, came to light; but there have always been problematic free church groups like the extreme wing of the Exclusive Brethren[1]. A few years ago massive historic abuse situations were revealed in Protestant and Anglican schools in Germany, Canada, and Australia, and a year ago a series of investigative reports by some Texas newspapers uncovered not only a massive clergy abuse problem in churches of the Southern Baptist Convention but also an abject failure on the part of the denominational leadership to deal adequately and appropriately with this problem, all under the cover of “local church autonomy.”[2]

Today we know, not least through the work of Mrs. Roys and the Roys Report, that these cancerous growths flourish in all church traditions, including Pentecostal churches, the predominantly Charismatic independent churches, and even in the most prominent megachurches.[3] For much too long and much too often leaders in all traditions and denominations have looked the other way, have sometimes shown more empathy with the perpetrators than with the victims, and have worried more about the reputation of their respective institutions than about the well-being and safety of the flock entrusted to them.

I cannot tell to what extent this problem also exists in free churches in Germany and Austria; but statistics tell us that churches with a very conservative theology were men rule their families and pastors rule their churches, and dissent and criticism are discouraged, are particularly vulnerable and prone to both domestic abuse and violence as well as clergy abuse. And we do have such churches on the fringe of the Evangelical movement in the German-speaking countries. But even if everything were in order in our own circles and churches we cannot disclaim all responsibility: the church is, despite its sadly divided state and despite its geographic spread, one body, and “if one member suffers, all suffer together[4]), the whole Body suffers.

So it is high time for us to no longer look the other way but to intercede for these situations and for the victims, and where necessary, have the courage to speak up.

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  1. particularly the Raven-Hale group in England, North America, and Australia[]
  2. Fortunately Southern Baptists have now begun, not without some internal opposition, to acknowledge the problem and to take measures to deal with it and prevent it in the future.[]
  3. I am not commenting here on the Eastern Churches (Orthodox and Uniate) because I have no information. But I don’t suppose that they are entirely free of this problem.[]
  4. 1 Corinthians 12:26 (ESV[]

Krebsgeschwüre am Leib Christi

Wolf Paul,

Der Roys Report berichtet über Verhaftungen von Leitern und Mentoren einer christlichen Studentenverbindung in Texas, wegen mehrfachem sexuellem Mißbrauch von Kindern.

Manche nennen sie Nestbeschmutzer, aber ich glaube, daß der Aufdeck-Journalismus von Julie Roys und ihren Miarbeitern, aber auch anderen z.B. im katholischen und anglikanischen Umfeld, extrem wichtig ist für die Gesundheit der Gemeinde Jesu.

Situationen wie die hier beschriebene schädigen nicht nur die unmittelbaren Opfer, sondern sie sind wie Krebsgeschwüre am Leib Christi: wenn man sie ignoriert und nicht entfernt, schädigen sie die Gesundheit des ganzen Leibes.

Vor ein paar Jahren haben manche Evangelikale fast schadenfroh auf die römisch-katholische Kirche gesehen, als dort immer mehr Mißbrauchsfälle im Klerus bis hinauf zu prominenten Kardinälen bekannt wurden; aber es gab schon immer auch problematische freikirchliche Gruppen wie die extremen “geschlossenen Brüder” vor allem im englischen Sprachraum[1];  dann gab es in den letzten Jahrzehnten Meldungen aus dem evangelischen Milieu in Deutschland und die Enthüllungen über die Internatsschulen für Indigene in Kanada und Australien, wo die anglikanischen Kirchen in diesen Ländern beteiligt waren. Vor einem Jahr gab es dann die Zeitungsberichte in Texas über das massive Versagen der Southern Baptists, adequat mit Mißbrauchstätern im vollzeitlichen Dienst umzugehen, unter dem Mäntelchen der “Autonomie der Ortsgemeinde.”[2]

Und heute wissen wir, nicht zuletzt dank der Arbeit von Frau Roys und ihrem Roys Report, daß diese Krebsgeschwüre leider in allen kirchlichen Traditionen gedeihen, auch in Pfingstgemeinden und den größtenteils charismatischen unabhängigen Gemeinden, und bis hinauf zu den prominentesten Megachurches.[3] Leiter in allen kirchlichen Traditionen und Konfessionen haben viel zu lange und viel zu oft zu- und weggeschaut, haben oft mehr Empathie mit den Tätern als mit den Opfern gezeigt, und sich mehr Sorgen gemacht um den Ruf ihrer jeweiligen Kirche oder Gemeinde als um die Sicherheit und das Wohlergehen der ihnen anvertrauten Menschen.

Ich kann nicht beurteilen, wie weit dieses Problem auch in freikirchlichen Gemeinden in Deutschland und Österreich existiert[4] , aber statistisch gesehen sind gerade Gemeinden mit sehr konservativer Theologie, wo Männer in ihren Familien und Pastoren oder Älteste in der Gemeinde unangefochten und unwidersprochen “herrschen”, ehr anfällig sowohl für Mißbrauch und Gewalt in der Familie als auch für Mißbrauch durch Pastoren und andere Leiter. Und solche Gemeinden gibt es auch im deutschen Sprachraum, am Rand der evangelikalen Bewegung. Aberselbst wenn “bei uns”, in unseren Gemeinden und Kreisen, alles in Ordnung sein sollte, können wir uns nicht einfach abputzen: die Kirche, die Gemeinde Jesu ist trotz aller Zerrissenheit und geografischer Ausbreitung ein Leib, und “wenn darum ein Glied leidet, leiden alle Glieder mit[5]),” leidet der ganze Leib.

Es ist jedenfalls höchste Zeit, daß wir nicht mehr wegschauen, sondern sowohl im Gebet für solche Situationen eintreten als auch Zivicourage zeigen, wo es nötig ist.

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  1. insbesondere die “RavenHale” Gruppe in England, Nordamerika und Australien[]
  2. Bei den Southern Baptists hat jetzt trotz einigem Widerstand in den eigenen Reihen eine Aufarbeitung  diese Problems mit Präventivmaßnahmen begonnen.[]
  3. Die Situation in den Ostkirchen (Orthodoxe und Uniierte) kommentiere ich hier nicht, weil ich nicht genug über deren Situation weiß; ich kann mir aber nicht vorstellen, daß sie davon vollständig verschont sind.[]
  4. Da freikirchliche Gemeinden bei uns, im Gegensatz zu den englischsprachigen Ländern, eher am Rand der Gesellschaft stehen, dringt viel weniger an die Öffentlichkeit[]
  5. 1. Korinther 12,26 (Einheitsübersetzung 2016[]

Wolfabschuß in Kärnten

Wolf Paul, 2023-06-02

Bin ich froh, daß ich nicht in Kärnten wohn’ — ich halt’ mich nämlich auch unmittelbar neben, und sogar in, von Menschen genutzten Gebäuden auf …

wolfabschuss-in-kaernten