Gedanken zur Diskussion in der kath. Kirche über Eucharistische Anbetung

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Wie einem Artikel auf der deutschen katholischen Webseite katholisch.de, Kommentaren dazu vom Passauer Bischof Stefan Oster, sowie Berichten auf Kathnet zu entnehmen ist, gibt es offenbar eine innerkirchliche Diskussion über die Frömmigkeitsform der eucharistischen Anbetung.
Dabei steht eine konsekrierte Hostie in einer Monstranz im Mittelpunkt kontemplativen Gebets; die Gläubigen beten Jesus an, der nach katholischer Lehre in dieser konsekrierten Hostie in besonderer Weise real gegenwärtig ist.

Ich bin evangelikaler Christ, und in unseren Kreisen ist diese Frömmigkeitsform eher verpönt, sofern sie überhaupt bekannt ist. Das ist völlig logisch, weil die meisten Evangelikalen nicht glauben, daß Jesus in den geweihten Elementen des Abendmahles, Brot und Wein, “real” gegenwärtig ist; vielmehr werden die Einsetzungsworte “Das ist mein Leib” und “Das ist mein Blut des Neuen Bundes” nach dem Reformator Huldreich Zwingli rein symbolisch verstanden. Anbetung vor einer Monstranz erscheint den meisten Evangelikalen fast als Götzendienst.

Ich selbst gehöre zu einer Minderheit von evangelikalen Christen, welche die “Einsetzungsworte” eher wörtlich nehmen und glauben, daß im Brot und Wein des Abendmahls (der Eucharistie) Christus tatsächlich in besonderer Weise gegenwärtig ist. Das was Paulus im 1. Korintherbrief über die unwürdige Teilnahme am Abendmahl sagt, erscheint mir überzogen, wenn es sich tatsächlich nur um Symbole handelt, und auch die empörte Reaktion der Zuhörer Jesu, als er davon sprach, daß seine Jünger sein Fleisch essen und sein Blut trinken müßten, paßt nicht zu einem rein symbolischen Verständnis dieser Worte.

Die Gegenwart Christi in der Eucharistie ist für mich ein Mysterium, etwas, das unser Fassungsvermögen übersteigt, und das wir nicht näher erklären oder definieren können oder sollen. Deshalb lassen mich Begriffe wie Transsubstantiation und Konsubstantiation ziemlich kalt.

Was die eucharistische Anbetung anlangt, halte ich es mit Artikel 25 im klassischen Anglikanischen Glaubensbekenntnis, den Neununddreißig Artikeln, wo es heißt,

“Die Sakramente wurden von Christus nicht dazu eingesetzt, um betrachtet oder herumgetragen zu werden, sondern damit wir sie in rechter Weise gebrauchen. Und nur bei denen, die sie würdig empfangen, haben sie eine heilsame Kraft oder Auswirkung. Diejenigen aber, die sie unwürdig empfangen, bereiten sich selbst die Verdammnis, wie auch der heilige Paulus sagt.”

Und Artikel 28 sagt,

“Das Sakrament des Herrenmahls wurde nach Christi Gebot nicht aufbewahrt, umhergetragen, in die Höhe gehoben oder angebetet.”

Trotzdem finde ich die Kritik mancher römisch-katholischer Kreise an dieser Frömmigkeitsform, und vor allem an deren “Renaissance” unter katholischen Jugendlichen, problematisch und symptomatisch für eine Krise in dieser Kirche.

Ich habe, katholisch aufgewachsen, “eucharistische Anbetung” erlebt, die nur einfach so routinemäßig abgespult wurde, und auch in letzter Zeit ist mir das untergekommen. Ich habe aber auch Menschen erlebt, wo man gespürt hat, daß sie wirklich die Gegenwart Christi in der ausgestellten Hostie erleben, und diesen gegenwärtigen Christus anbeten, nicht die Hostie oder Oblate.

Wenn nun die Kritiker als Beweis dafür, daß die eucharistische Anbetung nicht mehr zeitgemäß ist, eine Umfrage unter US-Katholiken zitieren, die ergeben hat, daß nur noch eine Minderheit überhaupt an die Realpräsenz Jesu im gewandelten Brot glaubt, dann ist das schon mehr als skurril: diese Umfrage belegt bestenfalls, daß viele amerikanische Katholiken, genauso wie viele deutsche und österreichische Katholiken, einen Gutteil der kirchlichen Lehre nicht mehr glauben oder ernst nehmen. Wieviele Katholiken glauben denn tatsächlich noch, daß Jesus Christus der einzige Weg zum Heil ist, daß er tatsächlich von einer Jungfrau geboren wurde, daß er tatsächlich leiblich auferstanden ist? Wieviele leben tatsächlich noch nach solchen Kernpunkten katholischer Morallehre wie der Unauflösbarkeit der Ehe, oder der kategorischen Ablehnung von Abtreibung als Kindesmord?

Dieser Zustand der Kirche ist auch der Grund, warum Kritiker dieser “Renaissance” die zahlenmäßig stärkeren katholischen Jugendorganisationen, die mit eucharistischer Anbetung wenig am Hut haben, hervorheben, im Vergleich zu Gruppen und Initiativen, wo diese Frömmigkeitsform praktiziert wird: dort, wo die Mitgliedschaft in der Kirche primär als soziales Engagement gesehen wird, und nicht als bewußte Christusnachfolge, mit all dem “übernatürlichen” Ballast, der heute oft als mittelalterlich abgetan wird, gibts auch keinen Grund für so eine “unwissenschaftliche” Frömmigkeitsform.

Wenn kritisiert wird, daß die “Nachfrage” nach eucharistischer Anbetung nicht von den Jugendlichen selbst ausgeht, daß es vor allem junge Priester sind, die diese Form der Frömmigkeit vorantreiben und daß das Angebot hier die Nachfrage induziert, nicht andersherum, dann ist dem unvoreingenommenen Betrachter schon klar warum: diese jungen Priester laden die Jugendlichen zur verbindlichen Jesus-Nachfolge ein, und aus dieser persönlichen Jüngerschaft entsteht dann das Verlangen nach der Gegenwart Christi und der kontemplativen Anbetung.

Und schließlich: ich habe noch nie erlebt, daß eucharistische Anbetung als “missionarisches Instrument” gebraucht wird (obwohl Gott durchaus auch Menschen durch das Erleben von Anbetung zu sich zieht), und die Großveranstaltungen, wo sie angeboten wird (die Mehr-Konferenz in Augsburg, die Adoratio-Konferenz des Bistums Passau, die Treffen der österreichischen Loretto-Gemeinschaft) richten sich ja primär an junge Menschen, die bereits Christen sind.

Mir erscheint diese Diskussion, und vor allem die Kritik an der Renaissance der eucharistischen Anbetung, aus einem Guß mit der Kritik am “Mission Manifest” und dem “Clash” zwischen dem Passauer Bischof Oster, der auch Jugendbischof ist, und dem Dachverband der katholischen Jugendorganisationen in Deutschland: auf der einen Seite steht ein erweckter und erwecklicher Katholizismus, der von diversen Erneuerungsbewegungen (Movimenti) geprägt ist, und auf der anderen Seite steht ein sozialer und sehr humanistisch geprägter Katholizismus, genauso wie es in der evangelischen Kirche auf der einen Seite die Fromme oder Pietisten gibt, und auf der anderen Seite die Liberalen.

Mir ist ziemlich klar, wo meine Sympathien liegen.

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