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Wolf’s Notes

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Erhaltet die „Wiener Zeitung“

2022-10-20 Wolf Paul

Bitte unterzeichnet die Petitionen hier und hier!

Die österreichische Koalitionsregierung aus ÖVP und Grünen hat beschlossen, die Wiener Zeitung einzustellen.

Aus dem Leitartikel von Wiener Zeitung–Chefredakteur Walter Hämmerle am 5. Oktober 2022, mit dem Titel „Cui bono?“:

Am Mittwoch, 5. Oktober 2022, hat der Eigentümervertreter in Form der türkis-grünen Bundesregierung das Ende der „Wiener Zeitung“ in ihrer bestehenden Form als unbestechliche, unabhängige Qualitätstageszeitung verfügt. Die Zukunft soll in einem Online-Medium samt monatlichem Printprodukt (zehnmal pro Jahr) … bestehen, …

Hämmerle anerkennt natürlich, daß eine solche Entscheidung nicht unbedingt den Wünschen der Redaktion entsprechen muß, sondern dem Eigentümer obliegt:

Die Erscheinungsweise eines Mediums kann kein Wunschkonzert der Redaktion sein, sondern ist zwingend eine vom journalistischen Esprit geleitete verlegerische Entscheidung.

Allerdings ist hat die Bundesregierung keine verlegerische, und schon gar keine „vom journalistischen Esprit geleitete“,  sondern eine politische, fiskale, und vermutlich von einem propagandistischen Esprit geleitete[1] Entscheidung getroffen:

Indem die Bundesregierung jedoch keine verlegerische Entscheidung getroffen hat, sondern ihren politischen Willen dekretiert, ist die Gefahr groß, dass die “Wiener Zeitung” als Medium wie als älteste noch bestehende Tageszeitung der Welt einen leisen Tod sterben wird.

Und er schließt,

Wenn alles so kommt, wie befürchtet, dann verliert die Republik Österreich ein Kulturgut von einzigartigem Wert und eine hervorragende Tageszeitung. Man fragt sich: Cui bono? Wem nützt’s?

Inzwischen ist der entsprechende Gesetzesentwurf in Begutachtung gegangen. Geht es nach der Regierung, dann soll das Gesetz im Juni 2023 in Kraft treten und die „Umwandlung“ bis Ende 2023 abgeschlossen sein.

Als Reaktion auf diese Pläne haben sich eine Reihe von Institutionen gegen diese Entscheidung ausgesprochen, darunter der Österreichische Städtebund, der Verband der Auslandspresse in Wien die IG Autorinnen Autoren, der Österreichische Schriftsteller/innenverband, die Grazer Autorinnen Autorenversammlung und Österreichischer PEN-Club.

Inzwischen hat sich auch ein überparteiliches Personenkommittee gebildet und einen Appell zum Erhalt der Wiener Zeitung als Tageszeitung an die Bundesregierung gerichtet.  Sie appellieren an die Regierung, das folgende Moratorium umzusetzen:

  • Während der nächsten 18 Monate wird die Wiener Zeitung unverändert weitergeführt.
  • Gleichzeitig sollen die Redaktion und ihre gewählten Vertreter gemeinsam mit diesem Personenkomitees und in konstruktivem Dialognach Lösungen für eine Fortführung der Wiener Zeitung als Tageszeitung suchen.
  • Sollte die Regierung eine Fortführung nicht im Eigentum der Republik für machbar halten, dann sollten andere Initiativen zur Rettung der Zeitung eine Möglichkeit dafür erhalten.

Und auf der Plattform Open Petition gibt es eine von Christian Bergmann initiierte PetitionRettet die Wiener Zeitung, die jeder unterzeichnen kann.

Und was sind nun meine Gedanken zu all dem?

Die Kultur-Banausen der türkis-grünen Kolation haben beschlossen, die älteste noch bestehende Tageszeitung der Welt einzustellen, und damit bewiesen, daß die ÖVP auch nach Kurz noch türkis unterwegs ist[2], statt zu ihren schwarzen (bürgerlichen und christlich-sozialen) Wurzeln zurüchgekehrt zu sein. Ob und wie weit die Grünen damit einverstanden sind, weiß ich nicht; die Tatsache, daß sie diesen Plänen nicht laut und öffentlich widersprechen, wird ihrem Ruf zweifellos schaden, und zwar zu Recht. 

Sollte die Regierung den Appell für ein Moratorium nicht beherzigen, bleibt nur zu hoffen, daß im Parlament genügend Abgeordnete der Regierungsparteien sitzen, die sich diesem kulturpolitisch fatalen Ansinnen verweigern, und gegen diesen Gesetzesentwurf stimmen. Die Koalition sollte das überleben, da im Moment keine der beiden Parteien Interesse an Neuwahlen haben kann.

Die Wiener Zeitung ist als älteste noch erscheinende Tageszeitung der Welt[3] ein Kulturgut, und als einzige österreichische Tageszeitung, die nicht von parteipolitischen, ideologischen oder kommerziellen Interessen geleitet wird, ein wichtiger und unverzichtbarer Teil der österreichischen Medienlandschaft.

Die beste Lösung für die Wiener Zeitung wäre wohl die Überführung der Zeitung in eine not-for-profit, gemeinnützige, parteipolitisch unabhängige Stiftung oder Treuhandgesellschaft, deren Dotierung noch zu klären wäre. Ebenso wäre zu klären, ob diese Stiftung auch auch den Betrieb des von der Regierung vorgesehenen „Medienhubs” und der digitalen Verlautbarungsplattform (welche das bisherige „Amtsblatt“ ersetzt) übernehmen könnte. Der Vorschlag des Presseclubs Concordia scheint mir da sehr plausibel.

Eine solche Konstruktion könnte alle im Raum stehenden Verdächtigungen entkräften.

Wie dem auch sei, eine Einstellung der Wiener Zeitung als gedruckte Tageszeitung wäre ein immenser, kultureller Verlust, daher ermutige ich alle meine Leser, eine der Petitionen hier und hier zu unterzeichnen.

Der „Verein der Freunde der Wiener Zeitung“ hat viele weiterführende Informationen auf seiner Webseite „Wiener Zeitung – unverzichtbar seit 1703 zusammengestellt.

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  1. Es steht der Verdacht im Raum, daß diese Entscheidung eine „Retourkutsche“ dafür ist, daß die Redaktion der Wiener Zeitung, obwohl diese im Eigentum der Republik steht, nicht immer bereit ist, die parteipolitische Linie der jeweiligen Regierungspartei(en) zu vertreten, d.h. sich zur Propahanda mißbrauchen zu lassen. Dieser Verdacht hat einen guten Grund: Das bestehende Eigentum der Republik Österreich an der Wiener Zeitung entsprang dem Versuch, die freie Presse im 19. Jahrhundert nach der bürgerlichen Revolution von 1848 unter Kontrolle der Regierung zu bringen; durch das Redaktionsstatut, welches die Wiener Zeitung im Jahr 2015 erhielt, hat die Regierung diese Kontrolle wieder größtenteils verloren.[]
  2. Das Projekt der Einstellung / „Umwandlung“ der Wiener Zeitung stammt noch von der Regierung Kurz[]
  3. Erstausgabe am 8. August 1703 als Wiennerisches Diarium[]