Das Problem ist Deutschland?

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Ein von mir sehr geschätzter Autor hat auf Facebook einen kurzen Artikel zur “Religiöse Verbrämung des Angriffskriegs” gepostet, in dem er auf die Aussagen des russischen Patriarchen zum Krieg in der Ukraine einging.

Manche der Kommentare zu diesem Artikel haben mich erschreckt und lassen mir die Haare zu Berge stehen.

Hier dokumentiere ich, anonymisiert, einen Wortwechsel, den ich mit einem der Kommentatoren hatte.

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Ein Testosteron-getriebener Liebesbeweis?

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 Elfriede Hammerl, mit der ich nicht immer einer Meinung bin, deren Artikel im profil mich aber immer wieder zum Nachdenken bringen, erzählt im profil-Podcast eine Geschichte, die, gelinde gesagt, ein Armutszeugnis für unsere Gesetzeshüter ist:

Eine 16-jährigen Schülerin geht mit einer Freundin zur Polizei, um auf Rat einer Lehrerin einen Vergewaltigungsversuch durch einen 20-jährigen Bekannten anzuzeigen, und wird dort auf demütigende Weise „abgewimmelt.“

Es fängt an mit der Begrüßung durch einen Polizisten: „Na, seid’s ihr auch da, weil euch jemand aufs Popscherl geklopft hat?“

Sie bittet darum, mit einer Polizistin zu sprechen, aber auch dieses Gespräch verläuft äußerst unbefriedigend.

„Wieviel dumpfe, sexistiscche Idiotie hat sich in Köpfen abgelagert, auch in denen von Frauen, wenn eine Polizeibeamtin einen Vergewaltigungsversuch als Ausdruck verliebten Werbens deklariert, und einen hohen Testosteronspiegel als Entschuldigung für überhaupt alles,“ fragt Frau Hammerl, völlig zurecht.

Daß das Vertrauen der Schülerin (und auch der Lehrerin) in die Polizei erschüttert oder sogar völlig zerstört ist, versteht sich von selbst.

Wir leben in einer sehr widersprüchlichen Welt:

Einerseits wurde mir vor Jahren als Vater einer Teenage-Tochter von naïv-idealistischen Feministinnen gesagt, daß ich meiner Tochter nicht sagen darf, nächtens nicht leicht bekleidet in bestimmten Gegenden unserer Stadt herumzulaufen. Warum? Weil ich dadurch Gewalt- und Mißbrauchstäter „ermächtigen“ würde, und weil das meiner Tochter die Schuld an eventuellen Übergriffen geben würde. Vielmehr müsse man daran arbeiten, daß Männer lernen, sich zu beherrschen und schöne Frauen zu bewundern, ohne an Sex zu denken; und freizügige Kleidung habe ohnehin nichts damit zu tun.

Dabei ignorieren diese naïven Idealisten ein paar Fakten:

  • Meine Warnung an meine Tochter betraf Zufallsbegegnungen mit Unbekannten, die in dieser Situation sicher nichts lernen wollen und werden;
  • Wer behauptet, daß freizügige Kleidung nichts mit sexuell motivierter Gewalt durch Männer zu tun hat, hat keine Ahnung vom männlichen Sexualtrieb;
  • Und auch die Vorstellung, daß Männer schöne Frauen bewundern können ohne an Sex zu denken, zeugt von großer Ignoranz. Natürlich verwerfen und unterdrücken die meisten Männer solche Gedanken oder beschränken sich auf anzügliche Blicke oder Pfiffe.

Andererseits stehen offenbar manche Polizisten und Polizistinnen (und nicht nur sie) auf dem Standpunkt, daß sexuelle Belästigung und sogar (versuchte) Vergewaltigung im Bekanntenkreis, durch scheinbar vertrauenswürdige Personen, nicht mehr ist, als ein ungeschickter und Testosteron-getriebener Liebesbeweis, und daß sich die Frauen doch bitte nicht so anstellen mögen.

Das zerstört nicht nur das Vertrauen betroffener Frauen in die Polizei und den Rechtsstaat insgesamt; sondern es zerstört auch mein Vertrauen, daß die Polizei auf sexuelle Gewalt bei Zufallsbegegnungen im öffentlichen Raum angemessen reagieren würde, statt zu sagen, „Na, hättest Dich halt anders angezogen.“

Das, und nicht meine Warnungen an meine Tochter, „ermächtigt“ Männer, die ihren Sexualtrieb nicht unter Kontrolle haben und die Mädchen und Frauen für Freiwild halten.

Und es macht meine Warnung an meine Tochter umso notwendiger, für alle Frauen. Und diese Warnung ermächtigt und entschuldigt nichts; weist auch den Frauen keine Schuld zu; sondern nimmt zur Kenntnis, daß wir in einer verdorbenen (oder, wie die Bibel sagt, sündigen) Gesellschaft leben.

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BPW 2022: Enttäuschende Kandidatenliste

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Am 9. Oktober wird der Bundespräsident, das Staatsoberhaupt der Republik Österreich, gewählt und obwohl der Inhaber diesen Amtes lediglich symbolische Macht (und eventuell moralischen Einfluß) hat, bin ich von der Kandidatenliste für diese Wahl ziemlich enttäuscht.

Amtsinhaber Alexander van der Bellen (AvdB) war, obwohl mir persönlich sympathisch, vor allem wegen seiner Mitgliedschaft und Funktion bei den Grünen[1], 2016 nicht mein Wunschkandidat.

Trotzdem habe ich ihn vor sechs Jahren gewählt, weil von Anfang an klar war, daß nur AvdB und Norbert Hofer von der FPÖ eine Chance hatten, gewählt zu werden, und ich AvdB für das kleinere Übel hielt, weil für mich die FPÖ “außerhalb des Verfassungsbogens[2] steht.

Ich werde AvdB diesmal wieder wählen, weil er sein Amt bisher fair und mit Augenmaß ausgeübt hat, und die anderen Kandidaten für mich aus einem oder nehreren Gründen unwählbar sind:

  • Walter Rosenkranz und Gerald Grosz sind bzw waren brave Parteisoldaten der Kickl-FPÖ bzw. des Haider-BZÖ, beides Parteien, die für mich absolut unwählbar sind;
  • Tassilo Wallentin ist durch antisemitische und misogynistische Aussagen aufgefallen sowie als Strafverteidiger durch skurrile Rechtsargumente, bei denen es mir die Haare aufstellt;
  • Heinrich Staudinger (den ich bisher für einen vernünftigen Menschen gehalten habe) sagt, er hält sich nur an Gesetze, die er persönlich für sinvoll hält;
  • Michael Brunner ist ein Verschwörungstheoretiker, dessen politisches Programm sich im wesentlichen auf den Widerstand gegen Anti-Covid-Maßnahmen beschränkt; und
  • Dominik Wlazny alias Marco Pogo disqualifiziert sich schon allein durch den Namen seiner Partei, der einen Mangel an Respekt gegenüber den Institutionen der Republik ausdrückt – ich mag Kabarettisten und Clowns, aber nicht im höchsten Amt des Staates[3].

Dies sind natürlich alles nur meine persönlichen Einschätzungen und Wahrnehmungen, und auch nicht als moralische Verurteilungen zu verstehen; ich respektiere durchaus das Recht der Kandidaten, ihre Überzeugungen zu haben und zu vertreten, oder bestimmten Parteien anzugehören; aber genauso habe ich das Recht, sie aufgrund ihrer Überzeugungen oder Parteizugehörigkeit zu wählen oder eben nicht zu wählen, und auch zu sagen, was ich von ihren Überzeugungen und Parteien halte.

__________
  1. Die Grünen haben sich von einer Umweltpartei, mit deren Zielen ich mich weitgehend identifizieren konnte, in eine “progressive” Linkspartei (links von der SPÖ) gewandelt.[]
  2. Ich teile diese Einschätzung der FPÖ und ihres Ablegers BZÖ duch Andreas Khol vor vielen Jahren; zu seinen Gründen von damals sind in meinen Augen seither noch viele andere hinzugekommen.[]
  3. Vielleicht sollte ich meine Einstellung zu Kabarettisten angesichts von Woldymyr Selinskyj überdenken sollte.[]
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Wandel, Zerfall in allem sehen wir

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Diese Gedanken von Chad Bird zu zwei Zeilen aus dem Lied Bleib bei mir, Herr haben mich so angesprochen, daß ich ihn um Erlaubnis gebeten habe, sie zu übersetzen.


Rasch wie ein Tag verrinnt des Lebens Zeit,
die ird’sche Freud und jede Herrlichkeit.
Wandel, Zerfall in Allem sehen wir;
Herr, der Du ewig bleibst, bleib auch bei mir!

Wandel, Zerfall in Allem sehen wir“ – Wir singen dies, wir leben es, und oft genug bluten und weinen wir es auch.

  • Familien zerfallen, Ehen zerbrechen, unsere Hoffnungen für eine schöne Zukunft werden durch Katastrophen überschattet.
  • Menschen, denen wir glaubten, vertrauen zu können, fallen uns in den Rücken.
  • Die Preise steigen während die Löhne sinken, wir haben immer mehr Stress und können immer weniger schlafen..
  • Kirchengemeinden werden aufgelassen, Pastoren sind verzweifelt, und unser ohnehin schwache Glaube kämpft ums Überleben

In unserer Welt, voll von Metastasen des Bösen, der Ungerechtigkeit und Bosheit, sind wir einer endlosen Liste von Wandel und Zerfall ausgesetzt, um uns herum, aber auch in uns selbst.

Also rufen wir, „Herr, der Du ewig bleibst, bleib auch bei mir!“ Und er bleibt. So nah wie die Nässe unserer Tränen. So nah wie das Blut in unseren Herzen. Gott mit uns, in uns, über uns, unter uns, als unser Bruder, Jesus. Er hält uns, bis wir zum Zittern aufhören. Er heilt uns, bis der Schmerz nachläßt. Er liebt uns, bis die Tränen trocknen.

Er ist der Gott, der uns nie verläßt. Wie könnte er auch? Wir sind ihm mehr wert als sein eigenes Leben. Das Kreuz posaunt diese unabänderliche Wahrheit hinaus: Jesus ist lieber gestorben, als uns, die Seinen, zu verlieren.

Ursprünglich auf Facebook gepostet, 21. September 2022. Copyright © 2022 by Chad Bird. Deutsche Übersetzung von Wolf Paul mit freundlicher Genehmigung des Autors.

Die Liedstrophe am Anfang stammt aus dem Lied, Bleib bei mir, Herr (Abide With Me),  Übersetzung von ©  Bertram Kottmann

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Wozu dienen TV-Debatten?

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Bundespräsident Alexander Van der Bellen will sich auf keine Fernseh-Debatten mit seinen Konkurrenten einlassen, denn „der amtierende Bundespräsident müsse darauf achten, dass das Amt nicht beschädigt werde. Der Sinn von TV-Konfrontationen sei, die eigenen Positionen darzulegen. Diese Gelegenheit müsse man seinen Konkurrenten geben. Doch der Amtsinhaber brauche diese Plattform nicht mehr, weil die Bevölkerung sich bereits ein Bild von ihm habe machen können.

Ich halte das für eine kluge Entscheidung.

Van der Bellen beschreibt das Ziel solcher Debatten ja sehr diplomatisch, denn in Wirklichkeit geht es dabei ja darum, das eigene Profil zu schärfen, indem man sich öffentlichkeitswirksam und persönlich am Konkurrenten reibt und versucht, ihn „vorzuführen“.  Wenn Van der Bellen (wohl zu Recht) meint, daß er das nicht nötig hat, ist es verständlich, daß er seinen Konkurrenten nicht die Möglichkeit dazu geben will; durch seine Weigerung, den Reibebaum abzugeben,  beschränkt er die Mitbewerber tatsächlich darauf, „die eigenen Positionen darzulegen.“


Eingebetteter Inhalt: https://orf.at/stories/3286164/

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DAFÜR ist das Militär da!

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Meine Frau (sie ist Engländerin) und ich haben heute fast den ganzen Tag vor dem Fernseher verbracht, mit der BBC-Berichterstattung über die Begräbnisfeierlichkeiten für Königin Elizabeth, die verschiedenen Prozessionen mit dem Sarg, und den Begräbnisgottesdienst in der Westminster Abbey. Dort war eine Trauergemeinde von rund zweitausend geladenen  Gästen versammelt, darunter hunderte Staats- und Regierungschefs, und Erzbischof Justin Welby erinnerte sie in seiner Predigt daran, daß die, vor allem auch Führer, die den Menschen dienen, geliebt und in gutem Andenken bewahrt werden, während die, die sich an ihre Macht und Privilegien klammern, bald vergessen sein werden.

Alles endete dann in St. George’s Chapel in Windsor, wo die eigentliche Bestattung stattfand und die Königin neben ihrem Mann, Prinz Philip, begraben wird.

Alles hat wie am Schnürchen geklappt, und ich war sehr beeindruckt von den Menschenmengen: sowohl denen entlang der Prozessionsrouten in London und Windsor, als auch den großen Menschenansammlungen in Städten wie Edinburgh, Manchester, und sogar Christ Church, Neuseeland.

Noch viel beeindruckender war für mich das riesige Aufgebot an Soldaten aus allen Zweigen des britischen Militärs, in ihren bunten Uniformen, mit ihren sorgfältig choreographierten Schritten und Bewegungen, alles im Auftrag von und zu Ehren ihrer verstorbenen Monarchin.

Dann mußte ich daran denken, was andere Soldaten im Auftrag ihrer Führer machen, wie zum Beispiel die russischen Soldaten, die im Auftrag von Vladimir „Schlächter“ Putin unter dem Vorwand einer Bedrohung durch die NATO und „ukrainische Nazis“ ein Nachbarland überfallen haben, und dort seit mehr als sechs Monaten zivile Ziele wie Spitäler und Schulen bombardieren, Zivilisten, einschließlich Kinder, foltern, vergewaltigen, und töten, und die den ganzen Kontinent bedrohen, indem sie immer wieder die Umgebung des größten europäischen Kernkraftwerks bombardieren.

Und auch an die ukrainischen Soldaten mußte ich denken, die ihre Heimat mit unglaublicher Tapferkeit und Einfallsreichtum verteidigen, und ich kam zu folgendem Schluß:

Das beeinduckende Spektakel heute in London und Windsor, sowie die mutige Verteidigung der Ukrainer gegen einen feigen, grausamen und brutalen Aggressor: DAS ist es, wofür Militär recht gebraucht wird. Das, was Schlächter Putin angeordnet hat, eine räuberische und brutale Invasion eines Nachbarlandes, ist ein Mißbrauch des Militärs, und das darf man ihm nicht durchgehen lassen, dafür muß er von der internationalen Gemeinschaft zur Verantwortung gezogen werden.

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Rote Fäustlinge für die Königin

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Ein Tribut an Königin Elizabeth II von Ian Kleinsasser, Crystal Spring, anläßlich ihres Todes
9. September 2022

Dieser Bericht liefert eine plausible Erklärung dafür, warum Königin Elizabeth II von England im Rahmen ihres Besuche in Manitoba (Kanada) , aus Anlaß der Hundertjahrfeier der Provinz Manitoba, eine Hutterer-Kolonie besucht hat.

(Für eine kurze Vorstellung der Hutterer, bitte hinunterscrollen)

Die Geschichte beginnt im Januar oder Februar 1969, ungefähr ein Jahr vor dem Manitoba-Besuch der Königin. An einem verschneiten Wintertag war eine hutterische Frau namens Hans-Rebecca[1], in der Rainbow Hutterer-Kolonie[2] fleißig dabei, zwei Paar rote Wollfäustlinge zu stricken. Auf die Frage, für wen diese Fäustlinge gedacht waren, antwortete Hans-Rebecca, „Das sind keine gewöhnlichen Fäustlinge; ich stricke sie für Königin Elizabeth II.“

Und tatsächlich, als Hans-Rebecca die Fäustlinge fertiggestrickt hatte, packte sie sie ein und schickte sie über den Atlantik zum Buckingham Palace in London. Einen Monat später landete ein sehr offiziell aussehender Brief auf Hans-Rebeccas Tisch. Der Brief war von einer der Hofdamen von Königin Elizabeth, und darin stand:

„Königin Elizabeth nimmt normalerweise keine persönlichen Geschenke aus der Bevölkerung an, macht jedoch in diesem Fall eine Ausnahme.“

In dem Brief stand auch, daß Königin Elizabeth anläßlich ihres Kanada-Besuches im Jahr 1970 gerne eine Hutterer-Kolonie besuchen würde. Die Hofdame dankte Hans-Rebecca für die Fäustlinge und sagte, daß Königin Elizabeth ihr ausrichten ließ, daß sie die Fäustlinge gut für ihre Kinder brauchen könnte.

Als Königin Elizabeth II dann 1970 nach Kanada reiste, äußerte sie tatsächlich den Wunsch, eine Hutterer-Kolonie in Manitoba zu besuchen, und obwohl Hans-Rebecca möglicherweise die Auslöserin dieses Besuches war, war es ihr nicht vergönnt, die Königin zu treffen. Nur junge Leute, Diene (Dirndeln) und Buem (Buben) wurden zu dem Treffen mit der Königin in Milltown eingeladen[3].

Die Geschichte von Hans-Rebecca ist eine plausible Erklärung dafür, warum Königin Elizabeth eine Hutterer-Kolonie in Manitoba besuchen wollte, erklärt aber nicht, wie dieser Besuch aus politischer oder organisatorischer Hinsicht zustande kam, soll heißen, wer die Fäden gezogen hat, um ihn zu ermöglichen. Dazu  findet man in einem Artikel von Kevin Rollason in der Winnipeg Free Press, mit dem Titel, „A Brush With History“ („Anstreifen an der Geschichte“), nähere Details:

Laut Rollason hat der damalige Premierminister von Manitoba, Edward Schreyer, eine Schlüsselrolle dabei gespielt, den Besuch in der Milltown Hutterer-Kolonie zu ermöglichen. Schreyer war sehr verrtraut mit den Hutterern und hatte dazu beigetragen, das Gentleman’s Agreement[4] aufzuheben, das den Hutterer-Kolonien in Manitoba unfaire Beschränkungen auferlegt hatte. Schreyer schildert in dem Free Press-Artikel seine Perspektive:

„Das (der Wunsch, eine Hutterer-Kolonie zu besuchen) war etwas ungewöhnlich, aber ich habe zum Telefon gegriffen und die Milltown-Kolonie angerufen, um zu fragen, ob die Königin eine Hutterer-Kolonie besuchen könne. Am nächsten Tag sagten sie (die Hutterer-Leiter) zu. Kurz gesagt, die Königin war sehr erfreut und sagte bei mindestens zwei Gelegenheiten, wie sehr sie sich über diesen besonderen Besuch gefreut hatte. Und als die Königin und Prinz Philipp zwei oder Tage später auf dem Flughafen waren, um abzureisen, wurden sie von einer kleinen Gruppe aus der Kolonie verabschiedet.“

Schreyer liefert hier eine gute Erklärung, wie dieser Besuch zustande kam, und weist auch darauf hin, wie ungewöhnlich diese Bitte von Königin Elizabeth war. Könnte es sein, daß das Geschenk von zwei Paar roten Fäustlingen im Jahr zuvor die Ursache war, daß sich die Behörden in Manitoba jetzt mit dieser ungewöhnlichen Bitte abgeben mußten?

Schreyers Bericht erklärt auch nicht, warum gerade die Milltown Hutterer-Kolonie für diesen Besuch ausgewählt wurde. Ein wahrscheinlicher Grund ist die Nähe der Kolonie zur Bahnstrecke und zum Bahnhof in Elie, Manitoba.

Als die Königin in Milltown ankam wurde sie von einer neugierigen Menschenmenge hutterischer Frauen, Männer und Kinder erwartet, Bewohnner der Milltown-Kolonie sowie anderer Hutterer-Kolonien aus der Umgebung. Nach einer Führung durch die Milltown Kleinschul (Kindergarten), das Kirchengebäude und den Speisesaal der Kolonie kehrte Königin Elizabeth wieder zu ihrem Fahrzeug zurück. Bevor sie abfuhr, sangen die jungen Mädchen der James Vallery Hutterer-Kolonie nahe Elie nach einigen Berichten das Lied Should We Meet No More von Daniel O Teasley. Andere berichten, daß sie God Be with You Till We Meet Again sangen. Als zwei hutterische Männer, Josh Hofer und sein Sohn Nathanial Hofer mit den James Valley-Mädchen ein deutsches Lied ansyimmten, stellte sich Prinz Philipp dazu und sang mit[5].

Schließlich verließen Königin Elizabeth und ihre Begleiter die Milltown-Kolonie und fuhren zum Bahnhof von Elie zurück, gefolgt von vielen Hutterern, die den königlichen Zug abfahren sehen wollten. Königin Elizabeth stand auf der hinteren Plattform des Zuges und winkte der jubelnden Menge auf dem Bahnsteig der Canadian National Railway zum Abschied zu.

Wahrscheinlich werden wir nie wissen, ob es zwei Paar handgestrickte rote Wollfäustlinge waren, die zum Wunsch der Königin geführt haben, bei ihrer Kanada-Reise im Jahr 1970 auch eine Hutterer-Kolonie in Manitiba zu besuchen. Was wir aber sehr wohl wissen über den Besuch der Königin: daß sie kam! Und daß seither viele kanadische Hutterer gerne an diesen Besuch zurückdenken. Heute trauern wir, gemeinsam mit tausenden Menschen weltweit, um eine bemerkenswerte Persönlichkeit, die Königin Elizabeth II. Gott mit dir bis wir uns wiedersehen!

Copyright © 2022 by Ian Kleinsasser.  Übersetzt und hier veröffentlicht mit Genehmigung des Autors. Photo Credit: Mennonite Heritage Archives.

Ein Hinweis des Übersetzers:

Die Hutterer sind sogenannte Täufer, die im frühen 16. Jahrhundert in Südtirol entstanden sind. Aufgrund von religiöser und politischer Verfolgung migrierten sie über Mähren (Tschechien) und Oberungarn (heute Slowakei) nach Siebenbürgen (Rumänien), wo sie mit Kärntner Geheimprotestanten, die ebenfalls vor der Verfolgung durch die Habsburger geflohen waren, in Kontakt kamen, infolgedessen ihr Tiroler Dialekt weitgehend durch das Kärntnerische ersetzt wurde. Von dort ging es weiter in die Walachei (Südrumänien) und schließlich in die Ukraine (damals Russisches Reich). Nachdem im späten 19. Jahrhundert ihre Wehrdienstbefreiung in Frage gestellt wurde, migrierten sie zwischen 1874 und 1879 in die USA, und dann, in der Zwischenkriegszeit aus ähnlichen Gründen nach Kanada, wo die meisten Hutterer heute leben.
 
Die Hutterer leben in Gütergemeinschaft (nach Apostelgeschichte 2), in Siedlungen, die Kolonien genannt werden. Es gibt drei große Gruppen, die Schmiedeleut, die Dariusleut und die Lehrerleut, benannt nach ihren Begründern, sowie etliche kleinere verwandte Gruppen, darunter die Bruderhof-Gemeinschaft, die gerade dabei ist, ihre zweite Niederlassung in Österreich zu gründen.
Für eine ausführlichere Beschreibung empfehle ich diesen Wikipedia-Artikel.
__________
  1. Hans-Rebecca: Rebecca Maendels Vater hieß Hans. Früher war es üblich, den Vornamen ihres Vaters an den eigenen Vornamen anzuhängen, um sich von anderen Trägern des gleichen Namens innerhalb einer Kolonie zu unterscheiden.[]
  2. Die Rainbow Hutterer-Kolonie lag in Île des Chênes, Manitoba.[]
  3. Zur Zeit des königlichen Besuches war Hans-Rebecca 48 Jahre alt. Sie war zwar noch unverheiratet, galt aber nicht mehr als Teil hutterischen Jugendgruppe und fuhr daher auch nicht mit der Gruppe mit, die Königin zu sehen.[]
  4. Das Gentleman’s Agreement wurde 1957 als Reaktion auf Befürchtungen wegen des Wachstums der Hutterer zwischen dem Städtebund von Manitoba und den Hutterern geschlossen und begrenzte sowohl die Zahl als auch die Größe der Hutterer-Kolonien. Es war von Anfang an diskriminierend und wurde immer schwieriger einzuhalten. 1970 wurde es, nach einem Rechtsstreit infolge eines größeren Landkaufs einer Kolonie von der Manitoba Menschenrechtskommission als diskriminierend und daher rechtswidrig aufgehoben.[]
  5. Das deutsche Lied war „Ich habe nun den Grund gefunden“.[]
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Ein unerwarteter Held: Wolodymyr Selenskyj

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Diesen Worten von David Ignatius in der „Washington Post“ kann ich mich nur anschließen: ich bin sehr von Wolodymyr Selenskyj beeindruckt.

Als er gewählt wurde, habe ich ihn, wie die meisten Politiker und Journalisten und viele andere außerhalb der Ukraine, für ein Leichtgewicht gehalten. Auch Putin hat ihn offenbar für ein Leichtgewicht gehalten, das er nur mal kurz anblasen muß, damit er umfällt: wie sich herausstellt, ein fataler Irrtum.

Egal, ob wir damit recht hatten oder nicht; sowohl der ukrainische Präsident als auch seine Gattin sind in dieser von Putin angezettelten Krise weit über sich hinausgewachsen. Er hat seinen Mangel an militärischer und außenpolitischer Erfahrung dadurch wettgemacht, daß er sich mit erfahrenen Ratgebern umgibt und tatsächlich auf sie hört; seine Weigerung, sich und seine Familie im Ausland in Sicherheit zu bringen erinnert an die Entscheidung der britischen Royals, während des zweiten Weltkriegs in London zu bleiben statt sich nach Kanada abzusetzen. Diese Entscheidung, sowie seine regelmäßigen Videobotschaften, die belegen, daß er sich tatsächlich in Kiew aufhält, haben ihm die mehrheitliche Unterstützung der Bevölkerung gesichert: laut einer Umfrage im März 2022 über 90%.

Der Screenshot oben stammt von David Ignatius’ Kolumne in der Washington Post,  “How Ukraine’s offensive changes the equation for Putin and Zelensky” (“Wie die ukrainische Offensive die Gleichung für Putin und Selenskyj verändert hat”, September 13, 2022)

 

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Ehre der Ukraine und Sieg ihren Verteidigern!

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Слава Україні та перемога її захисникам!

Ich bin in einer Familie aufgewachsen, wo einerseits Krieg als etwas ganz Schreckliches und Abzulehnendes angesehen wurde (ich habe ziemlich früh Bücher wie E. M. Remarques „Im Westen nichts Neues“ gelesen, welches die Schrecken des Ersten Weltkriegs schildert), andererseits aber durchaus auch Dankbarkeit herrschte gegenüber den Alliierten des Zweiten Weltkriegs, die gegen Hitler und seine Schergen gekämpft und unser Land von Nazideutschland befreit hatten, und dann (zumindest die Amerikaner) auch den Wiederaufbau finanziell unterstützt haben.[1]

Nach meiner Bekehrung zu einem entschiedenen, evangelikalen Christentum tendierte ich sehr stark in Richtung der Theorie des Gerechten Krieges; dabei war mir durchaus bewußt, daß die Beurteilung, ob ein Krieg „gerecht“ war, voll dorniger Fragen war.

Im letzten Jahrzehnt, als Reaktion auf den katastrophalen Ausgang der Kriege der USA und ihrer Verbündeten in Afghanistan und Irak, die ja in gewisser Hinsicht durchaus als gerechte Kriege gesehen werden konnten,[2] sowie durch die Lektüre von Büchern aus der anabaptistischen Tradition, neigte ich zunehmend zu einem ziemlich absoluten Pazifismus.

All das hat sich in den letzten sechs Monaten drastisch geändert; ein absoluter Pazifismus ist für mich, nach dem illegalen und brutalen Angriff von Vladimir Putins Russland auf die Ukraine,[3]  nicht mehr haltbar. Für mich ist klar, daß ein Land in der Situation der Ukraine sowohl vor Gott als auch vor den Menschen jedes Recht hat, sich auch mit miliärischen Mitteln gegen gegen den Aggressor zu verteidigen. Ich glaube, daß das durch Römer 13,4 abgedeckt ist: die Regierung „trägt das Schwert nicht umsonst. Sie ist Gottes Dienerin und vollzieht die Strafe an dem, der Böses tut.“ — in diesem Fall an Vladimir Putin und seiner Armee. Ich bete für den Sieg der ukrainischen Verteidiger über den brutalen Aggressor, und daß Putin und seine Verbündeten, einschließlich des schandhaften Patriarchen Kyrill,[4] aus dem Weg geräumt werden (wobei das „Wie“ Gott überlassen bleibt), und ich hoffe, daß unsere westlichen Regierungen von EU, Großbritannien, USA und anderen Ländern, die Ukraine auch weiterhin, und zwar so lange wie notwendig, unterstützen werden und Putins Drohungen nicht nachgeben. Putin darf von seiner Kriegsbeute nichts behalten.

 Und deshalb lese ich mit Genugtuung (vermischt mit Trauer über die vielen Toten) von den militärischen Durchbrüchen der ukrainischen Streitkräfte und der Einkesselung russischer Truppen. Dabei bin ich überzeugt, daß es russischen Soldaten in ukrainischer Gefangenschaft wesentlich besser gehen wird, als ukrainischen Soldaten, die von den Russen gefangengenommen werden.

Ehre der Ukraine, und Sieg ihren Verteidigern!

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  1. Mein Elternhaus wurde durch einen ERP-Kredit finanziert (ERP: European Recovery Program, offizieller Name des Marshall-Plans) []
  2. sofern man nicht von vornherein anti-amerikanisch oder anti-westlich eingestellt war[]
  3. Die These, daß der russische Angriff berechtigt war, weil sich Rußland durch die ukrainischen Bemühungen, der EU und der NATO beizutreten, bedroht gefühlt hätte, ist nicht haltbar. Kein einigermaßen vernünftiger Mensch geht davon aus, daß die USA, und erst recht ihre europäischen NATO-Verbündeten, in Europa einen Krieg anzetteln würden — auf die Idee kommt nur einer, der einen solchen Angriff selbst für ein probates Mittel zur Erreichung seiner großrussischen Träumereien hält und es deshalb auch anderen zutraut.[]
  4. Wie alle orthodoxen Bischöfe ist Kyrill ein Mönch, hat jedoch ein Privatvermögen von rund 4 Milliarden Dollar angehäuft, was auch ohne seine Unterstützung von Putins Krieg ein bezeichnendes Licht auf ihn wirft.[]
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Kindheitserinnerungen: Wohin soll ich mich wenden?

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Vor zweieinhalb Monaten, Mitte Juni 2022, postete ich diesen Text auf Facebook;[1] unterhalb finden sich dann noch ein paar Gedanken zu meinen Kindheitserinnerungen.

Mit zunehmendem Alter, und krank im Bett liegend, gehen mir allerlei Kindheitserinnerungen durch den Kopf – darunter auch so manche Lieder, die ich jeden Sonntag in der Kirche gesungen habe, aus der Betenden Gemeinde, dem Gesang- und Gebetbuch der Erzdiözese Wien bis zur Einführung des Gotteslob im ganzen deutschen Sprachraum.

Auf der Suche danach auf YouTube sehe ich, daß etliche davon aus der Deutschen Messe von Franz Schubert stammen, mit Texten vont Johann Philipp Neumann.

Neu angehört, mit einem bewußteren Glauben als damals in den frühen 1960er Jahren, kann ich immer noch das meiste bejahen, wenn auch vielleicht mit einer etwas anderen Betonung, einem anderen Verständnis als die Gläubigen in der Katholischen Kirche.

Manche dieser Lieder könnten wir mit Gewinn in unseren evangelkalen Gottesdiensten singen, als Ausgleich zu den oft sehr seichten modernen Anbetungsliedern (obwohl natürlich auch die evangelische Kirchenliedtradition reiche Schätze bietet, ebenso wie die erweckliche Tradition der Reichslieder).

Nur eines wirkt für den Evangelikalen, der ich heute bin, etwas befremdlich: es ist zwar in einigen Liedern die Rede vom Heiland und vom Erlöser, aber der Name des Heilands und Erlösers, Jesus, wird nicht ein einziges Mal erwähnt. Angesichts von Philipper 2, 5–10 scheint das ein wesentliches Versäumnis.

Hier ist ein Link zu einer YouTube Playlist der Lieder (wesentlich besser gesungen als damals in unserer Pfarrkirche in Wien-Eßling):

Auf dieser Seite des Erzbistums Köln gibt es die Texte sowie auch Noten und Hintergrund-Informationen zur Deutschen Messe.

Im Gotteslob finden sich nur mehr drei dieser Lieder („Wohin soll ich mich wenden“, „Ehre, Ehre sei Gott in der Höhe“, und „Heilig, Heilig, Heilig“) im Hauptteil des Buches; die übrigen finden sich nur im Diözesananhang für Bayern und Österreich. Ich habe keine Ahnung, wieviele diese Lieder heute tatsächlich noch regelmäßig gesungen werden, außer natürlich bei speziellen, musikalischen Vorführungen z.B. in der Schubertkirche in Lichtental (1090 Wien).

Soweit mein etwas ergänzter Facebook-Post.

Als Folge meiner nunmehr bereits mehr als vier Monate andauernden Bettlägrigkeit ist mein Schlafrhytmus sehr gestört, und entweder schlafe ich erst lange nach Mitternacht ein, oder aber ich wache so gegen zwei oder drei Uhr auf und habe dann Schwierigkeiten, vor fünf oder sechs Uhr wieder einzuschlafen. So auch heute: ich bin gegen halb drei Uhr aufgewacht, mit der Melodie des Schubert-Glorias in meinem inneren Ohr, und habe mir dann die oben verlinkte Aufnahme der Deutschen Messe angehört und gleichzeitig aus meinem Facebook-Post diesen Blogeintrag gebaut.

Wie bereits oben erwähnt kommen mir, und zwar nicht erst in den letzten Jahren als alter Mann, Erinnerungen aus meiner Kindheit ins Bewußtsein. Zum ersten mal aufgefallen ist mir dies bereits vor etlichen Jahren bei einer Gemeindefreizeit auf dem Mariahilfberg in Gutenstein. Neben dem evangelikalen Gästehaus, in dem wir untergebracht waren, gibt es dort ein Servitenkloster mit Wallfahrtskirche, die scheinbar vor allem von katholischen Gläubigen aus Polen und der Slowakei besucht wird.

Eines Morgens ging ich auf der Suche nach einem Platz für meine Stille Zeit an der Kirche vorbei, wo gerade eine Messe im Gange war. Die Kirchentür war zu, und ich habe auch kein Wort verstanden, aber nach wenigen Augenblicken wußte ich, nur anhand meiner Kindheitserinnerungen an den Rhytmus einer Meßfeier, an genau welchem Punkt im Ablauf der Liturgie diese Messe gerade war — und das, obwohl ich zu diesem Zeitpunkt bereits mehr als zwanzig Jahre in keiner katholischen Messe mehr gewesen war.[2]

Obwohl ich nach meiner Bekehrung 1971 sehr gedrängt wurde, der römisch-katholischen Kirche den Rücken zu kehren (ich bin dann auch tatsächlich ausgetreten), und in meinem neuen evangelikalen Umfeld Katholiken kaum als Christen anerkannt wurden,[3] war mir schon damals bewußt, und ist mir seither immer stärker bewußt geworden, wieviel ich meiner katholischen Erziehung, in einer sehr frommen Großfamilie[4] auch in geistlicher Hinsicht verdankte: bei uns gab es nicht nur den Volksschott, ein lateinisch-deutsches Meßbuch mit der „vor-vatikanischen“ Liturgie, sondern auch mehrere Bibeln, und ich war daher schon als neubekehrter Evangelikaler recht vertraut mit der Bibel. 

In den letzten zwanzig Jahren bin ich durch meine Teilnahme am „Runden Tisch für Österreich“ und durch Initiativen wie „Österreich betet gemeinsam“ wieder mit mehr Katholiken in Verbindung, und habe in diesem Umfeld sowie in einigen katholischen Erneuerungsbewegungen wie „Loretto“ viele liebe Geschwister kennengelernt. In der katholischen Pfarre in unserem Weinviertler Dorf haben wir vor ein paar Jahren an einem Alpha-Kurs teilenommen, und dann bis zum Beginn der Pandemie an einem monatlichen Lobpreisabend, der jedes mal mit eucharistischer Anbetung[5] endete. Das gehört zwar nicht zu meiner evangelikal geprägten Frömmigkeit[6], aber die Ehrfurcht vor dem gegenwärtigen Christus hat mich sehr beeindruckt, auch wenn ich Jesu Gegenwart nicht an die Hostie in der Monstranz gebunden verstand.

Was uns trotz aller, nach wie vor bestehender Unterschiede in Theologie und Frömmigkeitspraxis, in geschwisterlicher Liebe verbindet, ist der Glaube an Jesus Christus, den für unser Heil gekreuzigten und auferstandenen Sohn Gottes, und das erscheint mir viel wichtiger als die institutionelle Ökumene.

Soweit ein paar Gedanken, angestoßen durch die nächtlichen Kindheitserinnerungen eines alten Mannes. Erstaunlich, wie weit die Gedanken schweifen.

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  1. Für diesen Blog-Eintrag habe ich ein paar Stellen ergänzt und Infos aus den Kommentaren eingearbeitet.[]
  2. Außer anläßlich des Begräbnisses meines Vaters, wo ich ganz andere Dinge im Kopf hatte[]
  3. Das ist nicht rein theologisch zu erklären, sondern evangelikale Christen und freikirchliche Gemeinden waren damals im traditionell katholischen Österreich eine als „Sekten“ diskriminierte ubd verunglimpfte Minderheit; diese Feindseligkeit ging vielfach von der Kirche aus und wurde von uns auch durchaus erwidert[]
  4. Von den neun Geschwistern meiner Mutter ging eine Schwester ins Kloster und ein Bruder wurde Priester; im Wohnzimmer der Großeltern hing ein päpstliche Orden für Verdienste um die Kirche während der Nazizeit, beide meiner Eltern waren in ihrer Jugend in der Katholischen Jugend aktiv und später, da war ich allerdings schon aus dem Haus, arbeiteten beide Eltern als katholische Religionslehrer[]
  5. Ich muß dem Wikipedia-Artikel und auch dem weitverbreiteten Mißverständnis entgegen treten, daß bei der eucharistischen Anbetung die Hostie angebetet bzw verehrt wird. Die Anbetung gilt Jesus, der nach katholischem Verständnis in der Gestalt der Hostie gegenwärtig ist.[]
  6. Auch wenn ich, im Gegensatz zu manchen Evangelikalen, im Abendmahl nicht nur nach Zwingli ein “bloßes” Gedächtnismahl sehe sondern glaube, daß wir mit Brot und Wein auf geistliche Weise den Leib und das Blut Christi empfangen. Im Gegensatz zur katholischen Lehre glaube ich nicht, daß wir das „Wie“ von Christi Gegenwart irgendwie definieren können oder sollen – es ist ein Mysterium. Was die eucharistische Anbetung angeht, halte ich es mit dem klassischen anglikanischen Gebetbuch, wo es heißt, „Christus hat die Sakramente nicht eingesetzt, damit wir sie betrachten oder herumtragen, sondern daß wir sie in rechter Weise empfangen.“[]
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