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Wolf’s Notes

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Sonderbare Bettgenossen

2022-09-01 Wolf Paul

Das Karl-May-Magazin berichtet über die Münchner Premiere des frei nach Motiven von Karl May erzählen und rund um den sonderbaren Rückzieher des Ravensburger-Verlages bereits kontrovers diskutierten Filmes „Der junge Häuptling Winnetou“, am 7. August 2022 (der Film ist seit 11. August in den Kinos).

Natürlich wurde in der Pressekonferenz nach der Uraufführung auch die kulturpolitisch heiße Frage gestellt: Indigene als Filmfiguren, die auch noch überwiegend deutsch besetzt sind – geht das heute überhaupt noch?

Regisseur Mike Marzuk antwortet auf diese Frage nicht ganz politisch korrekt, daß das in einem deutschsprachigen Film kaum zu umgehen sei, spricht dann doch noch politisch korrekt mehrmals von „Native Americans“ statt von Indianern und meint abschließend, „Wir drehen gern Filme über Freundschaft, auch über kulturübergreifende Freundschaften. Aber Filme sollen nicht unterrichten, sondern unterhalten.

Und es ist diese Aussage (der ich durchaus zustimme), die für mich eine interessante Gemeinsamkeit von konservativ-fundamentalistischen, vor allem evangelikalen Christen einerseits und „woken,“ „progressiv“-fundamentalistischen Aktivisten andererseits, aufzeigt; im Englischen spricht man von „strange bedfellows“, sonderbaren Bettgenossen:

Beide lehnen nämlich diese These von Regisseur Marzuk ab und sehen Romane und Filme nur dann als gerechtfertigt an, wenn diese sehr wohl primär als Lehrmittel angelegt sind: Sie sollen nicht nur unterhalten (das natürlich auch, sonst fänden sie ja kein Publikum), sondern unbedingt auch Wahrheiten vermitteln, theologisch-korrekte für die Christen und politisch-korrekte für die Progressiven.

Deshalb sind im konservativ-christlichen Lager hauptsächlich Romane erfolgreich (und werden dann auch verfilmt), die irgendein Thema „biblisch“ beleuchten[1] ; diese werden dann von ihrem Zielpublikum auch oft nicht als Fiktion gelesen, sondern als biblisch-theologische Glaubens- und Lebensratgeber. Gleichzeitig wird von manchen gegen Filme, die sich auf „christliche“ Themen beziehen und dabei das christliche Wahrheits- und Ehrfurchtsgefühl verletzen[2] ähnlich vehement protestiert, wie von moslemischen Fundamentalisten gegen die Satanischen Verse oder Charlie Hebdo, wenn auch ohne Gewalt.

Und ebenso hält man im „progressiven“ Lager Literatur und Filme, die nicht der aktuellen politischen Korrektheit entsprechen (darunter auch viele Klassiker der Weltliteratur), für entbehrlich, ja sogar gefährlich, und geht daher mit den Mitteln der „Cancel Culture“ dagegen vor, damit z.B. Verlage diese (Beispiel Ravensburger) zurückziehen, Kinos sie boykottieren oder Unis sie aus den Lehrplänen streichen.

Ich halte solche Proteste und „Cancellations“ für kontraproduktiv. Kaum jemand bekehrt sich zu Christus, weil er  von Demonstranten am Kinobesuch gehindert wird, oder zu einer „progressiven“, anti-kolonialistischen Geisteshaltung, weil irgendwo gegen einen schwarz geschminkten Othello-Darsteller demonstriert wird.

Überzeugungsarbeit sieht anders aus: dem Anderen Intoleranz vorzuwerfen, wenn man es selbst an Toleranz gegenüber Andersdenkenden mangeln läßt, ist selten überzeugend.

Und diejenigen, die solche explizit belehrenden Romane schreiben bzw Filme produzieren, sind meist keine wirklichen Künstler (denn die lassen sich normalerweise keinen ideologischen Maulkorb, welcher Art auch immer, anlegen), sondern bestenfalls gute Handwerker, und das, was sie produzieren ist dann auch nicht Kunst, sondern solide, gut verkäufliche Handwerksarbeit.

 

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  1. z.B. Finsternis dieser Welt usw von Frank Peretti oder die FinaleSerie von LaHaye und Jenkins[]
  2. z.B. Das Leben des BrianDie letzte Versuchung Christi, aber auch Sakrileg (The DaVinci Code), die Harry Potter Bücher und Filme, und von manchen sogar Tolkiens Der Herr der Ringe[]