Von Fr. Kenneth Tanner:
Weihnachten — da geht es nicht um Großsein, sondern um Kleinsein; nicht um Stärke, sondern um Schwäche; nicht um Macht oder Zwang, sondern um Einladung und Willkommen. Weihnachten hängt nicht davon ab, daß wir seine Freude und sein Licht annehmen.
Weihnachten — das geschieht am Rand, außerhalb des Rampenlichts. Weihnachten entzieht sich den Stolzen, den Prahlern, und bedroht jede Form von Politik: ob Herodianisch oder Römisch, Britisch oder Irisch, Indisch oder Pakistanisch, Russisch oder Amerikanisch, Chinesisch oder Koreanisch, Iranisch oder Irakisch.
Weihnachten — da geht es um die Verletzbarkeit Gottes, um die Offenbarung im Menschenform, daß Gott der Diener Seines Universums ist; daß wir, wenn wir mit Gott der Schöpfung dienen, teilhaben an einer verborgenen Bedeutungslosigkeit, die doch irgendwie alles zusammenhält.
Der menschliche Gott wirkt so, wie es die besten Diener tun: kaum wahrnehmbar. Das kommt uns mysteriös vor, weil sich die Welt Macht auffällig und protzig vorstellt, aber Liebe (und das ist ganz einfach was Gott ist) legt die Arroganz ab und schmückt sich mit Armut.
Gibt es einen letzten Moment in der Geschichte, wenn die Gemeinde Jesu ganz sichtbar die Mittel der Welt — das Recht auf Selbstverteidigung, die Vergötzung von Waffen — ablehnt, und stattdessen beschließt, unsere Schwerter in Pflugscharen und unsere Speere in Sicheln umzuschmieden?
Werden wir dahin kommen, für unsere Verteidigung und Rechtfertigung auf die Demut und Schwachheit Gottes in Jesus Christus zu vertrauen — statt auf unsere Rüstung, unseren Zorn, und unser Recht, für uns selbst aufzustehen — und dadurch den bereits auf Golgotha errungenen Sieg über die Finsternis sichtbar zu machen?
Was, wenn das Ende erst nach einem riesigen, noch nie dagewesenen Abschlachten von Christen kommt, nach einer weltweiten Kreuzigung des Leibes Christi, in der die Gemeinde Jesu, in Nachahmung ihres Herrn, stirbt und wieder aufersteht aus der Asche ihrer Vernichtung, durch den Heiligen Geist?
Was, wenn Gott Alles in Allem ist, weil das kreuzförmige Muster der Liebe, die das Universum beherrscht, die alle Dinge zusammenhält und Allem, was lebt, Atem gibt, seine Bestätigung findet in einem besonderen, gekreuzigten und auferstandenen Volk, dessen Haupt Christus ist?
Letztendlich, so sagt uns Jesus, werden wir nicht dadurch siegen, daß wir unser Leben verteidigen, noch dadurch, daß wir unsere Rechte und Privilegien festhalten, sondern indem wir unser Leben hingeben, damit die Welt lebt. Darum geht es in jeder echten Feier von Weihnachten.
Wie Stephen Colbert kürzlich gesagt hat: „Die Botschaft Christi ist nicht, daß du mich nicht umbringen kannst. Die Botschaft Christi ist, daß du mich umbringen kannst, und das ist nicht der Tod.“
„Denn es war das Leben, das vor uns erschienen ist, wir sahen es, waren seine Augenzeugen, und berichten euch jetzt davon. Das war das wahre Leben aller Zeiten, das Leben, das immer schon beim Vater war, das für uns sterbliche Menschen als Person sichtbar wurde.“
1. Johannes 1,2 (nach Phillips)
Copyright © 2020 by Kenneth Tanner.
Fr. Kenneth Tanner ist Pastor der anglikanischen Erlöserkirche in Rochester Hills, Michigan, USA. Übersetzt von Wolf Paul. Gemälde: Arcabas
Das englische Original dieses Artikels wurde ursprünglich hier auf Facebook gepostet.