Fehlendes Evangelikales Geschichtsbewußtsein

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Im aktuellen EINS-Magazin, der Zeitschrift der Deutschen Evangelischen Allianz, findet sich ein Interview mit dem Theologen Roland Werner zum Thema “Die Zukunft der evangelikalen Bewegung.” Das Interview folgt den “Sieben Wünschen für die evangelikale Bewegung der Zukunft”, die Roland Werner in einem Beitrag im Podcast “glaubendenken1 artikuliert hat. Alle sieben Wünsche sind sehr gute Denkanstöße, ich möchte hier aber besonders auf die Interview-Fragen zu Wunsch 4 eingehen (siehe nebenstehend):

Sie (die evangelikale Bewegung) sollte sich bewusst den ganzen Reichtum der Kirchengeschichte nutzbar machen.

Wie der Interviewer (Jörg Podworny) es auch formuliert, geht es um “historisches Bewußtsein”, an dem in evangelikalen Kreisen, und besonders in den Freikirchen ein eklatanter Mangel herrscht:

In sehr vielen freikirchlichen Kreisen, vor allem im deutschen Sprachraum2, kann man den Eindruck bekommen, daß sehr kurz nach der Zeit der Apostelgeschichte und dem Tod der Apostel die wahre Gemeinde Jesu irgendwie verschwand, und erst viel später wieder zum Vorschein kam: je nach der eigenen kirchlichen Tradition zur Zeit der Reformation, oder aber noch viel später, eben als die eigene Freikirche gegründet wurde, also aus der mehr oder weniger abgefallenen Herkunftskirche herausgeführt wurde in die Freiheit der Kinder Gottes.

Die Folge davon ist, daß die ganze Kirchengeschichte, vom Ende der Apostelgeschichte bis zur Entstehung der eigenen kirchlichen Tradition, eher negativ gesehen wird, und das Studium dieser Geschichte sowie der Schriften, die im Lauf dieser Geschichte entstanden sind, für wenig bis gar nicht nützlich gehalten wird; in weiterer Folge führt es dazu, daß man praktisch keine Verbindung dazu hat, wie der christliche Glaube, so wie er in der Heiligen Schrift geoffenbart ist, von Anfang an, von den Aposteln und ihren unmittelbaren Nachfolgern, verstanden wurde.

Die Begründung, die ich dafür immer höre, lautet “sola scriptura” – allein die Schrift. In der Praxis heißt das entweder, “Allein die Schrift, so wie ich sie verstehe,” oder aber, “Allein die Schrift, so wie sie von meinem Pastor oder von den anerkannten Lehrern meiner kirchlichen Tradition verstanden und ausgelegt wird.” Wir sind zwar immer sehr stolz darauf, daß es bei uns keinen Papst gibt, aber dort, wo nur die jeweils eigene Auslegung, das eigene Schriftverständnis, maßgebend ist, dort ist dann jeder Christ sein eigener Papst; und dort wo nur die eigenen, anerkannten Lehrer maßgebend sind, dort hat man dann ein genauso autoritäres Magisterium oder “Lehramt”, wie in der römisch-katholischen Kirche.

Aber “sola scriptura” bedeutet nicht “nuda scriptura” – die nackte Schrift – wie man klar feststellen wird, wenn man sich mit demjenigen beschäftigt, von dem der Begriff – ebenso wie die drei anderen solae – stammt:  Martin Luther. Luther hat sich sowohl bei seiner Bibelübersetzung, als auch bei seiner Auslegung der Heiligen Schrift, immer wieder auch auf die Kirchenväter berufen, weil ihm durchaus bewußt war, daß wir nur in Anlehnung an das Schriftverständnis der frühen Christen zurückfinden können vor die Zeit der mittelalterlichen Verformungen und Verirrungen, die zu den Mißbräuchen seiner Zeit geführt haben.

Versteht mich nicht falsch: Ich bin nicht unbedingt dafür, über Irenäus oder Tertullian zu predigen, da plädiere ich eher dafür, durch ein biblisches Buch zu predigen (ich finde das langfristig auch zielführender, als Predigten über einen einzelnen Vers oder thematische Predigten, die dann überall in der Bibel herumspringen, um Belegstellen zu finden), aber was diese frühen Leiter der Gemeinde Jesu geschrieben haben, sollte ganz wesentlich unser Verständnis, unsere Auslegung der Heiligen Schrift informieren und prägen.

Stattdessen wird unser Schriftverständnis von seriösen Autoren wie John Piper, John McArthur, Wayne Grudem, N. T. Wright, Helge Stadelmann, Gerhard Maier, John Lennox, und vielen anderen mehr, sowie von weniger seriösen Autoren wie William P. Young, Frank Peretti, Tim LaHaye, Jerry B. Jenkins und anderen geprägt. Gegen die meisten dieser Autoren habe ich nichts, und sie leisten sicher einen wertvollen Beitrag, aber daß wir sie höher schätzen als die unmittelbaren Mitarbeiter und Nachfolger der Apostel beweist unser fehlendes Geschichtsbewußtsein, sowie eine fatale “neuer ist besser” Einstellung.

Also, predigen wir ruhig weiter die Bibel in unseren Gottesdiensten, aber der Vorschlag, statt eines neueren Buches mal gemeinsam den ersten Clemensbrief zu lesen und zu studieren, findet voll meine Zustimmung. Und keine Angst, daß er zu schwer zu finden oder zu teuer ist: Es gibt ihn, sowie etliche andere Schriften der Kirchenväter, zum kostenlosen Download.

 

  1. Serie “Was ist eigentlich evangelikal?” auf YouTube: Teil 1, Teil 2, Teil 3. Auch auf Apple, Spotify, usw. Die “7 Wünsche” finden sich am Ende des dritten Teils.
  2. Im englischen Sprachraum ist die Situation meiner Beobachtung nach eine Spur besser
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Eine Herausforderung für alle evangelikalen Kirchen und Gemeinden

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Die Anglikanische Diözese von Sydney, die hauptsächlich “low church” und evangelikal ist, hat nach der Pensionierung von Glenn Davies im März soeben einen neuen Erzbischof gewählt. Er ist Kanishka Raffel, Dekan der St. Andrews Cathedral in Sydney, in London in einer Familie aus Sri Lanka geboren, und vom Buddhismus zu Christus bekehrt.

In einem Artikel für die Religionsabteilung des Australischen Rundfunks, befaßt sich Dr. Michael P. Jensen, Pfarrer an der Markuskirche in Darling Point, mit den Herausforderungen, vor denen die Diözese von Sydney und Erzbischof Raffel stehen, und während der Artikel natürlich in einigen Punkten spezifisch auf die Situation in der australischen Metropole eingeht, bietet er doch einige sehr nützliche Überlegungen für evangelikale Kirchen und Gemeinden weltweit.

Ein Redner auf der Wahlsynode hat die Anglikaner in Sydney mit der Ever Given, dem Öltanker, der vor Kurzem im Suezkanal feststeckte, verglichen. Der Autor nimmt diesen Vergleich auf und beschreibt vier Versuchungen, denen Organisationen ausgesetzt sind, wenn sie auf diese Weise feststecken. Alle vier Versuchungen scheinen mir für alle evangelikalen Gemenden relevant zu sein, in der gesellschaftlichen und kulturellen Situation, in der wir uns in der gesamten “westlichen” Welt finden, aber die erste dieser Versuchungen stach für mich hervor:

Die Versuchung, einen Führer zu ernennen, der alle Barrieren durchbricht.

Der Autor schreibt,

Ängstliche, besorgte Menschen suchen nach Superhelden als Führer, die alles reparieren können. Sie träumen von einer Alpha-Leiter, der einfach durch all die Barrieren durchbricht, die Veränderung und Wachstum entgegenstehen, der Menschen nach gutdünken rauswirft oder neu einstellt. Wir suchen nach einem Führer, der den Grenzzaun baut und uns wieder groß macht. (Klingt das vertraut?) Die Kirche ist da nicht anders. Wir suchen nach jemandem, der radikale Veränderung bringt. Aber das Problem mit so einem Superhelden ist, daß beim Durchbrechen der Barrieren auch viel Anderes kaputt geht. So ein Führer stellt sich oft als polarisierend und zerstörerisch heraus.

Mir scheint das Problem mit dieser Versuchung zu sein,  daß sie uns blind macht gegen die Wahrheit, daß es nicht menschliche Führer sind, sondern der Heilige Geist, der radikale Veränderung in der Kirche hervorruft.

Noch ein Zitat aus dem Artike, daß für mich hervorstach, sind diese zwei Absätze in der Zusammenfassung der Aufgaben, vor denen der neue Erzbischof steht:

Aber es braucht auch eine mutige und prophetische Konfrontation der post-christlichen Kultur. Der große Schweizer Theologe Karl Barth hat einmal gesagt, daß Predigten mit der Bibel in einer Hand und der Tageszeitung in der anderen verfaßt werden sollen. Die Bibel gibt uns Augen, zu sehen, was wirklich in der Zeitung steht. Aber natürlich können uns die Zeitungsberichte auch helfen, die Bibel besser zu verstehen. Der Fehler, den viele amerikanische Evangelikale gemacht haben, ist zu meinen, daß politische und kulturelle Methoden der richtige Weg sind, das Reich Gottes zu bauen oder zu verteidigen – meist Hand in Hand mit der politischen Rechten. Das ist ein hoffnungsloses Unterfangen, und führt zu einer Vergötzung politischer Macht, wie man während der Präsidentschaft von Trump beobachten konnte. Es leugnet die über Allem stehende Herrschaft Jesu, der allein Herr der Kirche ist.

Aber die Kirche kann auch nicht einfach dem Zeitgeist folgen. Ihre Berufung ist nicht, beruhigender Seelsorger für den aktuellen Narzissismus zu sein. Sie findet Gerede von “mit der Zeit gehen” oder “auf der richtigen Seite der Geschichte sein” lächerlich. Sie strebt nicht nach Relevanz, als wäre das ein Wert an sich. Die Kirche hat Rom überlebt: Sie wird auch Atlassian[1] überleben.

Ich habe den Satz hervorgehoben, der besonders für mich hervorstach, und beeile mich zu betonen, daß das kein rein amerikanisches Problem ist, auch wenn die fast bedingungslose Unterstützung von Präsident Trump durch amerikanische Evangelikale es besonders sichtbar gemacht hat. Dieses Problem tritt immer dann auf, wenn Christen erwarten, daß die Politik eine christliche Moral in einer sekularen Gesellschaft durchsetzen kann, und ganz besonders, wenn sie einen oder mehrere Teilaspekte christlicher Moral über Allem anderen priorisiert. Christen haben zum Beispiel die Tendenz, die Abtreibungsfrage oder das ganze Thema Gender/alternative Sexualitäten über die Frage nach der Behandlung von Flüchtlingen und Migranten zu stellen, und das kann man sowohl in Trumps Amerika als auch hier bei uns in Österreich beobachten.

Die Schlußfolgerung, zu der Dr. Jensen kommt, nachdem er die vier Versuchungen beschrieben hat, scheint mir richtig und wegweisend zu sein:

Die Antwort muß doch sicherlich sein, daß die Kirche Jesu Christi authentischer das sein muß, was sie tatsächlich ist. Christen in Sydney, egal ob Anglikaner oder nicht, müßen christlicher sein. Die Berufung der Gemeinde Jesu ist, Ihm ähnlicher zu sein. Sie ist berufen, Gott anzubeten, und gemeinsam so zu leben, daß Sein Charakter hervorstrahlt, ganz unabhängig von den Umständen.

Und das trifft natürlich für Christen jeder Tradition, nicht nur in Sydney oder Australien, sondern überall: hier in Österreich, in England, in Amerika, und wo immer es die Kirche, die Gemeinde gibt.

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  1. Atlassian ist eine Sofware-Firma in Sydney; ich nehme an sie steht hier für “Big Tech” – die großen Tech-Konzerne (gemeinsam mit Google, Amazon, Apple, Facebook), die sehr stark den Zeitgeist bestimmen[]
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Ist Österreichs Solidarität mit Israel verfassungswidrig?

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Nachdem vor zwei Tagen (Freitag, 14. Mai 2021) die österreichische Bundesregierung Solidarität mit Israel bekundet hat, indem am Bundeskanzleramt und am Außenministerium die israelische Fahne gehisst wurde, haben einige besonders kluge Zeitgenossen (auf Facebook, aber auch der blaune Parteivorsitzende Hofer) gemeint, diese österreichische Solidaritätsbekundung für Israel widerspräche der verfassungsgemäßen immerwährenden Neutralität Österreichs.
 
Aber die Neutralität ist in Österreich immer schon militärisch und nicht weltanschaulich verstanden worden: Die Verfassung selbst definiert Neutralität überhaupt nicht, während das Neutralitätsgesetz von 1955 (im Verfassungsrang) sie militärisch definiert – keine Bündniszugehörigkeit, keine fremden Stützpunkte (siehe angehängter Screenshot).
 
Bei den Verhandlungen zum Staatsvertrag, mit dem das Neutralitätsgesetz politisch zusammenhängt, haben Österreichs Verhandler in Moskau den Begriff Neutralität nach dem Muster der Schweiz benutzt, um klarzustellen, dass es sich dabei nicht um Gesinnungsneutralität  handeln könne – deshalb war Österreich, wenn auch nicht in der NATO, doch immer ein westliches Land, und kann heute nicht moralisch neutral sein gegenüber terroristischen Vereinigungen wie der Hamas.
 
Diese Hamas feuert seit Tagen ununterbrochen Raketen auf die israelische Zivilbevölkerung ab; und sie tut das von Stützpunkten und Abschußbasen aus, die eingebettet sind in zivile Wohngebiete, die sich unmittelbar neben Spitälern und Schulen befinden – damit die notwendigen und gerechtfertigten Gegenschläge Israels möglichst viele zivile Opfer, darunter auch Kinder, fordern.
 
Angesichts dieser Situation steht die symbolische Solidaritätsbekundung Österreichs gegenüber Israel durch das Hissen der israelischen Fahne, eindeutig nicht im Widerspruch zur Verfassung, und ist gerade in Bezug auf Österreichs Geschichte durchaus angebracht: Schließlich sollten wir nicht vergessen, daß “Heimat bist du großer Söhne” leider auch Typen wie AH und nicht wenige seiner Schergen umfaßt – “groß” natürlich im Sinne ihrer traurigen weltgeschichtlichen Bedeutung, nicht im Sinn von moralischer Größe.
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Die kulturell konservative Mehrheit stärken?

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Im Telegraph vom 13. Mai 2021 schreibt Allister Heath,

«Was ist los mit Frankreich, diesem wunderbaren Land, das von seinen Politikern unerbittlich im Stich gelassen wird? Es liegt ein unverkennbarer Geruch von Panik in der Pariser Luft, ein zunehmendes Gefühl in Teilen der herrschenden Klasse, daß Frankreich, auseinandergerissen von Kulturkriegen, mit seiner Wirtschaft und Gesellschaft in nicht enden wollendem Abstieg, mit seinen riesigen Wohnanlagen in den Vorstädten andauernd an Kippen, sich dem Abgrund nähert.

Trotz allem Hohn sind Boris Johnsons jüngste Wahlerfolge nicht unbemerkt geblieben. Was, so fragen sich die vorausschauenderen Intellektuellen, wird Frankreichs Gegenstück zum Brexit sein, wenn, oder vielmehr, sobald es dazu kommt? Wird es eine Wiederholung von 1961 sein (ein fehlgeschlagener Putsch), von 1968 (linksradikaler Studentenaufstand), 1981 (Kommunisten in der Regierung), 1789 (eine echte Revolution), oder, hoffentlich, etwas weniger Gewaltsames, Konstruktiveres?

Die gilets jaunes (Gelbwesten) vor zwei Jahren waren ein falscher Alarm, aber wie wird sich die Wut von la France profonde das nächste Mal manifestieren? Emmanuel Macron hat zugegeben, daß “Leave” eine Abstimmung über einen Frexit gewinnen würde – aber die will niemand riskieren. Es ist wirklich schade: Frankreich, das Land wo ich aufwuchs, braucht einen katharsischen “Reset” wie Brexit, ein politisches Erdbeben, das weder linksradikal noch rechtsradikal ist, welches aber endlich die kulturell konservative Mehrheit stärkt.»

Hier sind meine Gedanken dazu als Nicht-Experte:

Das Problem ist, daß sich selbst die gemäßigte Linke gegenüber den kulturell Konservativen, die sie als rechtsradikal wahrnehmen[1], zunehmend als überlegene Elite fühlt. Deshalb werden sie sich nicht leicht mit Veränderungen abfinden, welche diese “Deplorables” (“Bedauernswerten”), um mit Hillary Clinton zu sprechen, stärken. Das ist nicht nur ein französisches Problem; das trifft in der gesamten westlichen Welt zu.

Ich bin gespannt, wie die Dinge in Großbritannien weitergehen. So sehr ich den Brexit bedaure, scheint er dort genau so einen “Reset” ausgelöst oder zumindest begonnen. Aber während größere Länder wie Großbritannien, Frankreich, oder auch Deutschland sich einen Brexit, Frexit oder Dexit leisten können, ohne daß ihre Wirtschaft allzu viel Schaden nimmt, wäre es für die kleineren Länder, aber auch Italien oder Spanien, katastrophal, wenn sie die EU verlassen oder diese auseinanderbrechen würde – trotz aller Fehler und Schwächen der Union. Unter anderem würde das bedeuten, daß die Wirtschaft unserer Länder noch mehr von den USA und China dominiert würde, als das jetzt schon der Fall ist – es gäbe kein Gegengewicht mehr.

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  1. wenn es z.B. um Positionen wie die Realität und Unabänderlichkeit des biologischen Geschlechts, um die Ehe ausschließlich zwischen Mann und Frau, den Schutz des ungeborenen Lebens, usw. geht[]
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Prinz William propagiert “Weißen Retter” ???

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In einem Leserbrief im profil 18/2021 schreibt Dr. Hannah Mumby, Biologin und Elefantenforscherin an der Universität Hong Kong,

“Prinz William war 2018 nach Tansania, Kenia und Namibia gereist, um sich über den Naturschutz zu informieren. Auf einer Konferenz präsentierte er ein Video über seine Reise in Tansania. Viele NGOs beklagten, das Video würde das Image des “weißen Retters” propagieren, weil nur ein afrikanischer Student vor der Kamera sprach, während der Rest der Interviewten aus internationalen Naturschützern bestand.”

Ich gehe mal davon aus, daß das Video, das Prinz William präsentierte, das reflektierte, was er bei seiner Tansania-Reise erlebte, mit wem er sprach, usw. Es dürfte ja niemanden zu sehr erstaunen, daß ein politisch bedeutender Prominenter wie er auf seiner Reise primär ausgewählten Persönlichkeiten begegnet, die vom Sicherheitspersonal (seinem eigenen und dem des Gastgeber-Landes) für harmlos und ungefährlich eingestuft werden. Daß sich unter diesen Leuten vor allem prominente Fachleute und Aktivisten finden, und daß daß diese aus verschiedenen Gründen vor allem Weiße sind, wundert mich überhaupt nicht.

Was mich zwar auch nicht wundert, weil das schon längere Zeit so geht, mich aber sehr wohl irritiert, ist die Tendenz von Aktivisten und Propagandisten (und diese Bezeichnungen sind gar nicht abwertend gemeint), alle Äußerungen von beliebigen Menschen, vor allem Prominenten, als Propaganda zu bewerten, bzw. sie auf ihren Propagandagehalt abzuklopfen.

Die meisten von uns, und ich gehe davon aus, daß das auch auf Prinz William zutrifft, sind nicht ständig im Propaganda-Modus, wenn wir uns zu irgendwas äußern; sehr oft berichten wir relativ wertfrei unsere Erlebnisse und Erfahrungen und kümmern uns keinen Deut darum, welche Propaganda-Überlegungen andere dazu anstellen könnten.

Und so gehe ich davon aus, daß Prinz William mit seinem Besuch in Afrika sein Interesse an Naturschutz ausdrücken und entsprechende Initiativen unterstützen wollte, und daß er aus genau dem gleichen Grund sein Video präsentiert hat, ohne sich allzusehr den Kopf darüber zu zerbrechen, mit wem aller er gesprochen hatte oder wen er dazu befragt hat. Ich bin ziemlich sicher, daß er keinerlei identitätspolitische Aussagen über die mit Naturschutz befaßten  Personen machen wollte, und wenn “viele NGOs” soetwas hineininterpretieren, dann gehen sie davon aus, daß alle anderen Menschen in den gleichen Kategorien und Denkmustern wie sie selbst denken — und das ist schlicht und ergreifend dumm.

Ah, und weil man das heutzutage scheinbar immer dazusagen muß: Wenn ich von Aktivisten und Propagandisten und Prominenten, usw., rede, dann sind sebstverständlich dort wo es Sinn macht, Personen beiderlei (biologischen) Geschlechts gemeint.

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Christenverfolgung?

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Es gibt immer wieder Berichte, daß Christen mit der Polizei in Konflikt kommen, weil sie in der Öffentlichkeit gegen Homosexualität oder gegen die gleichgeschlechtliche Ehe predigen, zuletzt dieser Bericht auf Churchleaders.com. Auch die Verurteilung von Pastor Olaf Latzel wegen “Volksverhetzung” in Bremen ist ein ähnlicher Fall.

Hier ist meine Meinung dazu:

Natürlich sollten auch Christen ihr Recht auf Meinungs- und Redefreiheit ausüben können, und politisch gesehen ist die zunehmende Unterdrückung dieses demokratischen Grundrechts (indem man manche Meinungen als Haßrede verbietet) problematisch und besorgniserregend.

ABER: Geistlich gesehen ist unser Auftrag als Christen und Kirche nicht, der ungläubigen Welt christliche Moral zu predigen, sondern Jesus Christus als Herrn, als den einzigen Erlöser und Heiland, zu verkündigen.

Wenn Menschen zu Jesu kommen und wiedergeboren werden, dann wird sie der Heilige Geist in alle Wahrheit leiten, und Ihn kann die Polizei schließlich nicht festnehmen.

Natürlich werden wir als Christen zunehmend diskriminiert werden, in den verschiedensten Bereichen, wenn wir unsere Sicht der Dinge klar zum Ausdruck bringen, oder uns an gewissen Dingen nicht beteiligen wollen (z.B. Abtreibung oder Hochzeiten von gleichgeschlechtlichen Paaren), und das ist gerade in Ländern, die sich ihrer liberalen Gesellschaftsordnung rühmen, eine ärgerliche Entwicklung, weil hier gerade diejenigen, die am lautesten nach Toleranz schreien, äußerst intolerant agieren.

Aber ich warne davor, von Christenverfolgung zu reden (auch nur andeutungsweise), solange wir Jesus als den Herrn und gekreuzigten und auferstandenen Christus und Erlöser predigen dürfen.

Wenn wir nämlich die Diskriminierung, die wir manchmal und in bestimmten Bereichen hier in Europa und anderen westlichen Ländern erleben, gleichsetzen mit der gewaltsamen Unterdrückung und Verfolgung zum Beispiel in Nordkorea, China, oder auch Indien, oder auch mit der gewaltsamen Verfolgung christlicher Flüchtlinge durch muslimische Flüchtlinge in den Flüchtlingslagern hier bei uns in Europa, dann läuft das auf eine Geringschätzung des Leidens unserer Geschwister in diesen Ländern hinaus. Und wenn wir jetzt schon über “Verfolgung” klagen, wie werden wir damit umgehen, wenn wir tatsächlich einmal mit realer Verfolgung konfrontiert sind?

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Österreich betet gemeinsam: Pfingstnovene 2021

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An den neun Tagen (deshalb Novene1) vom 14. Mai (Christi Himmelfahrt) bis 22. Mai (Pfingstsamstag) sind Christen und Christinnen aller Konfessionen eingeladen, gemeinsam für Österreich zu beten. Am Mittwoch, 13. Mai, wird es ein Einführungsvideo geben.

Am Abend des Pfingstmontag werden führende Repräsentanten der wichtigsten christlichen Traditionen in Österreich (Katholiken, Evangelische, Freikirchen, Ostkirchen) einen Livestream-Gebetsgottesdienst leiten.

An jedem der neun Tage wird es auf Youtube, Social Media, sowie auf der Webseite der Aktion ein Video mit Schwerpunkt auf eines der neun Bundesländer geben. Außerdem gibt es einen 24/7 Gebetskalender, wo sich sowohl Gruppen (Gemeinden, Pfarren, usw) als auch Einzelpersonen für bestimmte Stunden zum Beten eintragen können.

Alle näheren Information gibt es auf der Webseite “Österreich Betet Gemeinsam” sowie auch auf Social Media (Facebook, Instagram).

  1. Eine Novene ist eine neuntägige Gebetszeit. Der Begriff kommt vom lateinischen Wort für neun und ist Christen in Kirchen mit liturgischer Tradition vertrauter als Freikirchlern.
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Eine wachsende Welle von Antisemitismus

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In einem Artikel aus Anlaß des 60. Jahrestages des Eichmann-Prozesses in Israel schreibt die Holocaust-Historikerin Deborah E. Lipstadt,

«Angesichts der wachsende Welle von Antisemitismus, die wir heute sehen, beunruhigt mich, daß so viele Menschen diese Geißel nur unter ihren politischen Gegnern sehen, während sie für Antisemitismus in ihren eigenen Reihen blind sind. Dies trifft an beiden Enden des politischen Spektrums zu.

Aber … Antisemitismus muß bekämpft werden, egal wo er auftritt oder herkommt. Ich muß ihn nicht nur in denen bekämpfen, mit denen mich nichts verbindet und deren Ansichten ich verabscheue, sondern ich muß auch diejenigen zur Rechenschaft ziehen, deren Ansichten zu anderen Themen ich teile.»

Das ist eine wichtige Erkenntnis, nicht nur, aber ganz besonders im Hinblick auf Antisemitismus, und ganz besonders wichtig in den Ländern, die für die Schoah hauptverantwortlich waren.

 

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Ich glaube an die Vergebung der Sünden

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Diese Gedanken zum Thema Vergebung der Sünden von Fr. Kenneth Tanner, Pfarrer der anglikanischen Erlöserkirche in Rochester, Michigan, USA, wurden von Wolf Paul übersetzt und werden hier mit freundlicher Genehmigung des Autors veröffentlicht.

Ich glaube an die Vergebung der Sünden. Auf diesem Felsen steht christliches Vertrauen. Der Satz hat mehr als eine Bedeutung. Erstens besagt er, daß Gott den Menschen vergibt, und zwar bedingungslos vergibt, noch bevor wir darum bitten oder Buße tun. Gott vergibt uns, während wir Gott schlagen, verspotten, ihn quälen und töten. Vergebung beginnt mit einem Gott, der vergibt.

Ich glaube an die Vergebung der Sünden. Das bedeutet auch, daß wir darauf vertrauen, daß Sünden vergeben — wirklich vergeben — werden können, weil Gott vergibt. Dieses Grundvertrauen widerspricht unserer heutigen Kultur. Wir beglückwünschen uns, daß wir Vergebung verweigern und an unseren Verletzungen festhalten können, auch nachdem andere „ihre Schulden bezahlt“ haben. Aber der Vergebung, die mit Gott beginnt, fehlt nichts, und sie vollbringt ihren heilsamen Zweck.

Ich glaube an die Vergebung der Sünden. Das bedeutet auch: Wenn wir unserem Feind, unserem Nächsten, unserem Ehepartner, Kind, oder Freund vergeben, indem wir an der vorauseilenden Vergebung Gottes für die Menschen teilnehmen, dann werden wir heil und wachsen in unserer Ähnlichkeit zu dem Gott, in dessen Ebenbild wir geschaffen sind. Die Vergebung, die mit Gott beginnt, macht die Menschheit gottähnlicher, wenn wir Gottes Vergebung üben. 

Ich glaube an die Vergebung der Sünden. Letztlich bedeutet das auch, daß wir darauf vertrauen, daß uns vergeben ist. Diese Realität ist vielleicht am schwierigsten anzunehmen: Daß Gott uns vergeben hat, bevor wir geboren wurden; daß es nichts gibt, was wir tun oder lassen können, das etwas an dieser Vergebung ändert. Die Vergebung, die mit Gott beginnt, endet mit unserer Annahme dieser Vergebung.

Ich glaube an die Vergebung der Sünden. Inzwischen ist vielleicht klar, daß wir an die Vergebung der Sünden glauben, weil der menschgewordene Gott vom Kreuz her sagt, „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.“

Das ist auch der, der uns gelehrt hat zu beten, „Vergib uns unsere Schuld, wie wir denen vergeben, die an uns schuldig geworden sind.“ (Nicht, weil Gottes Vergebung der unseren folgt, oder erst dann geschieht, nachdem wir vergeben haben, sondern weil wir in Nachahmung des Vaters vergeben.)

Ich glaube an die Vergebung der Sünden. Das Kreuz ist es, wo Jesus auf dem Thron sitzt. Das Kreuz ist das „Jetzt“ des Gerichts dieser Welt, und das Urteil ist dem Sohn gegeben. Wenn Jesus nach seinem Tod seinen Jüngern erscheint, dann nicht dazu, elf Männern die Macht zu geben, eine Vergebung zu verwehren, die er am Kreuz freizügig allen Menschen anbietet.

Der auferstandene Christus bedeutet einfach, „Wenn ihr, meine Jünger, den Menschen nicht sagt, daß ICH ihnen vergeben habe, und wenn ihr ihnen nicht von Herzen vergebt, dann erkennen sie vielleicht gar nicht, daß ihnen bereits vergeben wurde.“

Ich sehe in Bezug auf Vergebung sehr viel Anspruchsdenken: daß wir Vergebung verwehren dürfen, beleidigt bleiben dürfen, selbst entscheiden dürfen, ob wir vergeben — oder eben nicht.

Nicht zu vergeben — und Vergebung ist ein Prozeß — schadet letztlich dem, der nicht vergibt. Dem, der schuldig geworden ist, bedeutet Vergebung meist gar nichts, solange er seine Schuld nicht erkennt und einsieht.

Ich weiß schon, daß manche Leiter das, was Christen in Bezug auf Vergebung glauben, ausgenützt haben, um mißbräuchliche Strukturen und Verhaltensweisen zu ermöglichen, und diejenigen zu manipulieren, denen sie eigentlich dienen sollten.

Aber daß etwas Gutes mißbraucht wird, ändert nichts daran, daß es gut ist; es macht es lediglich schwieriger, es zu praktizieren.

Mißbrauchende Leiter säen schreckliche Zerstörung, wenn sie das mißbrauchen, was Christen über Vergebung glauben; aber auch das muß vergeben werden: wir dürfen nicht zulassen, daß ihr Mißbrauch unser Vertrauen auslöscht.

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Die häufigste Ursache für Spaltungen?

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Die Karfreitagspredigt von P. Raniero Cantalamessa O.F.M.Cap., dem Prediger des Päpstlichen Hauses, richtete sich naturgemäß an Katholiken. Einiges was P. Raniero darin sagt, kann allerdings auch uns evangelikale Christen zum Nachdenken darüber anregen, wie wir miteinander, vor allem bei unterschiedlichen Meinungen zu weltlichen Themen, umgehen:

Was ist die häufigste Ursache für Spaltungen unter Katholiken? Es ist nicht das Dogma, es sind nicht die Sakramente und die Ämter: alles Dinge, die wir durch die einzigartige Gnade Gottes unversehrt und einstimmig bewahren. Nein,es ist die politische Option, wenn sie die religiöse und kirchliche ablöst und eine Ideologie vertritt. Dies ist der eigentliche Faktor der Spaltung in bestimmten Teilen der Welt, auch wenn er verschwiegen oder verächtlich geleugnet wird. Dies ist eine Sünde, im wahrsten Sinne des Wortes. Es bedeutet, dass das „Reich dieser Welt” im eigenen Herzen wichtiger geworden ist als das Reich Gottes.

Ich glaube, dass wir alle aufgerufen sind, diesbezüglich eine ernsthafte Gewissensprüfung vorzunehmen und uns zu bekehren. Denn das ist schlechthin das Werk dessen, dessen Name „diabolos” ist, d.h. der Spalter, der Feind, der Unkraut sät, wie Jesus ihn in seinem Gleichnis definiert (vgl. Mt 13,25).

Wir müssen aus dem Evangelium und aus dem Beispiel Jesu lernen. Um ihn herum gab es eine starke politische Polarisierung. Es gab vier Parteien: die Pharisäer, die Sadduzäer, die Herodianer und die Zeloten. Jesus ergriff für keinen von ihnen Partei und widerstand energisch den Versuchen, ihn auf die eine oder andere Seite zu ziehen. Die frühe christliche Gemeinde folgte ihm in dieser Wahl treu. Dies ist ein Beispiel vor allem für Hirten, die sich um die ganze Herde kümmern, nicht nur um einen Teil davon. Sie sind daher die ersten, die eine ernsthafte Gewissensprüfung vornehmen und sich fragen müssen, wohin sie ihre Herde führen: ob auf die eigene Seite oder auf die Seite Jesu. Das Zweite Vatikanische Konzil vertraut vor allem den Laien die Aufgabe an, die sozialen, wirtschaftlichen und politischen Erwägungen des Evangeliums in Entscheidungen zu übersetzen, die auch anders ausfallen können, sofern sie immer respektvoll gegenüber den anderen und friedvoll sind.

Dieses Problem, daß Christen eine politische Ideologie oder Meinung so wichtig wird, daß sie darüber den geschwisterlichen Umgang mit anderen Christen vergessen, gibt es nicht nur unter Katholiken, sondern auch unter uns Evangelikalen.

Auch bei uns sollten sich die Hirten (das ist es nämlich, was “Pastor” bedeutet) um die ganze Herde kümmern, und sich daher aus politischen Kontroversen möglichst heraushalten; auch bei uns gilt (wenn auch nicht vom Zweiten Vatikanum aus), daß wir, als Christen und Staatsbürger, die Aufgabe haben, die sozialen, wirtschaftlichen und politischen Erwägungen des Evangeliums in Entscheidungen zu übersetzen, die auch unterschiedlich ausfallen können, sofern sie immer respektvoll gegenüber den anderen und friedvoll sind.

Wie wichtig es ist, daß wir daran erinnert werden, ist in den letzten Jahren, in den politischen Kontroversen in verschiedenen Ländern (Trump, Brexit, Ausländer- und Flüchtlingspolitik), aber auch in den Reaktionen auf die Covid-Pandemie und die damit verbundenen Restriktionen klar sichtbar geworden.

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