Erntedankfest

Wolf Paul, 2022-10-18

Dies ist die Zeit der Erntedankfeste, wobei die Termine von Ende September und Anfang Oktober (DE, AT) über Mitte Oktober (CA) bis hin zu Ende November (US) reichen.

Heute scheinen unsere Lebensmittel aus dem Supermarkt zu kommen, uns vieles andere per Post aus dem Internet, aber es tut uns allen gut, daran erinnert zu werden, daß letzlich alles, was wir haben aus Gottes guter Hand kommt – und daß es uns auch gegeben wird, damit wir es mit den Menschen, die nicht genug zum Leben haben, großzügig teilen.

Viel von diesem Teilen läuft heute von staatlicher Seite ab (mit unserem Steuergeld natürlich), aber das entläßt uns nicht aus der Verantwortung, dort zu teilen und zu helfen, wo wir Not sehen. Und einfach die Augen verschließen gilt nicht.

Hier ist der Text zu dem Lied im Video:

1. Wir pflügen, und wir streuen
den Samen auf das Land,
doch Wachstum und Gedeihen
steht in des Himmels Hand:
der tut mit leisem Wehen
sich mild und heimlich auf
und träuft, wenn heim wir gehen,
Wuchs und Gedeihen drauf

Refrain:
Alle gute Gabe
kommt her von Gott dem Herrn,
drum dankt ihm dankt,
drum dankt ihm dankt
und hofft auf ihn.

2. Ersendet Tau und Regen
und Sonn und Mondenschein
und wickelt seinen Segen
gar zart und künstlich ein
und bringt ihn dann behende
in unser Feld und Brot
es geht durch unsre Hände,
kommt aber her von Gott.

Refrain

3. Was nah ist und was ferne,
von Gott kommt alles her,
der Strohhalm und die Sterne,
der Sperling und das Meer.
Von ihm sind Büsch und Blätter
und Korn und Obst von ihm
das schöne Frühlingswetter
und Schnee und Ungestüm.

Refrain

4. Er läßt die Sonn aufgehen,
er stellt des Mondes Lauf;
er läßt die Winde wehen
und tut die Wolken auf.
Er schenkt uns soviel Freude,
er macht uns frisch und rot;
er gibt den Kühen Weide
und seinen Kindern Brot.

Refrain

Text: Matthias Claudius
Melodie: Johan Abraham Peter Schulz

Liturgie: Plappern wie die Heiden?

Wolf Paul, 2022-10-15

Manche evangelikale Christen stehen Liturgie und vorformulierten Gebeten, ebenso wie den Festen des Kirchenjahres, sehr skeptisch gegenüber: das wäre leeres Geplapper wie die Heiden, und weil die Worte vorgegeben sind, läßt es, im Gegensatz zu freiem, spontanen Gebet, dem Heiligen Geist keinen Raum, und kirchliche Feste sind nur Schatten (Kol. 2,16–17)

In seinem Buch „Eat This Book“ („Iß dieses Buch“)[1], einem messianisch-jüdischen Jüngerschaftshandbuch, behandelt Stuart Dauermann[2] verschiedene Einwände, die auch in messianisch-jüdischen Kreisen gegen liurgisches Gebet vorgebracht werden. Ich möchte hier aus dem Buch zitieren, wie Dauermann zwei dieser Einwände widerlegt:


4. „So ein vorgeplantes und ritualisiertes Gebet läßt dem Heiligen Geist keinen Raum.“

Wer das sagt, beschränkt den Heiligen Geist auf Spontaneität. Das ist ein Irrtum, die Bibel ist anderer Meinung. In 2. Chronik 5 werden der Pomp und das prächtige Zeremoniell bei der Einweihung von Salomos Tempel beschrieben. Die Bibel beschreibt kein anderes Ereignis, welches detaillierter geplant gewesen und strenger nach einem „Drehbuch“ abgelaufen wäre als dieses. Wenn der Einwand gegen vorgeplantes und ritualisiertes Gebet gerechtfertigt wäre, dann hätte diese Tempeleinweihung geistlich tot sein müssen. Stattdessen lesen wir diese Beschreibung:

Darauf traten die Priester aus dem Heiligtum. Alle, die gekommen waren, unabhängig davon, zu welcher Abteilung sie gehörten, hatten sich geheiligt. Die levitischen Sänger, Asaf, Heman, Jedutun, ihre Söhne und Brüder, standen alle, in Byssus gekleidet, mit Zimbeln, Harfen und Zithern an der Ostseite des Altars. Bei ihnen waren hundertzwanzig Priester, die auf Trompeten bliesen. Es kam wie aus einem Mund, wenn die Trompeter und Sänger gleichzeitig zum Lob und Preis des HERRN sich vernehmen ließen. Als sie mit ihren Trompeten, Zimbeln und Musikinstrumenten einsetzten und den HERRN priesen – „Denn er ist gütig, denn seine Huld währt ewig“ -, erfüllte eine Wolke den Tempel, das Haus des HERRN. Die Priester konnten wegen der Wolke ihren Dienst nicht verrichten; denn die Herrlichkeit des HERRN erfüllte das Haus Gottes. (2. Chron. 5,11–14, EÜ2016)

Inmitten all dieser genau im Voraus geplanten Pracht erscheint der Herr und überwältigt alle. Der heilige Gott hat offensichtlich kein Problem mit rituellem, formellem und geplantem Gebet, das Ihm von Seinem Volk als Liebrsgabe dargebracht wird. Er zeigt sich gerne in solchen Situationen und nichts verleiht der „Party“ mehr Leben als Seine Gegenwart!

Natürlich,  mit Pomp und Pracht geplantes Zeremoniell kann pompös und pretentiös sein; aber es kann auch Ausdruck der Ehfurcht und des Respekts sein, die dem Thronsaal des Königs der Könige angemessen sind.

5.„Das leeres Geplapper.“

Wieder falsch. Nicht jede Wiederholung ist leeres Geplapper. Wenn jemand zu seiner Liebsten sagt, „Ich liebe dich, ich liebe dich, ich liebe dich!“, ist das zweite und dritte Mal leeres Geplapper? Das glaube ich nicht!


Das heißt natürlich nicht, daß jeder Christ und jede Gemeinde in komplizierten liturgischen Formen beten muß, aber es heißt sehr wohl, daß wir Liturgie im Gottesdienst und auch im privaten Gebet nicht verurteilen dürfen. Man könnte hier durchaus die Worte des Apostels Paulus umschreiben:

Der eine glaubt, er dürfe frei oder liturgisch beten. Der Schwache aber betet nur frei. Wer liturgisch betet, der verachte den nicht, der nur frei betet; und wer nur frei betet, der richte den nicht, der liturgisch betet; denn Gott hat ihn angenommen. Wer bist du, dass du einen fremden Knecht richtest? Er steht oder fällt seinem Herrn. Er wird aber stehen bleiben; denn der Herr kann ihn aufrecht halten. (nach Römer 14,2–4)

Ein anderes Thema, wo Evangelikale gerne auf Christen in anderen Traditionen herabblicken ist das Einhalten von bestimmten Feiertagen. Meiner Erfahrung nach feiern die meisten evangelikalen Christen zwar Weihnachten und Ostern, aber oft nur als eine gute evangelistische Möglichkeit, weil viele Mitmenschen zu diesen Zeiten für das Evangelium empfänglicher sind als sonst. Sie sehen keinen geistlichen Nutzen im Einhalten dieser Feste, geschweige denn der vielen anderen Festtage im volkskirchlichen Kirchenjahr. Da finde ich dann zwei Dinge interessant:

Erstens: Unmittelbar nach den Versen, auf die ich mich oben bezogen habe, schreibt Paulus folgendes:

Der eine hält einen Tag für höher als den andern; der andere aber hält alle Tage für gleich. Ein jeder sei seiner Meinung gewiss. Wer auf den Tag achtet, der tut’s im Blick auf den Herrn; wer isst, der isst im Blick auf den Herrn, denn er dankt Gott; und wer nicht isst, der isst im Blick auf den Herrn nicht und dankt Gott auch. … Du aber, was richtest du deinen Bruder? Oder du, was verachtest du deinen Bruder? (Römer 14,5–6, 10, LUT 2017)

Zweitens: Auch Israel hatte religiöse Feste, die sie einhielten (und die wahrscheinlich Jesus selbst auch einhielt); sie feierten und erinnerten an die großen Taten, die Gott für sein Volk vollbracht hat. Manche dieser Feste waren biblisch vorgegeben; andere entstammten der jüdischen Tradition. Jesus verdammt diese Tradition nicht; vielmehr sagt er über die Hüter der Tradition:

Alles nun, was sie (die Parisäer und Schriftgelehrten) euch sagen, das tut und haltet; aber nach ihren Werken sollt ihr nicht handeln; denn sie sagen’s zwar, tun’s aber nicht. (Matthäus 23:3, LUT2017)

Auf die Zeit des Neuen Testaments und der Gemeinde Jesu übertragen schließe ich daraus, daß kirchliche Feste, auch wenn sie nicht biblisch geboten sind sondern der Tradition entstammen, dann legitim sind, wenn sie das Handeln Gottes, Ereignisse im Leben Jesu, aber auch das vorbildliche Leben herausragender Jünger Jesu, feiern und uns daran erinnern; und wie Paulus sagt, „Du aber, was richtest du deinen Bruder? Oder du, was verachtest du deinen Bruder?“ nur weil er Feste feiert, die du nicht feierst?

Und wenn dann der Einwand von manchen kommt, das Problem wäre vielmehr, daß die (kath.) Kirche ihren Mitgliedern vorschreibt, diese Feste einzuhalten, und das widerspricht der „Freiheit eines Christenmenschen,“ und den Worten des Apostels in Kolosser 2,15 dann stimme ich zwar zu; allerdings lassen sich heute die wenigsten Katholiken von den Vorschriften der Kirche ein schlechtes Gewissen machen, und ich erinnered aran, daß auch evangelikale Gemeinden immer wieder Erwartungen an ihre Gemeindeglieder haben oder hatten, wo man darüber streiten kann, ob sie so in der Bibel stehen oder nicht.

Ich möchte natürlich auch niemandem etwas vorschreiben, weder liturgisches Gebet oder besstimmte Gottesdienstformen, und auch nicht das Einhalten von Feiertagen; ich möchte uns aber zu mehr Respekt aufrufen für Dinge und Praktiken, die andere Christen in ihrem Wandel mit dem Herrn hilfreich finden, nach dem Motto, „Du aber, was richtest du deinen Bruder? Oder du, was verachtest du deinen Bruder?

 

__________
  1. Stuart Dauermann, Eat This Book: Strength for Your Journey with the Jewish Jesus, Heart Ally Books 2022, ISBN-13: Paperback 978-1-63107-044-0, eBook 978-1-63107-043-3;  Amazon | Smashwords []
  2. Stuart Dauermann ist ein „Elder Statesman“ der messianisch-jüdischen Bewegung; er kam 1962 als Musikstudent zum Glauben an Jesus, war Teil Musikgruppe „The Liberated Wailing Wall“ und Gemeinderabbiner einer messianischen Gemeinde. Hier gibt es eine ausführliche Biografie. In deutschsprachigen Liederbüchern ist er als Komponist mehrerer Lobpreislieder zu finden.[]

Das Problem ist Deutschland?

Wolf Paul, 2022-10-10

Ein von mir sehr geschätzter Autor hat auf Facebook einen kurzen Artikel zur “Religiöse Verbrämung des Angriffskriegs” gepostet, in dem er auf die Aussagen des russischen Patriarchen zum Krieg in der Ukraine einging.

Manche der Kommentare zu diesem Artikel haben mich erschreckt und lassen mir die Haare zu Berge stehen.

Hier dokumentiere ich, anonymisiert, einen Wortwechsel, den ich mit einem der Kommentatoren hatte.

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my first reply

my second reply

op's thirdcomment

 

my third reply

Meinungsverschiedenheiten müssen nicht „überwunden“ werden

Wolf Paul, 2022-10-09

Der britische Autor Ian McEwan („Abbitte“) sagte beim Cheltenham Literaturfestival, daß J.K.Rowlings Ansichten in der Transgender-Frage keine Todesdrohungen wert seien.

„Unsere Gesellschaft scheint verlernt zu haben, wie man unterschiedlicher Meinung sein kann, ohne Todesdrohungen gegen Leute wie J.K.Rowling auszustoßen. Ja, wir müssen diese Differenzen überwinden, aber sie sind keine Todesdrohungen wert.“

Ich bin völlig mit McEwan darin eins, daß Rowlings Ansichten keine Todesdrohungen wert sind. Wenn er allerdings meint, daß wir Meinungsdifferenzen überwinden müssen, dann muß ich ihm widersprechen: Nein, wir müssen diese Differenzen nicht überwinden; vielmehr müssen wir, und insbesondere die Trans-Lobby und ihre Verbündeten, wieder lernen, ohne Zornausbrüche oder Drohungen mit unterschiedlichen Meinungen zu leben.

SCHLIESSLICH HAT NIEMAND EIN RECHT AUF ALLGEMEINE ZUSTIMMUNG.

Das gilt übrigens auch für uns Christen …  

(Screenshots: The Sunday Telegraph, Oct 9, 2022, https://www.telegraph.co.uk/news/2022/10/08/ian-mcewan-jk-rowlings-views-not-worth-death-threats/)

 

Differences of Opinion don’t “have to be worked out”

Wolf Paul,

British author Ian McEwan (“Atonement”), speaking at the Cheltenham Literature Festival, said J.K.Rowling’s views on transgender issues are not worth death threats:

“The culture seems to have forgotten how to disagree, often threatening death against figures like JK Rowling, on issues about which they could be having discussions. They have got to be worked out, yes, but are hardly worth a death threat.”

I agree of course that Rowling’s views are not worth death threats, but I strongly disagree that differences about her views “have got to be worked out.” No, they do not need to be worked out. Rather, some folks, specifically the trans lobby and their “allies” need to learn to accept, without throwing tantrums and issuing threats, that people can disagree, that people can hold different opinions.

After all, NOBODY IS ENTITLED TO EVERYBODY’S AGREEMENT.

And btw, that applies to us Christians as well …

(Screenshots: The Sunday Telegraph, Oct 9, 2022, https://www.telegraph.co.uk/news/2022/10/08/ian-mcewan-jk-rowlings-views-not-worth-death-threats/)

 

Kulturbanausen in der Regierung

Wolf Paul, 2022-10-08

Die Kultur-Banausen der türkis-grünen Kolation haben beschlossen, die älteste noch bestehende Tageszeitung der Welt einzustellen, und damit bewiesen, daß die ÖVP auch nach Kurz noch türkis unterwegs ist, statt zu ihren schwarzen (christlich-sozialen) Wurzeln zurüchgekehrt zu sein:

«Am Mittwoch, 5. Oktober 2022, hat der Eigentümervertreter in Form der türkis-grünen Bundesregierung das Ende der “Wiener Zeitung” in ihrer bestehenden Form als unbestechliche, unabhängige Qualitätstageszeitung verfügt. Die Zukunft soll in einem Online-Medium samt monatlichem Printprodukt (zehnmal pro Jahr) … bestehen, …»

«Die Erscheinungsweise eines Mediums kann kein Wunschkonzert der Redaktion sein, sondern ist zwingend eine vom journalistischen Esprit geleitete verlegerische Entscheidung. …»

«Indem die Bundesregierung jedoch keine verlegerische Entscheidung getroffen hat, sondern ihren politischen Willen dekretiert, ist die Gefahr groß, dass die “Wiener Zeitung” als Medium wie als älteste noch bestehende Tageszeitung der Welt einen leisen Tod sterben wird.»

«Wenn alles so kommt, wie befürchtet, dann verliert die Republik Österreich ein Kulturgut von einzigartigem Wert und eine hervorragende Tageszeitung. Man fragt sich: Cui bono? Wem nützt’s?»

https://www.wienerzeitung.at/meinung/leitartikel/2164013-Cui-bono.html

American Evangelicals: Heretics or just confused?

Wolf Paul, 2022-09-27

The recent “State of Theology” survey conducted by Lifeway Research on behalf of Ligonier Ministries has yielded some strange results about the beliefs of a large percentage of American Evangelicals.

Of course the definition of “Evangelical” has become so broad in the US as to be almost meaningless, as far as theology or religious belief is concerned, so the survey tried to narrow its focus on those who agree to these four statements:[1]

  • The Bible is the highest authority for what I believe.
  • It is very important for me personally to encourage non-Christians to trust Jesus Christ as their Savior.
  • Jesus Christ’s death on the cross is the only sacrifice that could remove the penalty of my sin.
  • Only those who trust in Jesus Christ alone as their Savior receive God’s free gift of eternal salvation.

The good news is that of the people who are considered Evangelical by these criteria more than 90 percent agree that

  • God is perfect;
  • God exists in three persons;
  • Jesus’ bodily resurrection is real;
  • People are made righteous not through works but through faith in Jesus.

However, of the Evangelicals thus defined, 

  • 26% agree that “the Bible, like all sacred writings, contains helpful accounts of ancient myths but is not literally true”;
  • 56% agree that “God accepts the worship of all religions, including Christianity, Judaism and Islam”;
  • 73 % agree that “Jesus is the first and greatest being created by God”;
  • 43% agree that “Jesus was a great teacher, but he was not God” and
  • 60% agree that “The Holy Spirit is a force but is not a personal being.”

Apart from the fact that some of these beliefs are remniscent of some classic heresies which the church has rejected throughout church history[2] these results indicate quite a bit of confusion and lack of logical thinking on the part of these Evangelical respondents:

  • How can one reconcile the belief that the Bible is merely a collection of helpful accounts of ancient myths with the belief that the Bible is the highest authority for what to believe?[3]
  • How can one believe that God exists in three persons while simultaneously believing that Jesus is a created being[4], a great teacher but not God[5] , and that the Holy Spirit is an impersonal force rather than a person? Who then are the three persons in whom God exists? Mary, Joseph, and Jesus?[6] Papa, Jesus, and Sarayu?[7]
  • How can one say on the one hand that God accepts the worship of all religions, and on the other that only those who believe in Jesus are saved, being made righteous through faith in Jesus? Does it make sense to say that God accepts the worship of, say, Muslims, but nevertheless sends them to hell? If not, in what sense does God accept the worship of all religions?

Add to this the apparent fact that even Evangelicals trained in theology and whose beliefs are more orthodox and logically consistent than all of this [8] seem to prioritize a person’s political stance as expressed by who they vote for over that person’s faith and beliefs, and that generally, in the United States, the term “Evangelical” has come to denote a political affiliation (and an increasingly whacky one) rather than adherence to specific religious or theological beliefs.

As a European who, having converted from nominal Catholicism, was largely taught and socialialized as an Evangelical  by American Evangelical missionaries, I find this distressing. Knowing how extensive American Evangelicals’ influence is in Europe as well as other parts of the world, I wonder what the state of theological belief is in Africa, Asia, Australia, Europe, or South America, and whether American Evangelical missionaries are importing American partisan politics into the churches they plant and the ministries they establish and assist.

__________
  1. These are somewhat similar to British Historian David Bebbington’s helpful summary of Evangelical distinctives, known as the “Bebbington Quadrilateral”, which identifies four primary characteristics of Evangelicalism:

    • Conversionism — the belief that lives need to be transformed through a “born-again” experience and a life long process of following Jesus;
    • Biblicism — a high regard for and obedience to the Bible as the ultimate authority;
    • Activism — the expression and demonstration of the gospel in missionary and social reform efforts;
    • Crucicentrism — a stress on the sacrifice of Jesus Christ on the cross as making possible the redemption of humanity.

    []

  2. i.e. Arianism and Pelagianism[]
  3. The survey report points out that seeing the Bible as merely a collection of myths (albeit helpful ones) makes it easy for individuals to accept biblical teaching that they resonate with while simultaneously rejecting any biblical teaching that is out of step with their own personal views or broader cultural values. A few years ago someone coined the term “Cafeteria Catholicism”; here we have a severe case of “Eclectic Evangelicalism” or “Cafeteria Christianity.”[]
  4. I think partly this is due to not understanding the difference between “begotten” and “made” or “created.” After all, we talk about “making babies”.[]
  5. Of this belief, that Jesus was a great moral teacher but not God, C. S. Lewis famously said in Mere Christianity, “That is the one thing we must not say. A man who was merely a man and said the sort of things Jesus said would not be a great moral teacher … You must make your choice. Either this man was, and is, the Son of God: or else a madman or something worse. You can shut Him up for a fool … or you can fall at His feet and call Him Lord and God. But let us not come with any patronizing nonsense about His being a great human teacher. He has not left that open to us.”[]
  6. As some very uneducated Catholics supposedly believe[]
  7. The “trinity” in William P. Young’s novel “The Shack”[]
  8. i.e. the president of the oldest and largest Southern Baptist Seminary[]

Ein Testosteron-getriebener Liebesbeweis?

Wolf Paul, 2022-09-26

 Elfriede Hammerl, mit der ich nicht immer einer Meinung bin, deren Artikel im profil mich aber immer wieder zum Nachdenken bringen, erzählt im profil-Podcast eine Geschichte, die, gelinde gesagt, ein Armutszeugnis für unsere Gesetzeshüter ist:

Eine 16-jährigen Schülerin geht mit einer Freundin zur Polizei, um auf Rat einer Lehrerin einen Vergewaltigungsversuch durch einen 20-jährigen Bekannten anzuzeigen, und wird dort auf demütigende Weise „abgewimmelt.“

Es fängt an mit der Begrüßung durch einen Polizisten: „Na, seid’s ihr auch da, weil euch jemand aufs Popscherl geklopft hat?“

Sie bittet darum, mit einer Polizistin zu sprechen, aber auch dieses Gespräch verläuft äußerst unbefriedigend.

„Wieviel dumpfe, sexistiscche Idiotie hat sich in Köpfen abgelagert, auch in denen von Frauen, wenn eine Polizeibeamtin einen Vergewaltigungsversuch als Ausdruck verliebten Werbens deklariert, und einen hohen Testosteronspiegel als Entschuldigung für überhaupt alles,“ fragt Frau Hammerl, völlig zurecht.

Daß das Vertrauen der Schülerin (und auch der Lehrerin) in die Polizei erschüttert oder sogar völlig zerstört ist, versteht sich von selbst.

Wir leben in einer sehr widersprüchlichen Welt:

Einerseits wurde mir vor Jahren als Vater einer Teenage-Tochter von naïv-idealistischen Feministinnen gesagt, daß ich meiner Tochter nicht sagen darf, nächtens nicht leicht bekleidet in bestimmten Gegenden unserer Stadt herumzulaufen. Warum? Weil ich dadurch Gewalt- und Mißbrauchstäter „ermächtigen“ würde, und weil das meiner Tochter die Schuld an eventuellen Übergriffen geben würde. Vielmehr müsse man daran arbeiten, daß Männer lernen, sich zu beherrschen und schöne Frauen zu bewundern, ohne an Sex zu denken; und freizügige Kleidung habe ohnehin nichts damit zu tun.

Dabei ignorieren diese naïven Idealisten ein paar Fakten:

  • Meine Warnung an meine Tochter betraf Zufallsbegegnungen mit Unbekannten, die in dieser Situation sicher nichts lernen wollen und werden;
  • Wer behauptet, daß freizügige Kleidung nichts mit sexuell motivierter Gewalt durch Männer zu tun hat, hat keine Ahnung vom männlichen Sexualtrieb;
  • Und auch die Vorstellung, daß Männer schöne Frauen bewundern können ohne an Sex zu denken, zeugt von großer Ignoranz. Natürlich verwerfen und unterdrücken die meisten Männer solche Gedanken oder beschränken sich auf anzügliche Blicke oder Pfiffe.

Andererseits stehen offenbar manche Polizisten und Polizistinnen (und nicht nur sie) auf dem Standpunkt, daß sexuelle Belästigung und sogar (versuchte) Vergewaltigung im Bekanntenkreis, durch scheinbar vertrauenswürdige Personen, nicht mehr ist, als ein ungeschickter und Testosteron-getriebener Liebesbeweis, und daß sich die Frauen doch bitte nicht so anstellen mögen.

Das zerstört nicht nur das Vertrauen betroffener Frauen in die Polizei und den Rechtsstaat insgesamt; sondern es zerstört auch mein Vertrauen, daß die Polizei auf sexuelle Gewalt bei Zufallsbegegnungen im öffentlichen Raum angemessen reagieren würde, statt zu sagen, „Na, hättest Dich halt anders angezogen.“

Das, und nicht meine Warnungen an meine Tochter, „ermächtigt“ Männer, die ihren Sexualtrieb nicht unter Kontrolle haben und die Mädchen und Frauen für Freiwild halten.

Und es macht meine Warnung an meine Tochter umso notwendiger, für alle Frauen. Und diese Warnung ermächtigt und entschuldigt nichts; weist auch den Frauen keine Schuld zu; sondern nimmt zur Kenntnis, daß wir in einer verdorbenen (oder, wie die Bibel sagt, sündigen) Gesellschaft leben.

BPW 2022: Enttäuschende Kandidatenliste

Wolf Paul, 2022-09-22

Am 9. Oktober wird der Bundespräsident, das Staatsoberhaupt der Republik Österreich, gewählt und obwohl der Inhaber diesen Amtes lediglich symbolische Macht (und eventuell moralischen Einfluß) hat, bin ich von der Kandidatenliste für diese Wahl ziemlich enttäuscht.

Amtsinhaber Alexander van der Bellen (AvdB) war, obwohl mir persönlich sympathisch, vor allem wegen seiner Mitgliedschaft und Funktion bei den Grünen[1], 2016 nicht mein Wunschkandidat.

Trotzdem habe ich ihn vor sechs Jahren gewählt, weil von Anfang an klar war, daß nur AvdB und Norbert Hofer von der FPÖ eine Chance hatten, gewählt zu werden, und ich AvdB für das kleinere Übel hielt, weil für mich die FPÖ “außerhalb des Verfassungsbogens[2] steht.

Ich werde AvdB diesmal wieder wählen, weil er sein Amt bisher fair und mit Augenmaß ausgeübt hat, und die anderen Kandidaten für mich aus einem oder nehreren Gründen unwählbar sind:

  • Walter Rosenkranz und Gerald Grosz sind bzw waren brave Parteisoldaten der Kickl-FPÖ bzw. des Haider-BZÖ, beides Parteien, die für mich absolut unwählbar sind;
  • Tassilo Wallentin ist durch antisemitische und misogynistische Aussagen aufgefallen sowie als Strafverteidiger durch skurrile Rechtsargumente, bei denen es mir die Haare aufstellt;
  • Heinrich Staudinger (den ich bisher für einen vernünftigen Menschen gehalten habe) sagt, er hält sich nur an Gesetze, die er persönlich für sinvoll hält;
  • Michael Brunner ist ein Verschwörungstheoretiker, dessen politisches Programm sich im wesentlichen auf den Widerstand gegen Anti-Covid-Maßnahmen beschränkt; und
  • Dominik Wlazny alias Marco Pogo disqualifiziert sich schon allein durch den Namen seiner Partei, der einen Mangel an Respekt gegenüber den Institutionen der Republik ausdrückt – ich mag Kabarettisten und Clowns, aber nicht im höchsten Amt des Staates[3].

Dies sind natürlich alles nur meine persönlichen Einschätzungen und Wahrnehmungen, und auch nicht als moralische Verurteilungen zu verstehen; ich respektiere durchaus das Recht der Kandidaten, ihre Überzeugungen zu haben und zu vertreten, oder bestimmten Parteien anzugehören; aber genauso habe ich das Recht, sie aufgrund ihrer Überzeugungen oder Parteizugehörigkeit zu wählen oder eben nicht zu wählen, und auch zu sagen, was ich von ihren Überzeugungen und Parteien halte.

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  1. Die Grünen haben sich von einer Umweltpartei, mit deren Zielen ich mich weitgehend identifizieren konnte, in eine “progressive” Linkspartei (links von der SPÖ) gewandelt.[]
  2. Ich teile diese Einschätzung der FPÖ und ihres Ablegers BZÖ duch Andreas Khol vor vielen Jahren; zu seinen Gründen von damals sind in meinen Augen seither noch viele andere hinzugekommen.[]
  3. Vielleicht sollte ich meine Einstellung zu Kabarettisten angesichts von Woldymyr Selinskyj überdenken sollte.[]

Wandel, Zerfall in allem sehen wir

Wolf Paul, 2022-09-21

Diese Gedanken von Chad Bird zu zwei Zeilen aus dem Lied Bleib bei mir, Herr haben mich so angesprochen, daß ich ihn um Erlaubnis gebeten habe, sie zu übersetzen.


Rasch wie ein Tag verrinnt des Lebens Zeit,
die ird’sche Freud und jede Herrlichkeit.
Wandel, Zerfall in Allem sehen wir;
Herr, der Du ewig bleibst, bleib auch bei mir!

Wandel, Zerfall in Allem sehen wir“ – Wir singen dies, wir leben es, und oft genug bluten und weinen wir es auch.

  • Familien zerfallen, Ehen zerbrechen, unsere Hoffnungen für eine schöne Zukunft werden durch Katastrophen überschattet.
  • Menschen, denen wir glaubten, vertrauen zu können, fallen uns in den Rücken.
  • Die Preise steigen während die Löhne sinken, wir haben immer mehr Stress und können immer weniger schlafen..
  • Kirchengemeinden werden aufgelassen, Pastoren sind verzweifelt, und unser ohnehin schwache Glaube kämpft ums Überleben

In unserer Welt, voll von Metastasen des Bösen, der Ungerechtigkeit und Bosheit, sind wir einer endlosen Liste von Wandel und Zerfall ausgesetzt, um uns herum, aber auch in uns selbst.

Also rufen wir, „Herr, der Du ewig bleibst, bleib auch bei mir!“ Und er bleibt. So nah wie die Nässe unserer Tränen. So nah wie das Blut in unseren Herzen. Gott mit uns, in uns, über uns, unter uns, als unser Bruder, Jesus. Er hält uns, bis wir zum Zittern aufhören. Er heilt uns, bis der Schmerz nachläßt. Er liebt uns, bis die Tränen trocknen.

Er ist der Gott, der uns nie verläßt. Wie könnte er auch? Wir sind ihm mehr wert als sein eigenes Leben. Das Kreuz posaunt diese unabänderliche Wahrheit hinaus: Jesus ist lieber gestorben, als uns, die Seinen, zu verlieren.

Ursprünglich auf Facebook gepostet, 21. September 2022. Copyright © 2022 by Chad Bird. Deutsche Übersetzung von Wolf Paul mit freundlicher Genehmigung des Autors.

Die Liedstrophe am Anfang stammt aus dem Lied, Bleib bei mir, Herr (Abide With Me),  Übersetzung von ©  Bertram Kottmann