Das Problem der Inhaltskontrolle in Sozialen Medien

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Im April 2016 hat ein Facebook-Nutzer, offenbar Anhänger einer österreichischen Partei, die sich mit blauer Farbe schmückt (obwohl ihr braun besser stünde), die Grünen-Bundessprecherin Eva Glawischnig in einem Posting als “Volksverräterin” bezeichnet. Frau Glawischnig erwirkte vom Handelsgericht Wien eine einstweilige Verfügung, daß Facebook dieses Posting löchen müsse.
Facebook sperrte daraufhin den Zugang zu dem Posting für Nutzer in Österreich; für Nutzer in anderen Ländern war das Posting weiterhin zugänglich.

Der österreichische OGH wandte sich darauf an den EuGH mit der Bitte um Klärung, (a) ob ein Urteil in einem Mitgliedsstaat der EU auch außerhalb desselben Gültigkeit besitzt, d.h. in diesem Fall, ob Facebook auch zur weltweiten Sperre bzw Löschung des beanstandeten Postings verpflichtet ist; sowie (b) ob FB verpflichtet werden könne, auch weitere, gleichlautende oder sinngleiche Postings zu sperren bzw zu löschen.

Der EuGH hat nun am 3. Oktober 2019 festgestellt, daß, sobald ein Posting aufgrund des Inhalts von einem Gericht als rechtswidrig beurteilt wurde, auch alle anderen wortidentischen Postings und Kommentare zu löschen sind, und zwar weltweit. Außerdem sind auch sinngleiche Postings und Kommentare zu löschen, sofern diese so formuliert sind, daß sie automatisiert erkannt werden können.

Ich halte diese Entscheidung für richtig; allerdings führen alle Maßnahmen, die unangenehme und rechtswidrige Inhalt in den Sozialen Medien einschränken sollen, auch zu unangenehmen Einschränkungen für normale Nutzer, die sich an die Spielregeln des zivilisierten Umgangs miteinander halten. Denn solange die “künstliche Intelligenz” nicht weit genug entwickelt und robust genug ist, um Sprache in all ihren Facetten gut zu verstehen, werden solche rechtlichen Anforderungen an die Betreiber von sozialen Medien dazu führen, daß diese präventiv und in vorauseilendem Gehorsam alles blockieren, was möglicherweise beanstandet werden könnte. Ein Beispiel:

Ich habe gestern versucht, ein Video zu teilen, in dem der Bruder eines Mordopfers der verurteilten Mörderin seine Vergebung zuspricht, sie einlädt, sich Christus zuzuwenden, und sie schließlich umarmt. Das Posting wurde von FB “zur Überprüfung” blockiert, ebenso die englische Version, als auch ein drittes, in dem ich diese Blockade beschrieben habe. Die Überprüfung der Postings ist offenbar bis jetzt noch nicht abgeschlossen, denn sie sind noch immer nicht von FB freigegeben worden, noch wurde ich informiert, daß sie unzulässig wären. Diese Postings hatten alle eines gemeinsam: sie enthielten sowohl den Namen des Mordopfers als auch den der Täterin.

Ich habe dann das gleiche Video nochmals gepostet, sowohl mit deutscher Erläuterung als auch mit englischer, und es hat anstandslos funktioniert. Der einzige Unterschied? Ich habe keine Namen erwähnt.

Facebook macht es sich also leicht, und sperrt Inhalte gleich präventiv, in vorauseilendem Gehorsam; in diesem Fall könnte sich ja eine der namentlich erwähnten Personen in ihren Rechten eingeschränkt fühlen, und FB klagen, also sperren wir das Posting gleich.

Den Benutzer darüber zu informieren, warum das Posting gesperrt wurde, ist offenbar zuviel verlangt, wahrscheinlich deshalb, weil man es selber gar nicht so genau weiß.

Ich erlaube auf diesem Blog keine Kommentare. Den Grund dafür und weitere Informationen findest Du auf der Seite Datenschutz.