Israel darf sich nicht länger für seine Existenz entschuldigen
Eeine arabische Stimme für das Existenzrecht Israels
Die Originalfassung dieses Artikel des marokkanischen Politikanalysten und Autors Amine Ayoub1 ist unter dem Titel, “Israel needs to stop apologizing for its existence” in der israelischen Zeitschrift Jerusalem Post erschienen. Die deeutsche Fassung wird hier mit Erlaubnis des Autors veröffentlicht.
Israel darf sich nicht länger für seine Existenz entschuldigen
Gastbeitrag von Amine Ayoub
Seit seiner Gründung wurde die Existenz Israels als Provokation betrachtet. Ein Zuhause für Juden? Im Nahen Osten? Das darf doch nicht wahr sein.
Es gibt eine Wahrheit, die viele sich nicht trauen auszusprechen: Israel wird nicht wegen seines Handelns gehasst, sondern wegen seines Wesens – als selbstbewusster, erfolgreicher, unbeugsamer jüdischer Staat in einer Region – und einer Welt –, die nie wollte, dass er überlebt.
Dieser Hass ist nicht logisch. Er gründet nicht in politischen Maßnahmen; er widerspricht allen Fakten. Und doch durchzieht er internationale Institutionen, Universitäten, westliche Medien und die Straßen der Großstädte Europas. Es ist gesellschaftlich akzeptabel – ja sogar modern – geworden, Israel zu verurteilen, weil es sich verteidigt, es als koloniales Projekt zu brandmarken und nicht für Koexistenz, sondern für seine Auslöschung zu kämpfen.
Und doch besteht Israel fort. Und nicht nur das – es blüht auf. Trotz unermüdlichem Druck baut es, erfindet, integriert, verteidigt und schafft Neues. Das ist nicht nur Widerstandsfähigkeit – das ist stille Auflehnung. Und genau das ist der Grund, warum es bestehen wird.
Seit seiner Gründung wurde Israels Existenz als Provokation betrachtet. Ein Zuhause für Juden? Im Nahen Osten? In Gebieten, in denen Juden seit Jahrhunderten lebten, lange bevor der Islam entstand? Allein die Idee wurde von den Nachbarn gewaltsam abgelehnt.
Innerhalb von 24 Stunden nach Israels Staatsgründung 1948 fielen fünf arabische Staaten ein, um es noch in der Wiege zu ersticken. Sie scheiterten. So wie auch alle späteren Versuche, es zu zerstören – ob durch konventionelle Kriege, Intifadas, Raketenangriffe oder Terror-Tunnel.
Doch Israels militärischer Sieg war nur eine Front. Der tiefere Krieg – der heimtückischere – ist der Krieg um die Wahrnehmung. Und in diesem Krieg steht Israel einer viel dunkleren Kraft gegenüber: der Normalisierung antisemitischer Doppelmoral, die sich als soziale Gerechtigkeit tarnt.
Heute ist Antizionismus zur gesellschaftlich akzeptierten Maske des Antisemitismus geworden. Seine Anhänger rufen nicht mehr „Tod den Juden“, sondern „From the river to the sea“. Sie brennen keine Synagogen mehr nieder; sie boykottieren jüdische Geschäfte, schüchtern jüdische Studenten ein und leugnen das Juden das Recht auf Selbstbestimmung – im Namen der Befreiung.
DIESER HASS versteckt sich heute hinter dem Wort „Palästina“, aber das Ziel bleibt dasselbe: die jüdische Legitimität, Sicherheit und das Überleben.
Es ist wichtig, klar zu sagen: Kritik an Israel ist kein Antisemitismus. Aber Israel das Existenzrecht abzusprechen, ist Antisemitismus. Es nach Maßstäben zu beurteilen, an denen kein anderes Land gemessen wird, ist Antisemitismus. Sein Volk selbst unter Beschuss als dauerhafte Verdächtige zu behandeln, ist Antisemitismus.
Und trotzdem – selbst wenn der Hass lauter wird – darf Israel nicht zurückweichen. Im Gegenteil: Seine Antwort darf keine Beschwichtigung sein; sie muss moralische Klarheit sein.
Die Welt wirft Israel Apartheid vor, während arabische Bürger in seinem Parlament sitzen, seine Universitäten besuchen, in der Justiz tätig sind und sich frei in allen Städten bewegen. Die Welt nennt es ein Kolonialprojekt – als wäre die Rückkehr eines Volkes in seine angestammte Heimat nach zweitausend Jahren Exil, Verfolgung und Völkermord Kolonialismus. Die Welt beschuldigt es des Völkermords, während seine Armee Zivilisten vor Angriffen auf Terrorziele warnt, die in Wohnhäusern und Krankenhäusern versteckt sind – etwas, das keine andere Armee der Welt tut.
Israel darf sich nicht mehr für seine Existenz entschuldigen.
Israel darf seine Energie nicht darauf verwenden, um Verständnis zu betteln. Es muss aufhören, sich für seine Existenz zu entschuldigen. Es gibt keine moralische Rechtfertigung für den Beschuss von Spielplätzen mit Raketen, für Terroranschläge in Synagogen oder für den Einsatz der eigenen Bevölkerung als menschliche Schutzschilde. Es gibt keinen moralischen Höhenflug in dem Ruf nach der Auslöschung eines Staates.
Wie soll Israel also reagieren? Nicht nur mit militärischer Stärke, sondern mit einer starken Erzählung.
Es muss anfangen, seine Geschichte neu – und besser – zu erzählen. Die Welt braucht keine weitere verteidigende Pressemitteilung. Sie braucht Wahrheit mit Rückgrat. Sie braucht Stimmen, die nicht westlicher Anerkennung hinterherlaufen, sondern moralische Realität vertreten.
Israel darf nicht länger zulassen, dass seine Feinde die Begriffe der Debatte bestimmen. „Besatzung“? Das Land, das es angeblich besetzt, wurde den Palästinensern in unzähligen Friedensangeboten überlassen – alle abgelehnt, nicht wegen Grenzen, sondern wegen Israels Existenz. „Kolonialismus“? Es hat nie einen palästinensischen Staat gegeben, den man hätte kolonisieren können. Juden sind keine Fremden in Jerusalem, Hebron oder Tiberias. Sie sind Heimkehrer in ihre angestammte Heimat.
Und jenen, die „Free Palestine“ skandieren und gleichzeitig den Mord an jüdischen Zivilisten rechtfertigen, muss Israel entgegnen: Freiheit ist nicht das Recht, eine andere Nation auszulöschen.
Aber die Strategie darf nicht bei Verteidigung stehenbleiben. Israel muss auch kulturell, diplomatisch und intellektuell in die Offensive gehen. Es muss massiv in Medien, Geschichtenerzählen und internationale Bildung investieren. Keine trockenen Fakten, sondern kraftvolle Narrative, die Menschen emotional erreichen.
Menschen mobilisieren sich nicht wegen Tabellen – sie mobilisieren sich wegen Geschichten. Die Geschichte Israels ist stark – eine Geschichte von Trauma, Triumph, Wiedergeburt und Hoffnung. Die Welt muss sie von Israelis selbst hören – nicht gefiltert durch ausländische Korrespondenten oder politische NGOs.
Neben der Kommunikation muss Israel seine Allianzen neu definieren. Zu lange hat es um die Gunst westlicher Eliten gebuhlt, die sie ihm nie gewähren werden. Es ist an der Zeit, Partnerschaften nicht nur mit Regierungen, sondern mit Menschen aufzubauen – mit afrikanischen Innovatoren, osteuropäischen Denkern und arabischen Dissidenten, die Israels Stärke und Stabilität bewundern.
Israels moralische Unterstützung kommt vielleicht nicht mehr aus den traditionellen diplomatischen Hallen Europas, sondern aus einer neuen Koalition von Nationen und Individuen, die für das einstehen, was Israel wirklich verkörpert: Freiheit, Innovation und Überleben.
Im eigenen Land darf Israel niemals zulassen, dass der Hass von außen die Seele im Inneren vergiftet. Die Antwort auf Hass ist nicht Angst – sondern Glaube. Glaube an seine Demokratie, seine Widerstandskraft und seine Vielfalt. Der jüdische Staat muss das bleiben, was er immer sein wollte: ein Leuchtfeuer des Pluralismus und des Fortschritts in einer Region, die von Tyrannei erstickt wird. Seine größte Rache an seinen Feinden ist es, weiter zu gedeihen.
Und für Juden in aller Welt muss die Botschaft laut und deutlich sein: Ihr müsst euch nicht für eure Unterstützung Israels entschuldigen. Zionismus ist kein Extremismus; er ist Gerechtigkeit. Er ist der Glaube, dass Juden sicher leben dürfen – in dem einzigen Land, das existiert, um sie zu schützen, wenn die Welt sich wieder einmal abwendet.
Israel war nie dazu bestimmt, beliebt zu sein. Es war dazu bestimmt, zu überleben. Und es hat mehr getan als das – es hat einem zerstreuten Volk eine Zukunft, Würde und eine Flagge gegeben, unter der es sich versammeln kann. Diese blau-weiße Flagge ist kein Symbol der Eroberung. Sie ist ein Versprechen: Nie wieder werden Juden sich auf andere verlassen müssen, wenn es um Sicherheit, Gerechtigkeit oder Identität geht.
Ja, die Welt mag Israel hassen. Aber Israel existiert nicht, um geliebt zu werden. Es existiert, um frei zu sein. Und in seiner Freiheit hat es jeden Feind überlebt, jede Erwartung übertroffen und wieder und wieder bewiesen: Hass ist nicht stärker als Geschichte.
Am Ende muss Israel keine Herzen gewinnen, um zu siegen. Es muss nur aufrecht stehen – klar und furchtlos.
Und das wird es.
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- Amine Ayoub ist Politikanalyst und Autor mit Wohnsitz in Marokko. Er ist ein Fellow am Middle East Forum. Seine Beiträge erschienen unter anderem in der Jerusalem Post, Yedioth Ahronoth, Arutz Sheva, The Times of Israel und vielen weiteren Medien. In seinen Texten befasst er sich vor allem mit Islamismus, Dschihad, Israel und der Politik der MENA-Region. Auf Twitter ist er unter @amineayoubx aktiv. ↩