idea (Nr. 27.2024, S. 7) zitiert aus einem taz-Interview mit Alexander Korte, Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, der sich darin zu der Aussage äußert, Geschlechtsidentität sei angeboren:
«Das ist abstrus. Die neurobiologische Forschung ist definitiv den Beleg schuldig, dass Geschlechtsidentität genetisch bedingt sein könnte. Auch aus der Sicht der Entwicklungspsychologie ist es abwegig, davon auszugehen, dass Identität etwas ist, mit dem man zur Welt kommt. Aus meiner Sicht ist Identität stets das Resultat einer individuellen Bindungs- und Beziehungsgeschichte – und auch Körpergeschichte.»[1]
Politisch gesehen stimme ich dieser Aussage zu, halte sie aber für den Großteil der kontroversen Genderdebatte für irrelevant. Da geht es nämlich gar nicht primär um Identität, sondern um Biologie. Separate sportliche Bewerbe für Frauen und Männer begründen sich durch die biologischen Unterschiede zwischen (biologischen) Frauen und Männern; das Gleiche gilt für nach Geschlecht getrennte Toiletten, Duschen, Umkleideräume, usw. All das hat nichts mit Identität zu tun.
Und ganz ehrlich: Abstrus ist auch die Annahme, daß die empfundene Geschlechtsidentität (Gender) in jeder Hinsicht und in allen Situationen Vorrang vor dem biologischen Geschlecht haben soll. Das ist postmoderner, postwissenschaftlicher Unsinn, und ist dort, wo z.B. die Rechte der kleinen, aber sehr lautstark auftretenden Anzahl von “Trans-Menschen” die Rechte der großen Mehrheit der “Cis-Menschen”[2] übertrumpfen sollen, zutiefst undemokratisch.
Auch für die Einschätzung dieses Themas in der (traditionellen[3] ) christichen Theologie ist diese Frage nicht besonders relevant: Die theologische Beurteilung von gesellschaftlichen Phänomenen und menschlichen Verhaltensweisen richtet sich weder nach der Genetik noch danach, ob etwas angeboren ist, sondern danach, was Gottes Wort, die Bibel, dazu sagt. Schließlich sagt die Bibel ganz klar, daß wir alle eine angeborene Neigung zur Sünde haben (Römer 3, 10-18[4]), die sich in verschiedenen Menschen unterschiedlich manifestiert. Trotzdem ist Sünde nie gerechtfertigt.
Ob und wie weit die Bibel eine vom biologischen Geschlecht abweichende Identität als Folge der gefallenen und deshalb sündhaften Natur des Menschen darstellt, darüber kann man natürlich diskutieren. Klar ist, daß die Bibel zwar Männer in Frauenkleidung (und umgekehrt) als “Greuel” bezeichnet (2. Mose 22,5[5]), aber weit mehr Zeit und Worte dafür aufbringt, andere Verhaltensweisen und Einstellungen als Sünde, “Greuel” und “Frevel” zu verurteilen. Und wie hat es Jesus ausgedrückt? “Wer von euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein.”
(Das Bild oben auf dieser Seite ist ein Screenshot aus dem “Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache (DWDS) der Akademie der Wissenschaften Berlin-Brandenburg.)
__________- Dr. Korte steht der Gender-Ideologie übrigens durchaus kritisch gegenüber, wie eine schnelle Google-Suche klar macht.[↩]
- Der Begriff Trans-(Männer, Frauen, Menschen) bezeichnet Menschen, deren empfundene Geschlechtsidentität (Gender) nicht mit ihrem biologischen Geschlecht übereinstimmt, im Gegensatz zu Cis-(Männern, Frauen, Menschen), Menschen, deren Geschlechtsidentität und biologisches Geschlecht übereinstimmen. Ergänzend dazu gibt es die Adjektive transgender und cisgender bzw eingedeutscht, transgeschlechtlich und cisgeschlechtlich . Das sind Wort-Neuschöpfungen (spätes 20. Jahrhundert) auf der Basis der lateinischen Worte trans (jenseits von) und cis (diesseits von) sowie des englischen gender (grammatikalisches Geschlecht).[↩]
- Das ist eine Theologie, unabhängig von der Konfession, die davon ausgeht, daß die Bibel Gottes Selbstoffenbarung ist, deren lehrmäßige Aussagen auch heute noch maßgeblich sind für Theologie und Glauben.[↩]
- «Da ist keiner, der gerecht ist, auch nicht einer. Da ist keiner, der verständig ist; da ist keiner, der nach Gott fragt. Alle sind sie abgewichen und allesamt verdorben. Da ist keiner, der Gutes tut, auch nicht einer (Psalm 14,1-3). Ihr Rachen ist ein offenes Grab; mit ihren Zungen betrügen sie (Psalm 5,10), Otterngift ist unter ihren Lippen (Psalm 140,4); ihr Mund ist voll Fluchens und Bitterkeit (Psalm 10,7). Ihre Füße eilen, Blut zu vergießen; auf ihren Wegen ist lauter Zerstörung und Elend, und den Weg des Friedens kennen sie nicht (Jesaja 59,7-8). Es ist keine Gottesfurcht bei ihnen (Psalm 36,2).» Paulus zitiert hier verschiedene Stellen in der hebräischen Bibel (“Altes Testament”), welche die angeborene Neigung des Menschen zur Sünde beschreiben. Text aus der Lutherbibel 2017.[↩]
- «Eine Frau soll nicht Männersachen tragen, und ein Mann soll keine Frauenkleider anziehen; denn wer dies tut, der ist dem HERRN, deinem Gott, ein Greuel.» Text aus der Lutherbibel 2017.[↩]