Der Glaube als Waffe in Rußlands Krieg gegen die Ukraine

Wolf Paul, 2025-05-08

Dieser Artikel von Denys Gorenkov1wurde ursprünglich vom Baptist Standard veröffentlicht. Die Veröffentlichung dieser Übersetzung erolgt mit Genehmigung.

Russland führt einen Vernichtungskrieg gegen die Ukraine – mit allen verfügbaren Mitteln. Darunter auch die Religionsgemeinschaften des Aggressorstaates.

Dabei geht es nicht nur um den russisch-orthodoxen Patriarchen Kirill (Gundjajew), den muslimischen Führer Talgat Tadschuddin und den jüdischen Vertreter Aaron Gurewitsch. Kleine, aber straff organisierte evangelikale Kirchen in Russland mobilisierten schnell ihre Ressourcen, um den imperialen Krieg zu unterstützen.

Evangelikale im Dienst Russlands

Evangelikale Leiter setzen nicht nur auf das Wohlwollen der Behörden, sondern auch auf gewisse Beute – sie haben die Botschaft Christi durch die Gebote der „Z-Religion“ ersetzt. Das „Z“ ist das Symbol für Russlands sogenannte „Spezialoperation“.

Im Gegensatz zur Russisch-Orthodoxen Kirche, die ihre Rhetorik und Strukturen schnell und zentral an die Kriegsmaschinerie angepasst hat, taten sich die evangelikalen Kirchen zunächst schwerer. Einige Leiter widersetzten sich; andere verließen das Land.

Doch drei Jahre nach Beginn der Invasion haben sich russische Evangelikale fest eingereiht: Pastoren segnen Putin öffentlich und bekunden ihre Unterstützung für die „Spezialoperation“.

Hinter den mit Gewehren bewaffneten burjatischen2 Soldaten folgen „Missionare“. Auf den Trümmern ukrainischer Gebetshäuser verteilen russische „Brüder“ Hilfsgüter und singen Lobpreislieder.

Inmitten der Trümmer von Mariupol, Ukraine, nahm der russische „Missionar“ Andrey Krysov ein Einladungsvideo zu einer Missionskonferenz auf, die in Jekaterinburg stattfinden soll.

Krysov ist als einer der Redner gelistet. Gemeinsam mit dem „Missiologen“ Pawel Pusanow soll er russischen Gläubigen beibringen, wie „Mission auf befreiten Gebieten“ funktioniert – so lautete es in einem inzwischen gelöschten Telegram-Kanal der Konferenz.

Doch die Frage, an welchen Gott und an welche Mission die russischen „Z-Christen“ eigentlich glauben, wird weder in Jekaterinburg noch sonstwo gestellt – weder auf Konferenzen, noch bei Leitungsgipfeln oder Gebetsfrühstücken.

Diejenigen, die solche Fragen stellen könnten, sitzen im Gefängnis, leben im Exil oder wurden beseitigt. Die Verbliebenen gieren nach ihrem Anteil am Festmahl des Kannibalen.

Russische Kirchenleiter – Schatrow: Bischof, stellv. Leitender Bischof des Bundes Evangelischer Christen im Nordwestlichen Föderalbezirk; Dirinenko: Bischof, stellv. Leitender Bischof im Zentralbezirk; Kolesnikow: Vorsitzender der Gesamtunion Evangelischer Christen; und Karassjow: Bischof des Gesamtverbandes Evangelischer Christen – berichteten stolz über das Wachstum ihrer Gemeinden beim Gebetsfrühstück3 in Washington, D.C., am 6. Februar 2025:
„Selbst unter den schwierigen Bedingungen der Spezialoperation vermehren sich unsere Kirchen“, so Teilnehmer.

Und tatsächlich – wie schon nach den Okkupationen von Moldawien, Georgien und der Krim.

Gemeindewachstum als Strategie

Die Strategie ist überall gleich: Erst durchkämmen Sicherheitskräfte die Häuser und Kirchen örtlicher Christen in den besetzten Gebieten. Danach kommen Beamte, die verlangen, dass Kirchen sich nach russischem Recht neu registrieren.

Dann treten Gesandte russischer protestantischer Kirchen auf: „Schließt euch uns an, dann erhaltet ihr offizielle russische Registrierung.“ Wer ablehnt, wird vom Sicherheitsdienst beseitigt. Wer zustimmt, zählt nun zur Statistik des russischen Gemeinde-Wachstums.

Hauptakteur dieser „Übernahmen“ ist die Vereinigte Russische Union der Christen Evangelikalen Glaubens (ROSKhVE).

Früh im Verlauf der „Spezialoperation“ erklärte ROSKhVE-Leiter Sergej Rjachowskij die Position des Verbands unmissverständlich 4:
„Wir sind russische Bürger und Patrioten unseres Landes.“

Auf einer Sitzung des Religionsrats der Russischen Föderation zum Thema Ukraine sagte Rjachowskij 5:
„Heute haben wir keinen anderen Weg, die Wahrheit zu verteidigen“, und fügte hinzu: „Ich bin überzeugt, dass uns die Liebe bewegt.“

Natürlich haben russische Evangelikale nicht denselben Einfluss wie die Moskauer Orthodoxie – und im Vergleich zum „Wolf“ Kirill Gundjajew wirken ihre Leiter eher wie „Wolfswelpen“. Doch auch diese „Wolfswelpen“ wollen profitieren – und beten nicht nur für Putin, sondern auch zu Putin.

In den Jahren des Krieges haben sich die Kirchen des Aggressorstaates dank der Gemeinden in den besetzten Gebieten vervielfacht.

Theologischer Wandel

Schon 2014, nach der Annexion der Krim, richteten sich russische Baptisten 6 – einst unerschütterliche Bekenner unter dem Sowjetregime – mit einem unterwürfigen Appell an Putin: „Danke für den Schutz und die Stärkung geistlicher und moralischer Werte.“

Heute sind russische Kirchen nicht wiederzuerkennen. Sie ähneln nicht mehr dem historischen protestantischen Zeugnis, das einst bereit war, der Macht die Wahrheit zu sagen.

Die Sprache der Kirche – Spiegel ihres Denkens – hat rasch die Vokabeln des Staates übernommen. Phrasen wie „Befreiungshandlungen“ oder „befreite Gebiete“ gehen glatt über die Lippen.

Sergej Kirejew, ROSKhVE-Leiter 7, erklärte in einem Bericht mit dem Titel Zwei Jahre SVO: Der Beitrag der Protestanten von Pensa zu unserem gemeinsamen Sieg,
„Großartige Arbeit wurde bereits geleistet – doch noch größere Aufgaben stehen uns bevor, sowohl in Pensa als auch in den neuen Gebieten.“

Tatsächlich bleibt für ROSKhVE und andere russische Evangelikale viel zu tun. Ihre Organisationen konzentrieren sich auf die „neu befreiten Gebiete“, und ihre „Missiologen“ haben eine maßgeschneiderte Missionsstrategie entwickelt – zur Besiedlung und „Bepflanzung“ jener ukrainischen Länder, die russische Truppen „gesäubert“ haben.

Christenverfolgung

Die Fakten zur Christenverfolgung aufgrund der Ablehnung der „Z-Religion“ sind im Bericht Faith Under Russian Terror 8 dokumentiert.

Laut Pastor Mychajlo Bryzsyn, Mitautor des Berichts:
„Auf den zwischen 2022 und 2024 besetzten ukrainischen Gebieten orchestrierte Russland einen regelrechten religiösen Genozid: Hunderte Glaubensgemeinschaften wurden zerstört; Geistliche verhaftet, verhört, brutal deportiert oder zur Flucht gezwungen; Kirchengebäude konfisziert und umfunktioniert.“

Allein in Melitopol wurden mehr als 15 Kirchengebäude – die meisten protestantisch – beschlagnahmt. Keines wurde je zurückgegeben, selbst nach der erzwungenen „Neuregistrierung“ nach russischem Recht.

In diesem Klima entfalten russische Kirchenleiter ihre „Missionstätigkeit“ – eine groteske Operation, wie das Zerstören eines prächtigen Parks, nur um ein paar Setzlinge zu pflanzen.

Gleichzeitig reisen diese Kirchenführer ungehindert durch die Welt und überzeugen westliche Zuhörer davon, dass Russland ein Land der Religionsfreiheit, christlicher Werte und kirchlicher Blüte sei.

Der amerikanische Prediger Rick Renner, der nach Russland gezogen ist, lobt offen das Regime und bietet mächtige mediale Unterstützung. Man glaubt Renner, Rjachowskij, Schatrow und Dirinenko – denn diejenigen, die ihnen widersprechen könnten, sitzen im Gefängnis, liegen im Grab oder gelten als radikale Ausgestoßene.

Beispiel Drittes Reich

All das ist in der Geschichte des Christentums nicht neu. Die „Deutschen Christen“ im Dritten Reich handelten ähnlich. Ihre Ideologen wussten sehr wohl, welche Rolle sie bei der „Endlösung der Judenfrage“ spielten – ebenso wie heutige russische „Missiologen“ wissen, was ihr „Einsatz auf befreitem Gebiet“ bedeutet.

Auch damals wurden amerikanische Christen von den Reichskirchenführern getäuscht – und glaubten ihnen.

1936 besuchte Oswald Smith von der People’s Church in Toronto – ein hochgeschätzter Missionar – Deutschland und kehrte begeistert zurück. Deutschland, so sein Bericht, sei „erwacht“.
„Deutsche Gläubige sagen, sie seien zufrieden mit Hitler.“ Und: „Jeder wahre Christ ist für Hitler.“ Siehe Fußnote.

Verstummter Widerstand

Auch heute gibt es russische Christen, die nicht die Euphorie von Rjachowskij oder Kirejew teilen – aber ihre Stimmen werden nicht gehört.

Was bleibt, ist das laute Singen bei Konferenzen und Gottesdiensten – ein Echo auf das Bild, das Erwin Lutzer in Hitler’s Cross beschreibt:

„Ein Eisenbahngleis verlief hinter unserer kleinen Kirche. Jeden Sonntagmorgen hörten wir den Pfiff in der Ferne und dann das Rattern der Räder. Wir wurden unruhig, wenn wir die Schreie aus dem Zug hörten.

Woche für Woche kam der Zug – wir wussten, dass er Juden wie Vieh in Waggons transportierte. Ihre Schreie quälten uns.

Wir wussten, wann der Zug kommen würde, und wenn wir den Pfiff hörten, begannen wir, Lieder zu singen. Wenn der Zug vorbeifuhr, sangen wir lauter. Und wenn wir Schreie hörten, sangen wir noch lauter – bis wir nichts mehr hörten.“

Ebenso werden die Teilnehmer der kommenden „Missionskonferenz“ in Jekaterinburg lauter singen – bevor sie zu Workshops über „Mission in befreiten Gebieten“ übergehen.

Wird es einen treuen Überrest geben?

Das Christentum in Russland hat sich in eine „Z-Religion“ verwandelt – eine Religion der Unterwerfung, der Eroberung, eingehüllt in Lobpreis.

Wird sich unter den russischen Christen ein „Überrest von siebentausend“ finden, „die ihr Knie nicht vor dem Baal gebeugt haben“ (1. Könige 19,18)? Nur der Herr weiß es. Nur er weiß, ob neue Leiter entstehen, die widerstehen, erkennen und treu bleiben können.

Was den Rest betrifft – jene „Z-Christen“, die ihr Zeugnis gegen Propaganda eingetauscht haben, die zum Imperium beten und durch Gesang das Leiden übertönen – auf sie treffen Longfellows prophetische Worte zu:

„Mag Gottes Mühle langsam mahlen, doch sie mahlt sehr fein;
Mit Geduld steht Er wartend, doch genau ist Sein Gericht.“

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Das Zitat von Oswald J. Snith über Christen im Dritten Reich stammt aus:
Oswald J. Smith, “My Visit to Germany,”
The Defender 11 (September 1936): 15. David A. Rausch, A Legacy of Hatred (Chicago: Moody, 1984), 101.

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  1. Denys Gorenkov ist Pastor der Evangelischen Freikirche „Neues Leben“ in Kyjiw, Ukraine, und Dozent am Ausbildungszentrum für Militärseelsorge des Militärinstituts der Taras-Schewtschenko-Universität Kyjiw. Die in diesem Meinungsartikel geäußerten Ansichten stammen vom Autor.
  2. Die Burjaten sind ein mongolisches Volk
  3. https://irp.news/protestanty-iz-rf-na-molitvennyj-zavtrak-v-ssha-2025/
  4. https://tass.ru/obschestvo/14799195
  5. https://www.youtube.com/watch?app=desktop&v=4QYz8yCCvcw
  6. https://baptist.org.ru/news/main/view/obraschenie-k-prezidentu-rossii-34-sezd
  7. https://shaltnotkill.info/pastor-roshve-podgotovil-doklad-o-vklade-protestantov-v-svo/
  8. https://missioneurasia.org/wp-content/uploads/2025/01/2025-Mission-Eurasia-report-on-Ukraine-ENG.pdf

The weapon of faith in Russia’s war on Ukraine

Wolf Paul,

This article by Denys Gorenkov1 was published initially by The Baptist Standard. Reposted by permission.

Russia is waging a war of annihilation against Ukraine using every force and means at its disposal. Among those tools are the religious communities of the aggressor state.

And this doesn’t refer only to Russian Orthodox Patriarch Kirill (Gundyaev), Muslim leader Talgat Tadzhuddin and Jewish representative Aaron Gurevich. Small but tightly organized evangelical churches in Russia quickly mobilized their resources to support the imperial war effort.

Evangelicals in service of Russia

Evangelical leaders are counting not only on the approval of the authorities, but also on certain trophies, having replaced the message of Christ with the commandments of the “Z-religion.” “Z” is the symbol of Russia’s so-called “Special Military Operation.

Unlike the Russian Orthodox Church, which swiftly and centrally aligned its rhetoric and structures with the war machine, the evangelical churches were slower to adapt. Some leaders resisted; others left the country.

Yet three years into the full-scale invasion, Russian evangelicals have taken their place firmly in the ranks. Pastors publicly bless Putin and proclaim their support for the “Special Military Operation.”

Following the Buryat2 soldiers armed with rifles, the “missionaries” move in. On the ruins of Ukrainian houses of prayer, Russian “brothers” distribute humanitarian aid and sing praise songs.

Amid the rubble of Mariupol, Ukraine, Russian “missionary” Andrey Krysov recorded a video invitation to a missionary conference scheduled to take place in Yekaterinburg, Russia.

Krysov is listed as one of the speakers for the event. Alongside another “missiologist,” Pavel Puzanov, he will train Russian believers on how to carry out “missions on the liberated territories,” according to a since-deleted Telegram channel for the conference.

But the question of which God and which mission the Russian “Z-Christians” actually believe in won’t be raised at the Yekaterinburg conference—nor at any other conference, leadership summit or prayer breakfast across Russia.

Those who might ask such questions are imprisoned, exiled or eliminated. Those who remain are eager to snatch their slice of the cannibal’s feast.

Russian church leaders—Shatrov: bishop, deputy presiding bishop of the Russian Union of Evangelical Christians in the Northwestern Federal District; Dirinenko: bishop, deputy presiding bishop of the Russian Union of Evangelical Christians in the Central Federal District; Kolesnikov: chairman of the All-Union Fellowship of Evangelical Christians; and Karasyov: bishop of the All-Russian Fellowship of Evangelical Christians—proudly reported the growth of their congregations during a prayer breakfast3 in Washington, D.C., on Feb. 6, 2025: “Even under the difficult conditions of the Special Military Operation, our churches are multiplying,” according to some prayer breakfast participants.

And indeed, they are—just as they did after the occupations of Moldova, Georgia and Crimea.

Church growth strategy

The strategy is the same everywhere. First, security forces raid the homes and churches of local Christian leaders in occupied territories. Then come the bureaucrats, demanding the churches re-register under Russian law.

After them arrive emissaries from Russian Protestant church unions, offering a friendly deal: Join us, and you’ll gain official Russian registration. Those who refused were eliminated by the security services. Those who agreed now boost the statistics of Russian church growth.

The major instrument of these “mergers and acquisitions” is the Associated Russian Union of Christians of Evangelical Faith (ROSKhVE).

Early in the so-called “Special Military Operation,” ROSKhVE’s leader Sergey Ryakhovsky made the union’s stance4 crystal clear: “We are Russian citizens and patriots of our country.

Speaking at a meeting of the Council of Religious Leaders of the Russian Federation, where the issue of the “Special Military Operation” in Ukraine was discussed, Ryakhovsky stated5: “Today, we have no other way to defend the truth,” and added, “I am convinced that we are all moved by love.”

Russian evangelicals, of course, do not have the same influence as Moscow Orthodoxy, and compared to the “wolf” Kirill Gundyaev, their leaders appear more like “wolf cubs.” But the “wolf cubs” also want to profit from their support of the “Special Military Operation,” and therefore are ready to pray not only for Putin, but also to Putin.

During the years of war, the churches of the aggressor country have significantly “multiplied” thanks to the communities in the occupied territories.

Even their theology has shifted.

Change in theology

As early as 2014, right after the annexation of Crimea, some Russian Baptists6—descendants of the unbreakable Soviet-era confessional Christians—issued a thoroughly servile appeal to Putin, thanking him for “defending and strengthening spiritual and moral values.”

Today, Russian churches have changed beyond recognition. They no longer resemble the historic Protestant witness that once dared to stand for the truth and speak it to power.

The language of the church—a reflection of its thinking—has quickly absorbed the vocabulary of the state. Phrases like “liberating military actions” and “liberated territories” now roll off the tongue without a second thought.

Sergey Kireyev, a ROSKhVE leader7, proudly declared in a report titled Two Years of the SMO: The Contribution of Penza Protestants to Our Common Victory that “tremendous work has already been done—but even greater work lies ahead, both in Penza and in the new territories.”

Indeed, ROSKhVE and other Russian evangelicals still have a lot of work left to do. Their organizations are focused on the “newly liberated territories,” and their “missiologists” have devised a custom-built mission strategy—to settle and establish Ukrainian lands Russian troops have “cleansed.”

Persecution of Christians

The facts of Christian persecution for refusing to join the “Z-religion” are detailed in the report Faith Under Russian Terror8.

According to Pastor Mykhailo Brytsyn, a co-author of the report: “On the Ukrainian territories occupied between 2022 and 2024, Russia orchestrated a sweeping religious genocide: hundreds of religious communities were destroyed; clergy members, after being arrested and interrogated, were brutally deported or forced to flee their homes; church buildings were seized by the occupation authorities and repurposed for their needs.

In Melitopol alone, more than 15 church buildings—most of them Protestant—were taken over. Not a single one was returned to the religious communities, even after they underwent the so-called “re-registration under Russian law.”

It is under these conditions that Russian church leaders launch their “missionary activity”—a grotesque operation that resembles destroying a beautiful park just to plant a few little trees.

And while all this unfolds, Russian church leaders travel freely around the world, convincing Western audiences Russia is a land of religious freedom, Christian values and vibrant church growth.

American preacher Rick Renner, who relocated to Russia, openly praises the regime and provides it with powerful media support. People believe Renner, Ryakhovsky, Shatrov and Dirinenko—because those who could have challenged them are rotting in prison, lying in graves, or branded as radicals and untouchables.

The example of the Third Reich

None of this is new to the history of Christianity. The “German Christians” of the Third Reich behaved similarly. Their ideologues clearly understood their role in the “final solution to the Jewish question”—just as today’s Russian “missiologists” understand their role in their “mission to the liberated territories.”

The leaders of the Reich Church deceived American Christians in much the same way the leaders of the “Z-Church” do now. And they were believed.

In 1936, Oswald Smith from the People’s Church in Toronto—a respected missionary with a spotless evangelical reputation—visited Germany and returned singing Hitler’s praises. His glowing report was based on conversations with fellow evangelicals. Germany, Smith claimed, had “awakened.”

“German believers say they are satisfied with Hitler.” And this sentiment was widespread: “Every true Christian is for Hitler.” See footnote.

Silenced opposition

Today, there are Russian Christians who do not share the euphoria of leaders like Ryakhovsky or Kireyev—but their voices are silenced and go unheard.

All that remains is the loud singing at conferences and worship services, echoing the haunting image Erwin Lutzer describes in Hitler’s Cross, where German believers kept singing as the trains passed by:

“A railroad track ran behind our small church and each Sunday morning we could hear the whistle in the distance and then the wheels coming over the tracks. We became disturbed when we heard the cries coming from the train as it passed by. We realized that it was carrying Jews like cattle in the cars!

“Week after week the whistle would blow. We dreaded to hear the sound of those wheels because we knew that we would hear the cries of the Jews en route to a death camp. Their screams tormented us.

“We knew the time the train was coming and when we heard the whistle blow we began singing hymns. By the time the train came past our church we were singing at the top of our voices. If we heard screams, we sang more loudly and soon we heard them no more.”

Just as before, the participants of the upcoming “missionary conference” in Yekaterinburg, Russia, will sing “even louder”—before heading off to workshops on how to carry out missions “on the liberated territories.”

Will there be a faithful remnant?

Christianity in today’s Russia has morphed into “Z-Christianity”—a religion of assimilation and absorption, of conquest wrapped in praise choruses.

Will there be found among the Russian church the “seven thousand who have not bowed the knee to Baal” (1 Kings 19:18)? Only the Lord knows. Only he knows whether new leaders might yet rise from among Russian evangelicals—leaders able to resist, to discern his will and to remain faithful.

As for the rest—for the “Z-Christians” who have traded their witness for propaganda, who pray to empire and sing to silence the sound of suffering—the prophetic words of Longfellow toll like a bell:

Though the mills of God grind slowly, yet they grind exceeding small;
Though with patience He stands waiting, with exactness grinds He all.

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Source of quotes on Christians in Hitler’s Germany: Oswald J. Smith, “My Visit to Germany,” The Defender 11 (September 1936): 15. David A. Rausch, A Legacy of Hatred (Chicago: Moody, 1984), 101.

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  1. Denys Gorenkov is a minister of the New Life Evangelical Church in Kyiv, Ukraine, and a lecturer at the Military Chaplaincy Training Centre of the Military Institute of Taras Shevchenko National University of Kyiv. The views expressed in this opinion article are those of the author.
  2. The Buryats are a mongolian tribe
  3. https://irp.news/protestanty-iz-rf-na-molitvennyj-zavtrak-v-ssha-2025/
  4. https://tass.ru/obschestvo/14799195
  5. https://www.youtube.com/watch?app=desktop&v=4QYz8yCCvcw
  6. https://baptist.org.ru/news/main/view/obraschenie-k-prezidentu-rossii-34-sezd
  7. https://shaltnotkill.info/pastor-roshve-podgotovil-doklad-o-vklade-protestantov-v-svo/
  8. https://missioneurasia.org/wp-content/uploads/2025/01/2025-Mission-Eurasia-report-on-Ukraine-ENG.pdf

Sind Trumps USA noch eine befreundete Nation?

Wolf Paul,

Laut einem Bericht des Wall Street Journal 1 verstärken die USA ihre nachrichtendienstlichen Bemühungen bezüglich Grönland, was Präsident Trumps Absichten unterstreicht, sich die große Insel einzuverleiben. Der dänische Außenminister Lars Løkke Rasmussen sagte am Mittwoch gegenüber der Nachrichtenagentur Ritzau: „Das beunruhigt mich sehr, denn unter Freunden spioniert man nicht.2

Ich denke, es ist an der Zeit, dass alle traditionellen Verbündeten der Vereinigten Staaten erkennen, dass die USA, zumindest was die Trump-Regierung betrifft, Verbündete nicht als Freunde, sondern als Vasallen betrachten und dass ihre Handlungen dies widerspiegeln werden.

Die Trump-Regierung behauptet, von zwei Mottos geleitet zu werden, die ihr Handeln bestimmen und angeblich lauten: „America first!“ (“Amerika zuerst!”) und „Make America great again!“ (“Machen wir Amerika wieder groß!”). In der Praxis scheint es jedoch zu heißen „Machen wir Amerika wieder groß, indem wir alle anderen klein machen!“ und „Amerika allein!“, und ihre Politik und ihre Maßnahmen spiegeln dies wider, von der einseitigen Umbenennung des Golfs von Mexiko über die Beanspruchung von Territorien anderer Länder (oder sogar ganzer Länder) bis dahin, die Hilfe gegen einen Aggressor von einem ausbeuterischen Mineraliengeschäft abhängig zu machen.

An diesem Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs und der Niederlage der faschistischen Regime in Deutschland und Italien sollte es uns beunruhigen, dass eine Reihe von politischen Analysten und Kommentatoren immer offensichtlichere Merkmale faschistischer Regime in der Rhetorik und im Verhalten der Trump-Regierung festgestellt haben. Während Trumps erster Amtszeit habe ich Vergleiche von Trump mit Hitler immer abgetan, etwas, das mir zunehmend schwerfällt.

Die Aussicht, dass die Europäische Union auf allen Seiten von zunehmend unfreundlichen, großen und mehr oder weniger aggressiven Ländern (Trumps USA, Putins Russland und Xis China) sowie einer zunehmend von islamistischen Extremisten dominierten muslimischen Welt umgeben ist, finde ich nicht sehr beruhigend. Das Einzige, was die Verzweiflung in Schach hält, ist die Gewissheit, dass „He‘s got the whole world in His hand!“ und dass Er mächtiger ist als jeder dieser (Möchtegern- oder tatsächlichen) Diktatoren und Terroristen und dass Er am Ende siegen wird. 3

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  1. Leider ist alles außer dem ersten Absatz hinter einer Paywall
  2. Guardian-Artikel
  3. Muss ich buchstabieren, wer He bzw. Er ist? Falls es jemand nicht mitkriegt, ich spreche vom dreieinigen Gott, Vater, Sohn (Jesus) und Heiliger Geist.

Is Trump’s USA still a friendly nation?

Wolf Paul,

Acccording to a report in the Wall Street Journal1 the USA are stepping up its intelligence-gathering efforts regarding Greenland, underscoring President Trump’s intentions to take over the large island. Danish foreign minister, Lars Løkke Rasmussen, told the Ritzau news agency on Wednesday that “It worries me a lot, because we don’t spy between friends.”2

I think it is time for all traditional allies of the United States to realize that, at least as far the Trump administration is concerned, the US does not view allies as friends but as vassals, and that its actions will reflect that.

The Trump administration claims to be guided by two mottos which dictate its actions, which ostensibly are: “America first!” and “Make America great again!“. In practice, however, they seem to be “Make America great again by diminishing everyone else!” and “America alone!“, and their policies and actions reflect that, from unilaterally renaming the Gulf of Mexico, to laying claim to other countries’ territories (or even the entire country), to making assistance against an aggressor dependent on an exploitative minerals deal.

On this anniversary of the end of the Second World War and the defeat of the fascist regimes in Germany and Italy it should worry us that a number of political analysts and commentators have identified increasingly obvious characteristics of fascist regimes in the rhetoric and conduct of the Trump administration. During Trump’s first term I used to dismiss comparisons of Trump with Hitler, something I find increasingly difficult to do.

The prospect of the European Union being surrounded on all sides by increasingly unfriendly large and more or less aggressive countries (Trump’s USA, Putin’s Russia, and Xi’s China), as well as a Muslim world increasingly dominated by Islamist extremists, is not very reassuring. The only thing keeping despair at bay is the assurance that “He’s got the whole world in His hand!” and that He is more powerful than any of these (would-be or actual) dictators and terrorists, and that He will prevail in the end.3

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  1. Unfortunately, everything except the first paragraph is behind a paywall
  2. Guardian article
  3. Do I need to spell out who He is? In case anyone does not get it, I am talking about the triune God, Father, Son (Jesus), and Holy Spirit.

Israel darf sich nicht länger für seine Existenz entschuldigen

Wolf Paul, 2025-05-07

Eeine arabische Stimme für das Existenzrecht Israels

Die Originalfassung dieses Artikel des marokkanischen Politikanalysten und Autors Amine Ayoub1 ist unter dem Titel, “Israel needs to stop apologizing for its existence” in der israelischen Zeitschrift Jerusalem Post erschienen. Die deeutsche Fassung wird hier mit Erlaubnis des Autors veröffentlicht.

Israel darf sich nicht länger für seine Existenz entschuldigen

Gastbeitrag von Amine Ayoub 

Seit seiner Gründung wurde die Existenz Israels als Provokation betrachtet. Ein Zuhause für Juden? Im Nahen Osten? Das darf doch nicht wahr sein.

Es gibt eine Wahrheit, die viele sich nicht trauen auszusprechen: Israel wird nicht wegen seines Handelns gehasst, sondern wegen seines Wesens – als selbstbewusster, erfolgreicher, unbeugsamer jüdischer Staat in einer Region – und einer Welt –, die nie wollte, dass er überlebt.

Dieser Hass ist nicht logisch. Er gründet nicht in politischen Maßnahmen; er widerspricht allen Fakten. Und doch durchzieht er internationale Institutionen, Universitäten, westliche Medien und die Straßen der Großstädte Europas. Es ist gesellschaftlich akzeptabel – ja sogar modern – geworden, Israel zu verurteilen, weil es sich verteidigt, es als koloniales Projekt zu brandmarken und nicht für Koexistenz, sondern für seine Auslöschung zu kämpfen.

Und doch besteht Israel fort. Und nicht nur das – es blüht auf. Trotz unermüdlichem Druck baut es, erfindet, integriert, verteidigt und schafft Neues. Das ist nicht nur Widerstandsfähigkeit – das ist stille Auflehnung. Und genau das ist der Grund, warum es bestehen wird.

Seit seiner Gründung wurde Israels Existenz als Provokation betrachtet. Ein Zuhause für Juden? Im Nahen Osten? In Gebieten, in denen Juden seit Jahrhunderten lebten, lange bevor der Islam entstand? Allein die Idee wurde von den Nachbarn gewaltsam abgelehnt.

Innerhalb von 24 Stunden nach Israels Staatsgründung 1948 fielen fünf arabische Staaten ein, um es noch in der Wiege zu ersticken. Sie scheiterten. So wie auch alle späteren Versuche, es zu zerstören – ob durch konventionelle Kriege, Intifadas, Raketenangriffe oder Terror-Tunnel.

Doch Israels militärischer Sieg war nur eine Front. Der tiefere Krieg – der heimtückischere – ist der Krieg um die Wahrnehmung. Und in diesem Krieg steht Israel einer viel dunkleren Kraft gegenüber: der Normalisierung antisemitischer Doppelmoral, die sich als soziale Gerechtigkeit tarnt.

Heute ist Antizionismus zur gesellschaftlich akzeptierten Maske des Antisemitismus geworden. Seine Anhänger rufen nicht mehr „Tod den Juden“, sondern „From the river to the sea“. Sie brennen keine Synagogen mehr nieder; sie boykottieren jüdische Geschäfte, schüchtern jüdische Studenten ein und leugnen das Juden das Recht auf Selbstbestimmung – im Namen der Befreiung.

DIESER HASS versteckt sich heute hinter dem Wort „Palästina“, aber das Ziel bleibt dasselbe: die jüdische Legitimität, Sicherheit und das Überleben.

Es ist wichtig, klar zu sagen: Kritik an Israel ist kein Antisemitismus. Aber Israel das Existenzrecht abzusprechen, ist Antisemitismus. Es nach Maßstäben zu beurteilen, an denen kein anderes Land gemessen wird, ist Antisemitismus. Sein Volk selbst unter Beschuss als dauerhafte Verdächtige zu behandeln, ist Antisemitismus.

Und trotzdem – selbst wenn der Hass lauter wird – darf Israel nicht zurückweichen. Im Gegenteil: Seine Antwort darf keine Beschwichtigung sein; sie muss moralische Klarheit sein.

Die Welt wirft Israel Apartheid vor, während arabische Bürger in seinem Parlament sitzen, seine Universitäten besuchen, in der Justiz tätig sind und sich frei in allen Städten bewegen. Die Welt nennt es ein Kolonialprojekt – als wäre die Rückkehr eines Volkes in seine angestammte Heimat nach zweitausend Jahren Exil, Verfolgung und Völkermord Kolonialismus. Die Welt beschuldigt es des Völkermords, während seine Armee Zivilisten vor Angriffen auf Terrorziele warnt, die in Wohnhäusern und Krankenhäusern versteckt sind – etwas, das keine andere Armee der Welt tut.

Israel darf sich nicht mehr für seine Existenz entschuldigen.

Israel darf seine Energie nicht darauf verwenden, um Verständnis zu betteln. Es muss aufhören, sich für seine Existenz zu entschuldigen. Es gibt keine moralische Rechtfertigung für den Beschuss von Spielplätzen mit Raketen, für Terroranschläge in Synagogen oder für den Einsatz der eigenen Bevölkerung als menschliche Schutzschilde. Es gibt keinen moralischen Höhenflug in dem Ruf nach der Auslöschung eines Staates.

Wie soll Israel also reagieren? Nicht nur mit militärischer Stärke, sondern mit einer starken Erzählung.

Es muss anfangen, seine Geschichte neu – und besser – zu erzählen. Die Welt braucht keine weitere verteidigende Pressemitteilung. Sie braucht Wahrheit mit Rückgrat. Sie braucht Stimmen, die nicht westlicher Anerkennung hinterherlaufen, sondern moralische Realität vertreten.

Israel darf nicht länger zulassen, dass seine Feinde die Begriffe der Debatte bestimmen. „Besatzung“? Das Land, das es angeblich besetzt, wurde den Palästinensern in unzähligen Friedensangeboten überlassen – alle abgelehnt, nicht wegen Grenzen, sondern wegen Israels Existenz. „Kolonialismus“? Es hat nie einen palästinensischen Staat gegeben, den man hätte kolonisieren können. Juden sind keine Fremden in Jerusalem, Hebron oder Tiberias. Sie sind Heimkehrer in ihre angestammte Heimat.

Und jenen, die „Free Palestine“ skandieren und gleichzeitig den Mord an jüdischen Zivilisten rechtfertigen, muss Israel entgegnen: Freiheit ist nicht das Recht, eine andere Nation auszulöschen.

Aber die Strategie darf nicht bei Verteidigung stehenbleiben. Israel muss auch kulturell, diplomatisch und intellektuell in die Offensive gehen. Es muss massiv in Medien, Geschichtenerzählen und internationale Bildung investieren. Keine trockenen Fakten, sondern kraftvolle Narrative, die Menschen emotional erreichen.

Menschen mobilisieren sich nicht wegen Tabellen – sie mobilisieren sich wegen Geschichten. Die Geschichte Israels ist stark – eine Geschichte von Trauma, Triumph, Wiedergeburt und Hoffnung. Die Welt muss sie von Israelis selbst hören – nicht gefiltert durch ausländische Korrespondenten oder politische NGOs.

Neben der Kommunikation muss Israel seine Allianzen neu definieren. Zu lange hat es um die Gunst westlicher Eliten gebuhlt, die sie ihm nie gewähren werden. Es ist an der Zeit, Partnerschaften nicht nur mit Regierungen, sondern mit Menschen aufzubauen – mit afrikanischen Innovatoren, osteuropäischen Denkern und arabischen Dissidenten, die Israels Stärke und Stabilität bewundern.

Israels moralische Unterstützung kommt vielleicht nicht mehr aus den traditionellen diplomatischen Hallen Europas, sondern aus einer neuen Koalition von Nationen und Individuen, die für das einstehen, was Israel wirklich verkörpert: Freiheit, Innovation und Überleben.

Im eigenen Land darf Israel niemals zulassen, dass der Hass von außen die Seele im Inneren vergiftet. Die Antwort auf Hass ist nicht Angst – sondern Glaube. Glaube an seine Demokratie, seine Widerstandskraft und seine Vielfalt. Der jüdische Staat muss das bleiben, was er immer sein wollte: ein Leuchtfeuer des Pluralismus und des Fortschritts in einer Region, die von Tyrannei erstickt wird. Seine größte Rache an seinen Feinden ist es, weiter zu gedeihen.

Und für Juden in aller Welt muss die Botschaft laut und deutlich sein: Ihr müsst euch nicht für eure Unterstützung Israels entschuldigen. Zionismus ist kein Extremismus; er ist Gerechtigkeit. Er ist der Glaube, dass Juden sicher leben dürfen – in dem einzigen Land, das existiert, um sie zu schützen, wenn die Welt sich wieder einmal abwendet.

Israel war nie dazu bestimmt, beliebt zu sein. Es war dazu bestimmt, zu überleben. Und es hat mehr getan als das – es hat einem zerstreuten Volk eine Zukunft, Würde und eine Flagge gegeben, unter der es sich versammeln kann. Diese blau-weiße Flagge ist kein Symbol der Eroberung. Sie ist ein Versprechen: Nie wieder werden Juden sich auf andere verlassen müssen, wenn es um Sicherheit, Gerechtigkeit oder Identität geht.

Ja, die Welt mag Israel hassen. Aber Israel existiert nicht, um geliebt zu werden. Es existiert, um frei zu sein. Und in seiner Freiheit hat es jeden Feind überlebt, jede Erwartung übertroffen und wieder und wieder bewiesen: Hass ist nicht stärker als Geschichte.

Am Ende muss Israel keine Herzen gewinnen, um zu siegen. Es muss nur aufrecht stehen – klar und furchtlos.

Und das wird es.

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  1. Amine Ayoub ist Politikanalyst und Autor mit Wohnsitz in Marokko. Er ist ein Fellow am Middle East Forum. Seine Beiträge erschienen unter anderem in der Jerusalem Post, Yedioth Ahronoth, Arutz Sheva, The Times of Israel und vielen weiteren Medien. In seinen Texten befasst er sich vor allem mit Islamismus, Dschihad, Israel und der Politik der MENA-Region. Auf Twitter ist er unter @amineayoubx aktiv.

Rotes Zeug: Warum wir Alles für Nichts eintauschen

Wolf Paul, 2025-05-06

C. Michael Patton1, Theologe und Gründer von Credo House, hat diesen Artikel auf seinem Blog veröffentlicht, und ich fand ihn so hilfreich für mein Verständnis von Sünde, dass ich mich entschlossen habe, ihn zu übersetzen und hier zu posten.
Ich habe Michael per E-Mail um Erlaubnis gebeten, konnte ihn aber bisher nicht erreichen. Daher nehme ich seine Zustimmung an und poste den Artikel trotzdem – ich kann ihn ja jederzeit wieder entfernen, falls er etwas dagegen hat.

Rotes Zeug: Warum wir Alles für Nichts eintauschen:
Hamartiologie für den Rest von uns

von C. Michael Patton

Wenn mich jemand in meinem normalen Alltag – in meiner selbsternannten Rolle als “Theologie-Zar” – danach fragen würde, würde ich ihm wahrscheinlich eine Maschinengewehr-artige Übersicht über die Sündenlehre aus dogmatischer Sicht geben. Zuerst würde ich es wahrscheinlich als “Hamartiologie” definieren. (Ja, vielleicht auch, um Eindruck zu schinden – mit 52 bin ich darüber noch nicht hinweg.)
Aber lieber wäre mir, dass sie die reiche Geschichte der christlichen Theologie im tiefen Nachdenken über Sünde kennenlernen.

Dann würde ich loslegen: persönliche Sünde, angerechnete Sünde, ererbte Sünde, Todsünden vs. lässliche Sünden, Sünden der Unterlassung vs. Sünden der Begehung — und der Vollständigkeit halber würde ich noch ein weiteres bedeutungsvolles Fremdwort fallen lassen: Augustinus’ concupiscentia (das musst du selbst nachschlagen).

Das ist es, was mir in den Sinn kommt.

Aber obwohl diese Unterscheidungen wichtig sind, würden sie den durchschnittlichen Menschen heute wahrscheinlich nur verwirren. Denn heutzutage ist das Wort Sünde nicht mehr nur ein altmodischer Begriff, der einen als “Fundamentalisten” dastehen lässt (wie zu meiner Zeit) — es ist fast schon ein vergessenes Relikt. Früher galt man als altmodisch, wenn man darüber sprach, heute kennen viele kaum noch die Bedeutung. Sie haben das Wort vielleicht schon mal gehört, aber es ist ihnen genauso fremd wie das Wort “Hamartiologie”.

(Hamartiologie bedeutet übrigens “die Lehre von der Sünde”, abgeleitet vom griechischen Wort ἁμαρτία (hamartía) – Sünde. Damit habe ich meinen kleinen R.C.-Sproul-Moment auch erledigt!)

Deshalb ist es meist besser, mit der einfachsten und praktischsten Definition zu beginnen:

Sünde ist das Verfehlen des Ziels.

So habe ich es immer gehört. So hat es auch mein Griechisch-Professor im Seminar definiert.
Stell dir einen Pfeil vor, der auf eine Zielscheibe abgeschossen wird, aber das Zentrum verfehlt.
Nur dass es hier darum geht, das Ziel zu verfehlen, das Gott für seine geliebten Kinder gesetzt hat.

Diese Definition ist gut – sehr gut. Aber ehrlich gesagt, denke ich, es gibt noch eine bessere Formulierung – eine, die Gottes Perspektive näherkommt. (Natürlich muss ich das behaupten!)

Hier ist meine Definition:

Sünde ist eine wertlose Entscheidung.

Das rote Zeug schlucken

Es gibt – in meinem Kopf – kein besseres Bild dafür als die uralte Geschichte von Jakob und Esau.
Und ja, sie ist wirklich uralt — aber für die meisten Menschen heute werden sie wahrscheinlich noch nie gehört haben..
Und das ist okay, denn wenn man erst einmal versteht, was passiert, vergisst man es nie wieder. Außerdem ist es auf eine tragische Weise auch irgendwie lustig.

Die Charaktere:
Zwei Brüder — der listige jüngere Bruder Jakob und der törichte ältere Bruder Esau.
Wie damals üblich, sollte der ältere Bruder das Familienerbe erhalten — einschließlich eines göttlichen Versprechens, eines Bundessegens, der die ganze Welt betreffen würde. Dies  wurde Erstgeburtsrecht genannt.

Die Szene:
Der Tag neigt sich seinem Ende zu in den Hügeln Kanaans. Jakob — das Muttersöhnchen mit weichen Händen und einer Begabung fürs Kochen — ist zu Hause und rührt in einem Kochtopf. Gleichzeitig heckt er einen Plan aus, um seinen Bruder hereinzulegen. Er sorgt dafür, dass der köstliche Duft seines Essens sich ausbreitet.

Währenddessen kommt Esau, der raue Jäger, durch die Tür gestürzt. Er war den ganzen Tag auf der Jagd (ohne Erfolg) — mit leeren Händen, verschwitzt, ausgehungert und halb überzeugt, dass er sterben wird. Er riecht das Essen. Er sieht Jakob am Herd, in einem Topf mit „rotem Zeug“ rühren, wie er es nennt. Und ohne nachzudenken, zeigt er darauf und… nun, lesen wir selbst:

Genesis 25,29–34

Jakob kochte ein Gericht. Da kam Esau vom Feld und war müde und sprach zu Jakob: Lass mich schnell von dem Roten essen, dem Roten da; denn ich bin müde. Daher heißt er Edom.
Aber Jakob sprach: Verkaufe mir zuvor dein Erstgeburtsrecht.
Esau antwortete: Siehe, ich muss doch sterben; was soll mir da das Erstgeburtsrecht?
Jakob sprach: So schwöre mir zuvor. Und er schwor ihm und verkaufte so Jakob sein Erstgeburtsrecht.
Da gab ihm Jakob Brot und das Linsengericht, und er aß und trank und stand auf und ging davon.
So verachtete Esau sein Erstgeburtsrecht.

Esau tauscht das Ewige gegen das Sofortige.

Er gibt das Erstgeburtsrecht — das Erbe, den Segen, die Verheißungen Gottes — für etwas her, das er nicht einmal richtig benennen kann. Er nennt es einfach „das rote Zeug“: „Das da… das Rote… was auch immer das ist… ist mir egal… Hauptsache, ich bekomme es jetzt.“

Und genau das ist die beste Definition von Sünde, die es gibt.

Denn das tut Sünde:

Sie lockt uns.
Sie überzeugt uns, dass wir sie „unbedingt brauchen — oder sterben“.
Sie spielt mit unserem Hunger, unserer Schwäche, unserer Verzweiflung.
Und in diesem Moment vergessen wir den Wert dessen, was wir bereits haben.

Der Tausch sieht immer notwendig aus.
Aber danach trifft uns die Wahrheit:
Wir haben alles für nichts eingetauscht.

Sünde ist eine wertlose Entscheidung.
Sie bedeutet, das abzulehnen, was Gott uns anbietet — das Potenzial, das Gott in uns sieht — für etwas Wertloses.

Eine Vater-Sohn-Illustration

Hier ein kleines Beispiel:

Ein Vater kommt in das Zimmer seines Sohnes und sieht ihn völlig vertieft in ein Videospiel.
Er ruft ihm zu:

  • „Willst du eine Bibelstunde mit mir machen?“ — „Nein.“

  • „Willst du mit Freunden wandern gehen?“ — „Nein.“

  • „Willst du ein Buch lesen?“ — „Nein.“

  • „Willst du mit mir essen gehen?“ — „Nein.“

  • „Willst du trainieren, Basketball spielen, jagen, angeln oder einfach nur Zeit mit mir verbringen?“ — „Nein.“

Egal, was der Vater vorschlägt — etwas Besseres, Tieferes, Bedeutenderes — die Antwort bleibt dieselbe.
Der Junge ist fixiert auf den Bildschirm und merkt nicht, was er verpasst.

Aber der Vater weiß es.
Er weiß, was sie hätten teilen können.
Er weiß, welche Erinnerungen sie hätten schaffen können.
Er weiß, welches Lachen, welche Verbindung, welches Wachstum möglich gewesen wäre.

Es ist keine offene Rebellion.
Es ist kein Hass.
Aber es tut weh.

Denn wenn du jemanden liebst, schmerzt es, wenn er die guten Dinge verpasst, die du für ihn bereithältst.

Und genau so — glaube ich — sieht Gott uns.

Gott hat uns für etwas Großartiges erschaffen:
Für Gemeinschaft, nicht für Flucht.
Für Freude, nicht für Ablenkung.
Für Herrlichkeit, nicht Langeweile.

Er hat uns geschaffen, um Gnade über Gnade zu empfangen und in der Berufung zu leben, die er seit Anbeginn der Zeit für uns vorbereitet hat.

Ein paar Verse dazu:

„Der Dieb kommt nur, um zu stehlen und zu schlachten und zu verderben; ich bin gekommen, damit sie Leben haben und es im Überfluss haben.“
(Johannes 10,10)

„Du wirst mir den Weg des Lebens zeigen; vor deinem Angesicht sind Freuden in Fülle, zu deiner Rechten Wonne ewiglich.“
(Psalm 16,11)

„Er, der doch seinen eigenen Sohn nicht verschont hat, sondern ihn für uns alle dahingegeben hat — wie wird er uns mit ihm nicht auch alles schenken?“
(Römer 8,32)

Er will uns nicht das Schlechte zeigen, sondern das Beste.

Aber jedes Mal, wenn wir sündigen, treffen wir eine wertlose Entscheidung.
Wir gehen daran vorbei.
Wir sagen: „Nein, danke.“

Wir tauschen die Ewigkeit für das Jetzt.
Für rotes Zeug.

Und Gott, wie ein Vater, sieht es — und es tut ihm weh.

Nicht, weil wir ein abstraktes Gesetz gebrochen haben.
Sondern weil wir ihn selbst zurückgewiesen haben.

Meine eigene rote Suppe

Warum hat Esau diesen Handel gemacht?

Ich würde gerne sagen, dass ich es nicht verstehe — aber ich verstehe es.

Ich bin mindestens genauso gut darin, wenn nicht sogar besser, ein Erstgeburtsrecht für irgendein rotes Zeug einzutauschen.

Es gab eine Zeit, da hatte Gott mein Wirken eindeutig gesegnet.

Das Credo House2 wuchs.

Das Credo House Coffee Shop3 — ein Traum, für den ich gebetet und den ich mir sehnlichst gewünscht hatte — war endlich Wirklichkeit geworden.

Ich erinnere mich noch daran, wie ich damals im Seminar in einem Kirchengeschichte-Unterricht saß und dachte:

“Gott, lass mich allen das zeigen. Lass mich ihnen die Schätze offenbaren, die ich gerade entdecke.”

Es fühlte sich an, als hätte ich Gold auf einem Feld gefunden — und alles, was ich wollte, war, es mit der Welt zu teilen.

Ich hatte eine Richtung.

Ich hatte eine Berufung.

Und eine Zeit lang begannen sich erste Früchte zu zeigen.

Aber dann wurde das Leben schwer.

Es waren nicht nur Kämpfe im Dienst.

Es ging tiefer — es war härter.

Familiäre Tragödien.

Ein Körper, der zu versagen begann, besonders mein Rücken.

Ein überwältigendes Gefühl, dass alles schneller zerfiel, als ich es retten konnte.

Und genau da traf ich eine wertlose Entscheidung.

Ich griff zu Schmerztabletten.

Am Anfang ging es bei den Tabletten nur um den Schmerz.

Mein Rücken tat höllisch weh — und die Tabletten wirkten.

Aber sie betäubten nicht nur meinen Körper, sie betäubten auch den Schmerz meiner Seele.

Unter dem Einfluss der Tabletten fühlte sich das Leben nicht mehr so schwer an.

Der Druck, die Angst, die Traurigkeit — all das trat in den Hintergrund, auch wenn es nur kurz war.

Zum ersten Mal seit Langem konnte ich wieder atmen.

Es war nicht nur körperliche Erleichterung.

Es war emotionale Erleichterung.

Spirituelle Erleichterung.

Die Tabletten flüsterten mir leise Versprechen zu — Versprechen, die ich unbewusst hörte:

  • „Jetzt bist du okay.“

  • „Du schaffst das.“

  • „Du musst das alles nicht mehr fühlen.“

Und eine Zeit lang glaubte ich ihnen.

Ich war nicht auf der Suche nach einem Kick.

Ich wollte nicht rebellieren.

Ich war einfach müde.

Müde vom Schmerz.

Müde vom Hoffen.

Müde davon, zu kämpfen und trotzdem unterzugehen.

Die Tabletten machten das alles erträglicher — sie gaukelten mir vor, dass Überleben möglich sei.

Aber es war ein Überleben ohne Vertrauen.

Erleichterung ohne Wiederherstellung.

Eine Abkürzung, die ins Nichts führte.

Sie boten mir Frieden — aber es war ein Frieden ohne Fundament.

Ein falscher Frieden — rotes Zeug, das im Moment gut aussah, aber mich am Ende leerer zurückließ.

Ich wusste, was Gott mir angeboten hatte.

Ich wusste um das Erstgeburtsrecht — die Berufung, die Mission, den Sinn.

Aber ich tauschte es ein.

Ich tauschte es gegen rotes Zeug.

Überleben statt Vertrauen.

Falscher Trost statt echtes Leben.

Und genau wie Esau lernte ich die Wahrheit zu spät:

Wir haben alles für nichts eingetauscht.

„Sie haben die Wahrheit Gottes mit der Lüge vertauscht.“

(Römer 1,25)

Was ist dein rotes Zeug? — Jeder hat seins

Ich hasse es, noch eine Illustration einzuführen — aber diese hier versteht wirklich jeder:

Sünde ist nicht nur eine wertlose Entscheidung.

Sünde ist nicht nur „rotes Zeug“.

Sünde ist auch so etwas wie spirituelles Impulskaufen.

Du kennst das Gefühl.

Du schlenderst durch ein Geschäft.

Plötzlich siehst du etwas, das du nicht brauchst und nicht geplant hast — aber es ruft nach dir.

Du legst es trotzdem in deinen Einkaufswagen.

Vielleicht suchst du Trost.

Vielleicht Bequemlichkeit.

Vielleicht einfach das Gefühl, dass du es verdienst.

Aber tief im Inneren weißt du, dass es eine schlechte Entscheidung ist.

Und kaum hast du es gekauft, setzt die Reue ein:

Käuferreue.

Wir alle kennen dieses Gefühl.

Und wenn wir nach der Sünde leben, ist es, als würden wir innerhalb dieser Käuferreue existieren — sie rechtfertigen, so tun, als wäre es eine gute Entscheidung gewesen, während wir tief im Inneren wissen, dass es nicht so ist.

Sünde verspricht Trost, aber sie liefert Leere.

Sie verspricht Erleichterung, aber sie hinterlässt Bedauern.

Sie ist spirituelles Impulskaufen in seiner schlimmsten Form.

Jeder hat etwas im Einkaufswagen.

Etwas, wonach wir ohne Nachdenken gegriffen haben.

Es sitzt da — macht Versprechen, nimmt Platz ein und zieht uns von den besseren Dingen weg.

Was ist es bei dir?

  • Ein Moment der Lust, wenn niemand zusieht?

  • Das endlose Scrollen durch Social Media?

  • Der Drink, der dich vergessen lässt?

  • Der Groll, den du nicht loslassen willst?

  • Das Kleid, das dir Anerkennung bringen soll?

  • Der Wutausbruch, der Erleichterung verschafft?

  • Der Trost, zu dem du greifst, statt zu Gott?

Wir alle haben unser “rotes Zeug”.

Und hier ist die Wahrheit:

Gott sieht es.

Er weiß es.

Wenn das rote Zeug zu Hass wird

Am Ende der Geschichte steht dieser erschütternde Satz — ein Satz, den man leicht überliest:

„So verachtete Esau sein Erstgeburtsrecht.“

(Genesis 25,34)

Das passiert, wenn wir oft genug das rote Zeug wählen.

Wenn wir immer wieder das eintauschen, wofür wir geschaffen wurden, gegen das, wofür wir nie gedacht waren.

Dann geschieht etwas Schlimmes:

Wir hören nicht nur auf, das Bessere zu bevorzugen — wir fangen an, es zu hassen.

Lass mich das noch einmal klar wiederholen:

Nicht nur: „Das ist nichts für mich.“

Nicht nur: „Ich lasse es lieber.“

Sondern: Wir fangen an, es zu verachten.

Warum?

Weil Schuld unser Herz verändert.

Wenn wir tief im Inneren wissen, dass wir etwas Gutes verraten haben — wenn wir uns betäubt haben und Bürger eines Landes geworden sind, in dem nur wertlose Entscheidungen zählen — dann bleibt uns oft nur eine Verteidigung:

Wir wenden uns gegen das Gute.

Wir sehen etwas Wertvolles im Einkaufswagen eines anderen — und wir lachen spöttisch.

Wir sehen jemanden, der im Licht wandelt — und wir spotten.

Wir begegnen der Wahrheit — und wir zucken zusammen.

Wir sehen Schönheit — und sie widert uns an.

Das ist es, was unverheilte Schuld bewirkt:

Sie verwandelt Ehrfurcht in Bitterkeit.

Sie macht aus Sehnsucht nach Gutem eine Abscheu dagegen.


Gott ist immer bereit, dich zurückzukaufen: Die Zeit ist jetzt

Bist du an diesem Punkt?

Selbst wenn ja:

Gott kann dich immer noch zurückbringen.

Selbst wenn du dein Erstgeburtsrecht eine Million Mal eingetauscht hast,

selbst wenn du vom roten Zeug bedeckt bist —

die Gnade Gottes steht immer noch.

Durch das, was Christus für dich am Kreuz getan hat, gibt es einen Weg zurück.

Hier kommt mein Lieblingsvers über das „rote Zeug“:

„Den, der von keiner Sünde wusste, hat er für uns zur Sünde gemacht, damit wir in ihm die Gerechtigkeit Gottes würden.“

(2. Korinther 5,21, LUT)

Und wenn du mir ein bisschen kreative Freiheit erlaubst, würde ich es so formulieren — in der Neuen Michael-Standard-Übersetzung (NMSÜ):

„Er ließ Christus — der nie rotes Zeug gekauft hat, der immer das Richtige gewählt hat, der niemals das Erstgeburtsrecht eingetauscht hat —  all das rote Zeug, das an dir klebt, auf sich nehmen, damit es so ist, als hättest du nie welches gehabt. Und dann legte er dir das Erstgeburtsrecht wieder in deinen Einkaufswagen.“

(2. Korinther 5,21, NMSÜ)

Christus hing am Kreuz, um einen hohen Preis für deine Sünde zu zahlen — für all deine wertlosen Entscheidungen.

Und seine Auferstehung beweist, dass das Geschäft besiegelt ist.

Dein Vater steht bereit — mit offenen Armen — und wartet darauf, dass du den Tausch rückgängig machst.

Gib es Christus.

Leg alles rote Zeug bei ihm ab.

„In ihm haben wir die Erlösung durch sein Blut, die Vergebung der Vergehungen, nach dem Reichtum seiner Gnade.“

(Epheser 1,7)

„Kehre zurück zu mir, denn ich habe dich erlöst.“

(Jesaja 44,22)

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  1. C. Michael Patton ist ein amerikanischer Theologe, Autor und Pädagoge, der sich dafür einsetzt,  christliche Theologie für Laien zugänglich zu machen. Er hat einen Th.M.-Abschluss in neutestamentlichen Studien vom Dallas Theological Seminary sowie einen B.A.-Abschluss in Biblischer Theologie von der University of Biblical Studies and Seminary in Bethany, Oklahoma.
    Michael entwickelte The Theology Program, ein sechsteiliges systematisches Theologiekurrikulum für Gemeindemitglieder, und gründete das Credo House of Theology, ein einzigartiges Café und Veranstaltungszentrum in Edmond, Oklahoma, das dafür gedacht ist, theologische Gespräche in einer einladenden Atmosphäre zu fördern.
  2. Das Credo Haus ist Michaels Mittel, um Theologie für normale Gemeindeglieder zugänglich zu machen
  3. Das Credo Haus Coffee Shop ist ein Lokal, in dem man in angenehmer Atmosphäre Theologie diskutieren, Vorträge anhören, theologische Bücher lesen kann

Red Stuff: Adventures in Trading Everything for Nothing

Wolf Paul,

C. Michael Patton1, theologian and founder of Credo House, posted this article, and I found it so helpful in thinking about sin that I decided to re-post it here. I e-mailed Michael asking for permission but seem to be unable to get in touch with him, so I decided to assume his permission and post it anyway I can always take it down again should he object.

Red Stuff: The Adventure of Trading Everything for Nothing
Harmartiology for the Rest of Us

by C. Michael Patton

 

If someone were to ask me this in my normal everyday context — in my self-appointed role as Theology Czar — I would probably give them a machine-gun overview of sin from a doctrinal perspective. First, I might define it as “hamartiology.” (Yes, I might be doing this to impress them — which is not above me, even at 52.) But more than likely, I would want them to know the rich history Christian theology has with thinking deeply about sin.

Then I’d pull the trigger: personal sin, imputed sin, inherited sin, mortal sins vs. venial sins, sins of omission vs. sins of commission — and, for good measure, I’d drop in another fancy word with a lot of meaning: Saint Augustine’s concupiscence (you will have to look that one up).

That’s what comes to mind right now.

However, while these distinctions matter, they would likely only confuse the average person today. After all, in today’s world, the word sin isn’t just an old-fashioned term that makes you sound like a “fundy” (as it was in my day) — it’s almost a forgotten relic in time. It used to label someone as old-school, but now, it’s so seldom used that many people barely know what it means. They’ve probably heard it, but it’s as unfamiliar to them as the word “hamartiology.”

(Hamartiology, by the way, means “the study of sin,” from the Greek word ἁμαρτία (hamartía), meaning “sin.” There — I got my R.C. Sproul moment out of the way!)

Because of that, it’s usually best to start with the simplest and most practical definition:

Sin is missing the mark.

That is how I have always heard it defined. That is how my Greek seminary professor defined it. Think of it like shooting an arrow at a target, but missing the center. But in this case, it’s missing the mark of God’s hopes for His children whom He loves.

This definition is good — very good.

But honestly, I think there’s an even better way to frame it — a way that gets closer to God’s perspective. (Leave it to me to claim exclusive access to that!)

Here’s my definition:

Sin is a worthless choice.

Swallowing the Red Stuff

There is simply — in my mind — no more vivid illustration of this than the age-old story of Jacob and Esau. And yes, it really is age-old — but for most people you talk to today, it will probably be the first time they’ve ever heard the story. And that’s okay, because it’s unforgettable once you really see what’s happening. Plus, it’s hilarious in its own tragic way.

Characters: Two brothers — one cunning younger brother, Jacob, and one foolish older brother, Esau. As was the custom of the day, the older brother stood to inherit the family fortune, which in this case included a divine promise — a covenant blessing that would impact the whole world. This inheritance was called a birthright.

Setting: The day is assuming room temperature in the hills of Canaan (i.e., the day is dying). Jacob — the mama’s boy with soft hands and a knack for cooking (as one would expect) — is at home, stirring a pot of stew and stirring up a massive plot to trick his brother. He knows exactly what he’s doing, making sure the smell of his gourmet cooking fills the air.

Meanwhile, Esau, the rugged outdoorsman, comes busting through the door. He’s been out hunting all day (with no luck) — empty-handed, sweaty, starving, and half-convinced he’s about to die. He smells food. He sees Jacob stirring a pot of “red stuff,” as he calls it. And without thinking, he points at it and… well, let’s just read what happens next:

Genesis 25:29–34

When Jacob had cooked stew, Esau came in from the field and he was famished; and Esau said to Jacob, “Please let me have a swallow of that red stuff there, for I am famished.” (Therefore his name was called Edom.)
But Jacob said, “First sell me your birthright.”
Esau said, “Behold, I am about to die; so of what use then is the birthright to me?”
And Jacob said, “First swear to me”; so he swore to him, and sold his birthright to Jacob.
Then Jacob gave Esau bread and lentil stew; and he ate and drank, and rose and went on his way.
Thus Esau despised his birthright.

Esau trades the eternal for the immediate. He gives up the birthright — the inheritance, the blessing, the covenant promises of God — for something he can’t even properly name. He just calls it “that red stuff.” You know… “That stuff that’s red over there. Whatever it is. I don’t care. Just give it to me.”

This is exactly what sin is. It’s the best definition there is.

Because that’s what sin does. It lures us in. It convinces us we must have it — “or we will die.” It preys on our hunger, our weakness, our desperation. And in that moment, we ignore the worth of what we already have.

The trade always looks necessary. But afterward, the truth hits us: We exchanged everything for nothing.

Sin is a worthless choice. It is rejecting that which God has offered us — the potential that God sees in us — for something worthless.

A Father-Son Illustration

Let me give you a father-son illustration.

A father walks into his son’s room and finds him glued to a screen, locked into the latest game that everyone is playing. He calls to him:

“Hey, want to have a Bible study?” “No.”
“Want to go hiking with your friends?” “No.”
“Want to read a book?” “No.”
“Want to grab a bite to eat with me?” “No.”
“Want to work out, play basketball, go hunting or fishing, or just hang out with me for a little bit?” “No.”

Anything the father suggests — anything better, anything deeper, anything more meaningful — gets the same answer. The boy is locked in, eyes on the screen, oblivious to what he’s passing up.

And the father knows. He knows what his son is passing up. He knows what they could have shared. He knows the memories they could have built. He knows the laughter, the connection, the growth that was waiting right there.

It’s not rebellion. It’s not hatred. But it still stings.

Because when you love someone, you ache for the good things you know they’re missing.

And in that moment, I see something bigger — something deeper.

Because I believe that’s exactly how God sees us.

God created us for something great. He created us to share in His very self — to bear His image, to reflect His character, to participate in His mission. He made us for glory, not boredom; for communion, not escape; for joy, not distraction.

He made us to receive grace upon grace and to walk in the purpose He laid out before time began.

This is the time for some verses to drive this in:

“The thief comes only to steal and kill and destroy. I came that they may have life, and have it abundantly.” (John 10:10)

“You make known to me the path of life; in your presence there is fullness of joy; at your right hand are pleasures forevermore.” (Psalm 16:11)

“He who did not spare his own Son but gave him up for us all, how will he not also with him graciously give us all things?” (Romans 8:32)

He created us because He is abundant life. He knows what it offers, and He is excited about it — and can’t wait (relatively speaking for God!) to share it with His children. Just like a parent looks at their young infant and says, “I can’t wait to show you what is out there.” You don’t think of the worst stuff to share, but the best.

But every time we sin, we make a worthless choice. We throw that away. We walk right past it. We say, “No thanks.”

We take all that greatness — the eternal value, the calling, the glory He longs to share with us — and we trade it.

We trade it for something that feels easier, lighter, safer. We say, “I’d rather have this… this stuff… that happens to be red.”

And God, like a Father, watches with a grieving heart. Not because we’ve broken some abstract rule — but because we’ve rejected Him. We’ve walked away from what could have been.

My Own Red Stuff

Why did Esau make that trade? I would like to say I don’t get it — but I do. I’m as good as anyone (maybe better) at exchanging a birthright for anything red.

There was a season when God had clearly blessed my ministry. The Credo House was growing. The Credo House Coffee Shop — a dream I had prayed for and longed for — had finally become a reality.

I still remember sitting in seminary, in a church history class, thinking, “God, let me introduce everyone to this. Let me show them the treasures I’m discovering.” It felt like I had found gold buried in a field, and all I wanted to do was share it with the world. I had a direction. I had a calling. And for a while, the fruit was beginning to show.

But then life got heavy. It wasn’t just ministry struggles. It was deeper than that — harder than that. Family tragedies. A body that began to fail, especially my back. An overwhelming sense that everything was unraveling faster than I could fix it.

And that’s when I made a worthless choice.

I turned to pain pills.

At first, the pills were about the pain. My back hurt — bad. And the pills worked. But they didn’t just numb the pain in my body. They numbed the ache in my soul too. On the pills, life didn’t feel so heavy anymore. The pressure, the fear, the sadness — it all faded, even if just for a little while. For the first time in a long time, I could breathe.

It wasn’t just physical relief. It was emotional relief. Spiritual relief.

The pills whispered promises to me — quiet promises I didn’t even realize I was listening to:

  • “You’re okay now.”
  • “You can handle it.”
  • “You don’t have to feel all of that anymore.”

And for a while, I believed them.

I wasn’t chasing a high. I wasn’t trying to rebel against God. I was just tired. Tired of hurting. Tired of hoping. Tired of feeling like I was drowning while trying to serve.

The pills made it all feel manageable again — like survival was possible.

But it was survival without trust. Relief without restoration. A shortcut that led nowhere. They offered me peace. But it was peace without a foundation. Counterfeit peace — red stuff that looked good in the moment but left me emptier in the end.

I knew what God had laid out in front of me. I knew the birthright He had given — the calling, the mission, the purpose. But I traded it.

I traded it for red stuff. For survival over trust. For counterfeit comfort over real life.

And just like Esau, I learned the truth too late:

We exchanged everything for nothing.

“They exchanged the truth of God for a lie.” (Romans 1:25)

What’s Your Red Stuff: Everyone’s Got Their Own

I hate to introduce one more illustration, but I think this is one everybody can understand.

Sin isn’t just a worthless choice. It isn’t just “red stuff.” It’s also like spiritual impulse buying.

You know the feeling. You’re walking through the store. You see something you don’t need, something you didn’t plan for — but it calls to you. You put it in your cart anyway. Maybe it’s comfort. Maybe it’s convenience. Maybe it’s just the feeling that you deserve it. But deep down, you know it’s a bad decision. And sure enough, the second you buy it, the regret sets in.

Buyer’s remorse.

We all know what that feels like. And when we live according to our sin, it’s like living inside of buyer’s remorse — justifying it, pretending it was a good choice, even while deep down we know it wasn’t.

Sin promises comfort, but it delivers emptiness. It promises relief, but it leaves us with regret. It’s spiritual impulse buying at its worst.

We’ve all got it. Something in our cart we don’t need. Something we grabbed without thinking. It’s sitting there — making promises, taking up space, and dragging us away from the better things.

What is it for you?

  • A moment of lust when no one’s watching?
  • The scroll that never ends?
  • The shot that will make you forget?
  • The grudge you love to hang on to?
  • The dress that will make everyone love you?
  • The explosive outburst that relieves your anger?
  • The comfort you reach for instead of God?

We all have our “red stuff.” And here’s the truth: God knows. He sees it.

When the Red Stuff Turns to Hate

At the end of the narrative, it says these haunting words — words that are easily missed:

“Thus Esau despised his birthright.”

That’s what happens when we choose the red stuff often enough. When we keep trading what we were made for in exchange for what we were never meant for, we don’t just prefer the lesser thing. Eventually, we begin to — not just not prefer — but to hate the greater thing.

Let me repeat for emphasis: Not just avoid it. Not just say, “That’s not for me.” But absolutely despise it.

Why? Because guilt reshapes our hearts. When we know deep down that we’ve pawned something good — when we’ve numbed ourselves as citizens of the land of worthless choices — the only defense we have left is to turn against the good.

We see it in someone else’s cart, and we laugh. We see others walking in it, and we scoff. We see truth, and we flinch. We see beauty, and we vomit.

That’s what guilt does when it isn’t healed — it turns reverence into resentment.

God is Always Ready to Buy You Back: The Time is Now

Are you at that point?

Even if you are, God can still bring you back. Even if you’ve traded your birthright a million times, even if you’re covered in red stuff — the grace of God, through what Christ did for you on the cross, still stands.

Let me introduce you to my favorite Red Stuff verse in the Bible:

“He made Him who knew no sin to be sin on our behalf, so that we might become the righteousness of God in Him.” (2 Corinthians 5:21, NASB)

And now, if you’ll allow me a little creative license — here’s how I imagine it in the New Michael Standard Version (NMSV):

“He made Christ — who never bought any red stuff, who always chose what was right, who never traded the birthright — to take the red stuff that’s all over you and put it on Himself, so that it might be as if you never had any red stuff at all. And then, He put the birthright back in your cart.” (2 Corinthians 5:21, NMSV)

He hung on a cross to pay a steep price for your sin — for all your worthless choices. And His resurrection proves that the deal is sealed. Your Father stands ready, arms open, for you to trade it all back.

Just give it to Christ.

“In him we have bought back through his blood, the forgiveness of our trespasses, according to the riches of his grace.” (Ephesians 1:7)

“Return to me, for I have redeemed you.” (Isaiah 44:22)

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  1. C. Michael Patton is an American theologian, author, and educator dedicated to making Christian theology accessible to laypeople. He holds a Th.M. degree in New Testament Studies from Dallas Theological Seminary and a B.A. degree in Biblical Studies from the University of Biblical Studies and Seminary in Bethany, Oklahoma.
    Michael developed The Theology Program, a six-course systematic theology curriculum designed for church members, and established the Credo House of Theology, a unique coffee shop and event center in Edmond, Oklahoma, designed to foster theological discussions in a welcoming environment.

Waffenbesitz ist ein Privileg, kein Recht

Wolf Paul,

Am frühen Morgen des 3. Mai 2025 hat in Maria Alm ein 32-jähriger Mann seine 34-jährige Ex-Freundin erschossen — einfach so, im Zorn, vor den Augen einer Zeugin. Der Täter ist jetzt auf der Flucht.1

Das Opfer hatte bereits vor der Tat Anzeige gegen den späteren Täter erstattet, wegen Bedrohung. Die Ermittlungen wurden allerdings mangels spezifischer Beweise für eine Straftat eingestellt.2

So weit ist das mehr oder weniger nachvollziehbar.

Was für mich absolut NICHT nachvollziehbar ist: Warum konnte der Mann nach Einstellung der Ermittlungen erfolgreich eine Waffenbesitzkarte beantragen? Er war zwar unbescholten (keine Vorstrafen), aber wäre das Vorliegen der Anzeige, trotz Einstellung, nicht nicht ein vernünftiger Grund gewesen, den Antrag zumindest so lange einzufrieren, bis sich die Gemütslage zwischen den beiden Kontrahenten beruhigt hat?

So konnte ein Mann, der auf seine Ex-Freundin zornig genug war, sie zu bedrohen (wenn auch nicht in strafbarer Weise), und dessen Zorn jetzt aufgrund ihrer Anzeige ins unermessliche gesteigert war, völlig legal eine Schußwaffe erwerben, mit der er seine Ex-Freundin letztlich ermordet hat.

Die Situation bei uns ist, was Waffengesetze angeht, nicht annähernd so verrückt wie in den USA, aber optimal ist sie leider auch nicht, mit tragischen Auswirkungen. Unbescholtenheit allein sollte kein ausreichendes Kriterium für den legalen Waffenbesitz sein; die psychische und moralische Unbedenklichkeit, durch sorgfältige Ermittlungen festgestellt, sollte ein ebenso wichtiges Kriterium sein, denn Waffenbesitz ist kein Recht, sondern ein Privileg.

A Lack of Democracy in Germany?

Wolf Paul, 2025-05-04

The German Office for the Protection of the Constitution has classified the “Alternative for Germany” (AfD) as “confirmed right-wing extremist,” and the other parties are united in the view that there can be no cooperation with the AfD — the so-called firewall (Brandmauer).

One may assess the usefulness of this “firewall” however one wishes, but it is rather odd when U.S. politicians like  Vice President J. D. Vance or Secretary of State Marco Rubio accuse Germany of lacking democracy and restricting freedom of the press and opinion because of it — while their boss, President Trump, has for months been openly musing about silencing media outlets, journalists, and politicians he deems objectionable with the help of a judiciary increasingly subservient to him.

The fact is that the AfD addresses issues that are close to the hearts of — or urgently concern — a growing share of voters. The “firewall” and blanket condemnation as right-wing extremist, without engaging with the real problems the AfD brings up, will inevitably strengthen the AfD — until, in some future election, the firewall will no longer be able to contain the flames of voter anger.

Incidentally, the same goes for how the Kickl-FPÖ is being handled here in Austria.

If the new German government, just like our black-red-pink coalition here, fails to visibly and effectively address the concerns and issues of AfD and FPÖ voters, then Germany and Austria are both heading — sooner or later — toward an absolute majority for the AfD or FPÖ. And it’s quite irrelevant how important one considers these concerns or how realistic one thinks the public’s worries are. In a democracy, it’s not only the concerns of various elites that count.

Demokratiemangel in Deutschland?

Wolf Paul,

Das deutsche Bundesamt für Verfassungsschutz hat die „Alternative für Deutschland“ (AfD) als „erwiesen rechtsextrem“ eingestuft, und die anderen Parteien sind sich einig darin, dass es keinerlei Zusammenarbeit mit der AfD geben darf – die sogenannte Brandmauer.

Wie nützlich diese „Brandmauer“ ist, mag jeder für sich beurteilen. Aber es wirkt schon seltsam, wenn ausgerechnet US-Politiker wie Vizepräsident J. D. Vance oder Außenminister Marco Rubio Deutschland wegen dieser Haltung mangelnde Demokratie und Einschränkungen der Presse- und Meinungsfreiheit vorwerfen – während ihr Chef, Präsident Trump, seit Monaten ganz offen darüber nachdenkt, ihm unliebsame Medien, Journalisten und Politiker mithilfe einer ihm zunehmend hörigen Justiz mundtot zu machen.

Tatsache ist: Die AfD spricht Themen an, die immer mehr Wählerinnen und Wählern am Herzen liegen – oder ihnen akute Sorgen bereiten. Die Brandmauer und die pauschale Verurteilung als rechtsextrem, ohne sich ernsthaft mit den sehr realen Problemen auseinanderzusetzen, auf die die AfD hinweist, werden die AfD zwangsläufig weiter stärken – bis irgendwann bei einer Wahl die Brandmauer die Flammen des Wählerzorns nicht mehr aufhalten kann.

Übrigens gilt das Gleiche auch für den Umgang mit der Kickl-FPÖ hier in Österreich.

Wenn die neue deutsche Regierung – wie auch unsere schwarz-rot-pinke Koalition hierzulande – es nicht schafft, die Sorgen und Anliegen der AfD- und FPÖ-Wähler sichtbar und wirksam aufzugreifen, dann steuern sowohl Deutschland als auch Österreich früher oder später auf eine absolute Mehrheit für AfD bzw. FPÖ zu. Und es ist völlig unerheblich, wie wichtig man diese Anliegen findet oder für wie realistisch man die Sorgen der Bevölkerung einschätzt. In einer Demokratie zählen nicht nur die Sorgen verschiedener Eliten.